Klimadialog 2024

«Mit Raumplanung zum guten Lokalklima»: Unter diesem Motto fand am 29. Oktober der fünfte Klimadialog Kanton – Gemeinden mit rund 200 Teilnehmenden statt. Dabei stand die Frage im Zentrum, wo und wie die Gemeinden mit den Instrumenten der Raumplanung die Anpassung an den Klimawandel unterstützen können.

Der Anlass

Das Hauptthema des fünften Klimadialogs war hochaktuell. In Frühjahr 2024 sprach sich der Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit für zwei klimarelevante Vorlagen aus. Einerseits wurde den Gemeinden im kantonalen Richtplan der Auftrag erteilt, bei ihren Planungen die Anforderungen einer klimaangepassten Siedlungsentwicklung zu berücksichtigen. Andererseits wurde eine Revision des Planungs- und Baugesetzes (PBG) beschlossen. Mit der Gesetzesänderung bekommen die Gemeinden Werkzeuge, mit denen sie dazu beitragen können, dass sich Siedlungen im Sommer weniger stark aufheizen. So können sie die klimaangepasste Siedlungsentwicklung fördern.

Der Klimadialog drehte sich deshalb schwerpunktmässig um die Möglichkeiten des revidierten PBG und generell um die Frage, wo und wie die Gemeinden mit den Instrumenten der Raumplanung die Anpassung an den Klimawandel unterstützen können.

Auftakt

Regierungsrat Martin Neukom setzte bei seiner Begrüssung den Rahmen des diesjährigen Klimadialogs. Anschliessend hielt Sara Künzli, Leiterin des Amts für Raumentwicklung, ein Inputreferat zu den Instrumenten, welche die Gemeinden für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung anwenden können. Jörg Kündig, Präsident des Verbands der Gemeindepräsidien des Kantons Zürich, sprach danach über die Bedeutung der Arbeitsgruppen, die den zweiten Teil der Veranstaltung bestritten.

RR Martin Neukom auf Bühne

Podium

Auf dem Podium diskutierte Moderatorin Mia Nold mit Roger Isler, Stadtrat von Kloten, Caroline Rietschi, Gemeindepräsidentin Binningen BL, Katrin Gügler, Direktorin Amt für Städtebau der Stadt Zürich, Martin Schriener, stv. Leiter Development, Pensimo Management AG, und Sara Künzli, Leiterin Amt für Raumentwicklung, über Massnahmenpläne, kommunale Richtpläne, städtebauliche Verträge und die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Privaten.

Podiumsteilnehmende auf Bühne

Vertiefungen Raumplanung

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion konnten die Teilnehmenden zwischen drei fachlichen Vertiefungen zu aktuellen Raumplanungs-Themen wählen und sich eingehend informieren lassen und Fragen stellen.

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Wie wird diese neue Vorgabe im Baubewilligungsverfahren angewendet?

Die neue Begrünungsvorschrift beinhaltet eine Pflicht zur Begrünung des Gebäudeumschwungs, welche die Gemeinde im Baubewilligungsverfahren durchsetzen muss. § 238a PBG legt Qualitätsanforderungen fest, welche den klimatischen und ökologischen Wert der Grundstücksbegrünung sichern. Zudem muss die Gemeinde entscheiden, ob sie ergänzende Bestimmungen zu § 238a PBG einführen und ob sie dies für alle Bauzonen oder nur für bestimmte Gebiete oder Zonen vorsehen will.

Anwendungsmöglichkeiten für Klimaschutz und Klimaanpassung

Der Städtebauliche Vertrag kommt in Zusammenhang mit dem kommunalen Mehrwertausgleich zum Zuge und kann dort als Alternative zur rein monetären Abgabe angewandt werden. Dieses Instrument bietet gegenüber den gewohnten Verfahren eine grössere Flexibilität, und je nachdem kreativere und schnellere Lösungen. Städtebauliche Verträge können bei kooperativen Planungen das adäquate Mittel sein, um eine bessere Identifikation der Grundeigentümerschaft mit dem Planungsergebnis zu erreichen.

Wie erreichen wir einen Richtplan, der aus Klimasicht gut ist?

Den Gemeinden kommt bei der Umsetzung des kantonalen Richtplans und der Gesetzgebung im Bereich Planung und Bau eine Schlüsselrolle zu. Dabei ist unbestritten, dass die Siedlungsentwicklung nach innen alle Beteiligten vor beträchtliche Herausforderungen stellt. Für die «richtigen Orte» ist die «richtige Entwicklung» zu ermöglichen. Dazu bedarf es einer Gesamtschau über das ganze Gemeindegebiet und über alle raumwirksamen Themen. Erkenntnisse aus einer solchen Gesamtschau können mit einem kommunalen Richtplan Siedlung & Landschaft behördenverbindlich, langfristig und etappiert festgehalten werden. Ein räumliches Entwicklungskonzept, ein Leitbild oder ein Masterplan bildet dabei eine mögliche Basis. So können massgeschneiderte Planungen entstehen, welche den Rückhalt von Bevölkerung und Politik geniessen und damit auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Ateliers der Arbeitsgruppen

Den zweiten Themenschwerpunkt bestritten die Arbeitsgruppen, die im Rahmen des Klimadialogs entstanden sind. In Ateliers gaben sie den Anwesenden Einblick in ihre Arbeiten und diskutierten mit ihnen verschiedene Fragestellungen. Zusätzlich fand ein sechstes Atelier zum Thema Nachhaltige Ernährung statt, eine Arbeitsgruppe dazu befindet sich im Aufbau.

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Chancen und Herausforderungen zur Förderung der E-Mobilität auf Gemeindeebene

Das Atelier zum Thema E-Mobilität zeigte, dass das Thema E-Mobilität den Gemeinden am Herzen liegt, es in Zukunft aber noch einige Hürden zu meistern gilt. Nach den Ausführungen von Peter Weiss (Gemeinderat, Obfelden) zu Erfahrungen beim Umstieg auf E-Mobilität aus Obfelden sowie Ausführungen von Daniel Martinelli (Leiter Energie und Umwelt, Kloten) zum Ausbau von öffentlichen Ladestrukturen in Kloten, diskutierten insgesamt 43 Teilnehmende (23 beim ersten und 20 beim zweiten Durchgang) angeregt was in ihren Gemeinden bereits funktioniert bzw. was es für einen erfolgreichen Umstieg zur E-Mobilität noch braucht.

Das Thema Wirtschaftlichkeit wurde in den Diskussionen wiederholt angesprochen und diskutiert, wie sich die Infrastruktur bzw. Vorinvestitionen finanzieren liessen und wie man die Kosten am besten amortisiere. Die Umstellung der Betriebsfahrzeuge generell wurde mehrfach als Herausforderung beschrieben, da sich die Anschaffungskosten innerhalb einer kurzen Abschreibungsdauer eher schwierig rechtfertigen lassen gegenüber herkömmlichen Fahrzeugen. Ein weiteres wiederkehrendes Thema war die Suche nach guten Standorten. Als Beispiel wurden Schulhäuser genannt, wo Lehrpersonen Autos tagsüber nutzen können und diese abends und nachts der allgemeinen Bevölkerung zur Verfügung stehen. Auch die Sensibilisierung und Motivation der Bevölkerung zum vermehrten Umstieg auf E-Mobilität war ein Diskussionsthema, da ein entsprechender Denkwandel einen wichtigen Beitrag zum Umstieg leistet.

Es wird immer wärmer und die Hitzetage häufen sich, auch im Kanton Zürich. Diese Entwicklung spüren wir insbesondere in urbanen Gebieten. Hitzemindernde Massnahmen werden daher immer wichtiger, um ein angenehmes Klima für Mensch und Umwelt zu erhalten. Insgesamt rund 70 Teilnehmende haben das Atelier zu Nutzungs- und Interessenkonflikten bei der Hitzeminderung am diesjährigen Klimadialog besucht.

Nach einer kurzen Einführung teilten sich die Teilnehmenden in drei Gruppen auf und besuchten in drei Runden verschiedene Posten. Anhand eines Posters mit Stichworten und Referenzbildern berichtete Cédric Arnold (Gemeinderat, Niederhasli) von Erfahrungen mit Nutzungs- und Interessenskonflikten bei Strassenverbundsteinen und deren Unterhalt sowie bei publikumsorientierten Erdgeschossen aus der Gemeinde Niederhasli. Sandra Probst-Rüd (Projektleiterin Fachstelle Umwelt, Winterthur) präsentierte Erfahrungen aus Winterthur zu den Themen Baumpflanzung und Schwammstadtelemente und Karin van der Schaar (Leiterin Umwelt und Landschaft, Meilen) erklärte wie die Gemeinde Meilen mit Nutzungs- und Interessenskonflikten bei unversiegelten Wegen und Plätzen sowie beim Baumschutz auf Baustellen umgeht. Nach den Erläuterungen hatten die Teilnehmenden jeweils die Möglichkeit das Gehörte mit ihren eigenen Erfahrungen zu diskutieren und zu kommentieren. Die Aussagen wurden auf Karten festgehalten und an die entsprechenden Stellen auf die Poster geklebt. Die Dokumentation der Aussagen ist im Fotoprotokoll zu finden.

Fortschritte bei Klimaschutz und Klimaanpassung gelingen nur mit der Bevölkerung. Was gibt es für Möglichkeiten, um diese frühzeitig einzubinden? Knapp sechzig Teilnehmende (31 beim ersten und 26 beim zweiten Durchgang) liessen sich von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Teilhabe über zwei Partizipationsprojekte informieren. Sarina Laustela (Leiterin Abfallbewirtschaftung und Umwelt, Uster) präsentierte den Interessierten die «Begleitgruppe Nachhaltigkeit», welche in der Stadt Uster als eine Art Sounding Board für Nachhaltigkeitsthemen auf Gemeindegebiet dient. Jürg Schenkel (Gemeindeschreiber, Turbenthal) berichtete von der Bevölkerungsbefragung, welche die Gemeinde Turbenthal zum Thema Energie und Nachhaltigkeit durchgeführt hatte.

Die Ausführungen und Diskussionen zeigten, dass Partizipationsprojekte aufzeigen können, wo und wie sich mit wenig Aufwand Massnahmen realisieren lassen. Sie zeigen der Gemeinde auf, wo der Schuh drückt, welche Themen die Bevölkerung als besonders dringlich wahrnimmt und welche Massnahmen mehrheitsfähig sein könnten. Zudem zeigen Partizipationsprojekte auf, wo Potenziale bestehen beziehungsweise wo sich ein verstärktes Engagement der Gemeinde lohnen könnte. Erfahrungen aus Turbenthal zeigten auf, dass Partizipationsprojekte mehr Wirkung entfalten können, wenn sie professionell begleitet werden.

Das Atelier zeigte auf, dass in vielen Gemeinden das Bedürfnis besteht, mehr über Partizipationsprojekte zu erfahren. Die Neugier war gross, und es kamen viele Fragen und ebenso Rückmeldungen zu eigenen Erfahrungen aus dem Publikum.

Klimaschutz bedingt ein interdisziplinäres Vorgehen, fordert ständige Anpassungen und lässt sich nur mit Weitblick erfolgreich gestalten. Es gilt, «dranzubleiben». Dabei stellt sich immer wieder die Frage: Welche organisatorischen Massnahmen in Politik und Verwaltung können eine Gemeinde unterstützen, das komplexe Thema langfristig erfolgreich zu bewirtschaften?

Peter Wettstein (Gemeindeschreiber, Illnau-Effretikon) begrüsste die jeweils etwa 30 Teilnehmenden am Atelier zur Verankerung von Klimaschutz und Anpassung in Gemeindeorganisationen. Christian Arber (Projektleiter Energie und Umwelt, Küsnacht) hat als konkretes Beispiel das Modell in Küsnacht vorgestellt, u.a. mit einem alle vier Jahre aktualisierten Massnahmenprogramm. Golrang Daneshgar (Energiebeauftragte, Wädenswil) und Nadine Freuler (Leiterin Fachstelle Nachhaltigkeit, Uster) präsentierten den Teilnehmenden unterschiedliche Beispiele. Bei der organisatorischen Verankerung ist die Bandbreite von eigenen Fachstellen über feste Stellenprozente bei einzelnen Mitarbeitenden bis zur gemeinsamen Bearbeitung mit Nachbargemeinden gross. Ein zentraler Aspekt ist die gute Vernetzung innerhalb der Gemeinde, da die Klimathemen in eine grosse Anzahl von Aufgabengebieten hineinspielen.

Mit einer live-Umfrage via Mentimeter wurde ein Stimmungsbild der anwesenden Gemeindevertreterinnen und -vertreter erstellt. Dieses zeigte, dass der Klimaschutz in den meisten Gemeinden der Teilnehmenden über konkrete Legislaturziele, ein Mandat (z.B. Energiestadt-Berater:in), einen aktiven bewirtschafteten Massnahmenplan oder eine Netto-Null Vision / Leitbild / Strategie bereits verankert ist. Diese Massnahmen sind aus Sicht der Mehrheit der Gemeinden meistens sinnvoll, jedoch aufwändig umzusetzen. Die zwei wichtigsten Aspekte, welche sich die Gemeinden wünschen, sind insbesondere personelle und finanzielle Ressourcen.

Die Versorgungssicherheit im Wandel der Wärmeversorgung

Fernwärme und eigene, dezentrale Heizlösungen ersetzen vielerorts die Gasverteilnetze. Planungssicherheit soll durch rechtliche und energieplanerische Rahmenbedingungen, übergeordnete Wärmeversorgungskonzepte und koordinierte Bautätigkeit sichergestellt werden. Massnahmen und Herausforderungen im Wandel der Wärmeversorgung wurden mit rund 40 Personen (25 beim ersten und 15 beim zweiten Durchgang) im Atelier «Fernwärme ersetzt Gasnetze» am diesjährigen Klimadialog diskutiert. Als Einstieg präsentierten Muriel Beaud (Team der Energiebeauftragten der Stadt Zürich) und Markus Ernst (Gemeindepräsident Küsnacht) den Stand der Energieplanung und der Wärmeversorgung in der Gemeinde Küsnacht und der Stadt Zürich.

Mit einer kurzen live-Umfrage wurden die grössten Herausforderungen der teilnehmenden Gemeinden abgeholt. Die Ergebnisse zeigten, dass die grössten Herausforderungen bei der technischen Machbarkeit, den finanziellen Aspekten sowie bei der Organisationsstruktur liegen. Anschliessend hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit Fragen zu stellen und sich untereinander auszutauschen. Aus den Gesprächen zeigte sich, dass die konkrete Transformation der Wärmeversorgung ein vordringliches Thema in vielen Gemeinden ist. Thematisiert wurde zum Beispiel die Konkurrenzfähigkeit von Wärmeverbunden gegenüber dezentralen Wärmepumpe-Systemen (Amortisationsdauer) sowie mögliche Betreibermodelle für Wärmeverbunde. Auch organisatorische, finanzielle und rechtliche Unterschiede wurden diskutiert, je nachdem ob die Gemeinde selbst oder die Betreiberschaft der Netze eine Gasnetzstilllegung beschliesst.

Gemeinden und Städte als Vorbild

Der Regierungsrat hat das Leitbild Nachhaltige Ernährung festgesetzt mit dem Ziel, dass der Kanton Zürich zu einem nachhaltigen Ernährungssystem beiträgt. Dies umfasst die ganze Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Konsum.

Handlungsbereiche für die Gemeinden sind insbesondere Information und Sensibilisierung, aber auch die eigenen Verpflegungsbetriebe wie Schulen oder Gesundheitszentren für das Alter. Die Gemeinden wirken somit als Multiplikatorinnen für die Bevölkerung und Gastronomie. Es gibt bereits verschiedene Angebote seitens Kanton, z.B. eine Website mit Informationen zu unterschiedlichen Ernährungsthemen, einem kostenfreien Klima-Check für Menüpläne und Tipps für eigene Veranstaltungen. Für kantonseigene Gastronomiebetriebe gilt die «Richtlinie für nachhaltige Gastronomie» mit dem Ziel, Treibausgasemissionen und Food Waste zu reduzieren.

Auch bei Gemeinden stösst die Thematik vermehrt auf Interesse, was die Teilnahme der insgesamt 30 Teilnehmenden an der Diskussion über Nachhaltige Ernährung am Atelier des diesjährigen Klimadialogs zeigte. Nach dem Input von Sarah Böttinger (Projektleiterin Klimaschutz, AWEL) und einem Erfahrungsbericht aus der Praxis von Thomas Schilling (Dienstchef Gastronomie des Polizei- und Justizzentrums Zürich), hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit Fragen zu stellen. Das Atelier war gleichzeitig der Auftakt zur Gründung der Arbeitsgruppe «Nachhaltige Ernährung», wo interessierte Gemeinden die Möglichkeit haben sich zum Thema auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und sich zu vernetzen.

Mitmachen

Die Arbeitsgruppe «Nachhaltige Ernährung» befindet sich im Aufbau. Interessierte können sich jederzeit melden.

Abschluss

Das Schlusswort zum Klimadialog hielt Regierungsrätin Jacqueline Fehr. Sie zeigte sich beeindruckt, mit welchem Engagement und Interesse die Gemeinden dabei seien und wie sich eine Kultur der Zusammenarbeit entwickelt habe.

RR Jacqueline Fehr bei Ansprache

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