Unterstützungszuständigkeit für Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs

Kapitelnr.
3.1.04.
Publikationsdatum
3. Juli 2018
Kapitel
3 Zuständigkeit
Unterkapitel
3.1. Zuständigkeitsordnung in der Sozialhilfe

Rechtsgrundlagen

Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG), SR 142.31 Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen vom 11. August 1999 (Asylverordnung 1, AsylV 1), SR 142.311 Asylverordnung 2 über Finanzierungsfragen vom 11. August 1999 (Asylverordnung 2, AsylV 2), SR 142.312 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (Ausländer-gesetz, AuG), SR 142.20 Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern vom 24. Oktober 2007 (VIntA), SR 142.205 Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE), SR 142.201 Sozialhilfegesetz vom 14. Juni 1981 (SHG), LS 851.1 Verordnung zum Sozialhilfegesetz vom 21. Oktober 1981 (SHV), LS 851.11 Asylfürsorgeverordnung vom 25. Mai 2005 (AfV), LS 851.13 Verordnung über die Gewährung von Nothilfe an Personen ohne Aufenthaltsrecht vom 24. Oktober 2007 (Nothilfeverordnung), LS 851.14

Erläuterungen

1.Allgemeines

Der Asylbereich ist weitgehend durch Bundesrecht geregelt. Auf Bundesebene obliegt der Vollzug dem Staatssekretariat für Migration (SEM; vormals Bundesamt für Migration). Auf kantonaler Stufe ist die Sicherheitsdirektion zuständig, und zwar für den verfahrensmässigen Teil das Migrationsamt und für den fürsorgerischen Bereich das Kantonale Sozialamt. Das Asylgesetz regelt die Asylgewährung und die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den vorübergehenden Schutz von Schutzbedürftigen in der Schweiz und deren Rückkehr. Flücht-linge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, we-gen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen (insbesondere Gefähr-dung von Leib und Leben sowie der Freiheit) ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich normalerweise bis zum Abschluss des Verfahrens hier aufhalten. Mindestens während der ersten drei Monate (im Kanton Zü-rich während der ersten sechs Monate) besteht dann aber ein Beschäftigungsverbot.

Personen, denen Asyl gewährt wurde, haben Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton, in dem sie sich ordnungsgemäss aufhalten. Flüchtlingen mit Aufenthaltsbewilligung B kann unter den gleichen Voraussetzungen wie anderen Ausländerinnen und Ausländern nach zehn Jahren eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden (Art. 60 Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 34 AuG). Mit Erteilung der Niederlassungsbewilligung entfällt die Notwendigkeit einer Arbeitsbewilligung. Wird über ein Asylgesuch negativ entschieden, so erfolgt in der Regel die Wegweisung. Sofern deren Vollzug nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich ist, kann es zu einer vorläufigen Aufnahme kommen. Bei (vorübergehend) Schutzbedürftigen liegt eine schwere allgemeine Gefährdung vor, vor allem aufgrund von Kriegen oder Bürgerkriegen. Wem in der Schweiz ein solcher Schutz gewährt wird, entscheidet ebenfalls das SEM. Schutzbedürftige erhalten den Auswei S, wel-cher zum vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz berechtigt. Auch Schutzbedürftige un-terliegen einem mindestens dreimonatigen Arbeitsverbot. Ist der vorübergehende Schutz nach fünf Jahren noch nicht aufgehoben, so besteht Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilli-gung. Die Aufhebung des vorübergehenden Schutzes erfolgt durch den Bundesrat. Bislang wurde in der Schweiz noch nie ein Ausweis S ausgestellt, weshalb auf weitere Ausführungen zu diesem Status verzichtet wird. Die vorläufige Aufnahme wird ebenfalls durch den Bund entschieden. Sie wird dann gewährt, wenn keine ordentliche Aufenthaltsbewilligung erteilt werden kann, eine Rückkehr in den Wohn- oder Heimatstaat aber nicht möglich ist (vgl. unten Ziffer 4). Weiter erhalten Perso-nen, welche zwar über Flüchtlingseigenschaften verfügen, jedoch nach Schweizer Recht kein Asyl erhalten, eine vorläufige Aufnahme. Es wird bei dieser Personengruppe von vorläu-fig aufgenommenen Flüchtlingen gesprochen (vgl unten Ziffer 3).

2.Zuweisung und Unterbringung von Asylsuchenden und Schutzbedürftigen

2.1. Empfang und Zuweisung der Asylsuchenden an die Kantone Empfang der Asylsuchenden a.In den Empfangs- und Verfahrenszentren (EVZ) des SEM findet zunächst der Empfang der Asylsuchenden statt. Dieser beinhaltet die Registrierung der Personalien inkl. Aufnahme ei-nes Passfotos, Abnahme der Fingerabdrücke und die grenzsanitarischen Massnahmen (z.B. detaillierter Fragebogen zur Gesundheit der asylsuchenden Person und gegebenenfalls wei-tergehende medizinische Massnahmen). Bei offensichtlich unbegründeten oder missbräuch-lichen Asylgesuchen, aber auch bei klar positiven Fällen, wird ein beschleunigtes Verfahren angewandt. Vermehrt wird das erstinstanzliche Asylverfahren bereits im EVZ abgeschlossen und gegebenenfalls der Vollzug der Wegweisung durchgeführt. Mit allen angrenzenden Län-dern bestehen zudem Rückübernahmeabkommen. Die maximale Aufenthaltsdauer im EVZ beträgt 90 Tage (vgl. dazu https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/asylverfahren/empfang.html). Exkurs: Am 5. Juni 2016 hat das Stimmvolk die Vorlage zur Neustrukturierung des Asylbe-reichs angenommen. Ziel der Neustrukturierung des Asylbereichs ist, die Asylverfahren ra-scher und gleichzeitig fair abzuwickeln. Künftig sollen 60% aller Asylverfahren innerhalb von maximal 140 Tagen rechtskräftig entschieden und vollzogen werden. Diese Verfahren wer-

den in regionalen Zentren des Bundes durchgeführt. Als flankierende Massnahme zur Be-schleunigung wird der Rechtsschutz ausgebaut: Mittellose Asylsuchende haben Anspruch auf kostenlose Beratung und Rechtsvertretung. Sind weitere Abklärungen notwendig, wird ein Asylgesuch im erweiterten Verfahren behandelt und die Betroffenen werden wie bisher den Kantonen zugewiesen. Da die Neustrukturierung des Asylbereichs mit umfangreichen Umsetzungsarbeiten verbun-den ist (namentlich Standortplanung der neuen Bundesasylzentren, Ausarbeitung der not-wendigen Verordnungen, organisatorische Anpassungen zwischen Bund und Kantonen etc.), wurde die Vorlage in drei Pakete aufgeteilt. Die ersten beiden Pakete wurden am 1. Oktober 2016 bzw. am 1. Januar 2018 in Kraft gesetzt. Die Umsetzung der Vorlage zur Beschleuni-gung der Asylverfahren wird am 1. März 2019 in Kraft gesetzt werden. Zuweisung der Asylsuchenden an die Kantone b.Die Asylsuchenden werden dem Kanton von den Empfangsstellen des Bundes zugewiesen. Der Kanton Zürich hat 17% aller Asylsuchenden zu übernehmen. Eine analoge Verteilung er-folgt auch bei den Schutzbedürftigen. Die Zuweisungskantone sind für die Gewährleistung von Sozialhilfe zuständig (Art. 80a AsylG). 2.2. Das Zweiphasensystem im Kanton Zürich Aufgabenübertragung a.Kanton und Gemeinden können die Erfüllung ihrer Aufgaben im Asylwesen ganz oder teil-weise Dritten überlassen (vgl. dazu Kapitel 5.2.08). Erfüllt der Kanton Aufgaben aus dem Zu-ständigkeitsbereich der Gemeinden, kann er von ihnen Beiträge erheben (§ 14 AfV). Phase 1: Zuständigkeit des Kantons b.Die dem Kanton zugewiesenen Personen werden durch die Abteilung Asylkoordination ge-stützt auf § 6 Abs. 1 AfV normalerweise in einer ersten Phase in kantonalen Durchgangszen-tren untergebracht. Dort verbleiben sie in der Regel für vier bis sechs Monate und erhalten neben Kost und Logis auch die erforderliche materielle Unterstützung sowie persönliche Be-treuung. Phase 2: Zuständigkeit der Gemeinden c.In einer zweiten Phase werden die Asylsuchenden in Anwendung von § 6 Abs. 2 AfV auf die einzelnen Gemeinden verteilt. Mit der Zuweisung geht die Zuständigkeit für die Erbingung der Asylfürsorgeleistungen (mit Ausnahme der Gesundheitsversorgung für Personen im lau-fenden Asylverfahren, vgl. nachfolgend Ziff. 2.3) auf die Zuweisungsgemeinde über. Asylsu-chende haben keine freie Wohnsitzwahl (§ 7 Abs. 2 AfV). Ein Umzug in eine andere Ge-meinde setzt daher voraus, dass die vorgesehene neue Wohngemeinde mit der Wohnsitz-verlegung einverstanden ist und diese interkommunale Umplatzierung vom Kantonalen So-zialamt gebilligt wird. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die neue Wohngemeinde zur Zuweisungsgemeinde. Für ganz oder teilweise sozialhilfeabhängige Asylsuchende legt die Sicherheitsdirektion eine Aufnahmequote für die Gemeinden in Prozenten ihrer Bevölkerungszahl fest (§ 8 AfV).

2.3. Weitere kantonale Zuständigkeiten Der Kanton sorgt für die Kranken- und Unfallversicherung der ganz oder teilweise sozi-a.alhilfeabhängigen Asylsuchenden. Er kann die Wahl des Versicherers und der Leis-tungserbringer einschränken (§ 11 Abs. 1 und 3 AfV). Unbegleitete minderjährige Asylsuchende werden vom Amt für Jugend und Berufsbera-b.tung (AJB), Zentralstelle MNA, umfassend betreut. Diese Aufgabe wird finanziert durch die Erhebung eines nach der Bevölkerungszahl abgestuften Beitrags von den Gemein-den (§ 13 AfV).

3.Flüchtlinge mit Asyl und vorläufig aufgenommene Flüchtlinge

3.1. Grundsätze Die Flüchtlinge mit Asyl und die vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge werden unter dem Begriff "anerkannte Flüchtlinge" erfasst. Die Rechtsstellung der Flüchtlinge mit Asyl in der Schweiz richtet sich grundsätzlich nach dem für Ausländerinnen und Ausländer geltenden Recht: Sie haben Anspruch auf eine Auf-enthaltsbewilligung in dem Kanton, in welchem sie sich rechtmässig aufhalten, und werden nach den gleichen Regeln wie übrige Inländer sozialhilferechtlich unterstützt (Art. 58 AsylG, Art. 59 AsylG, Art. 60 AsylG), wobei ihrer besonderen Lage bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist (Art. 82 Abs. 5 AsylG). In Bezug auf die Sozialhilfestandards gelten für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge die gleichen Regeln wie für Flüchtlinge mit Asyl (Art. 86 Abs. 1 AuG i.V.m. §§ 11 ff. SHG). Sie haben daher ebenfalls Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe. Es gilt die gleiche Zuständig-keitsordnung wie bei anderen Ausländerinnen und Ausländern mit Aufenthaltsberechtigung (vgl. Kapitel 3.1.03). 3.2. Anerkannte Flüchtlinge ohne Unterstützungswohnsitz Durch die Beschleunigung der Asylverfahren kommt es immer häufiger vor, dass Flücht-lingsanerkennungen erfolgen, bevor die Betroffenen als Asylsuchende einer Gemeinde zu-gewiesen worden sind. Solche Flüchtlinge leben oft noch in betreuten oder begleiteten (Kol-lektiv-)Unterkünften, welche nicht wohnsitzbegründend sind. Zu den im Rahmen der Sozial-hilfe zu gewährenden Aufgaben des die Unterstützung leistenden Sozialhilfeorgans gehört es auch, die Flüchtlinge bei der Wohnungssuche mit geeigneten Mitteln zu unterstützen. Die Flüchtlinge verfügen im Bewilligungskanton über die Niederlassungsfreiheit und können auf dem ganzen Kantonsgebiet eine Wohnung suchen. Es liegt in solchen Fällen keine Abschie-bung vor, wenn mit Unterstützung dieses Sozialhilfeorgans eine Wohnung ausserhalb der aktuellen Aufenthaltsgemeinde gefunden wird (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.02, Ziffer 2). 3.3. Resettlement-Projekt 2017 -2019 des Bundes

vgl. dazu auch https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/themen/integration/themen/resettlement.html Ausgangslage a.Der Bundesrat hat am 9. Dezember 2016 auf Antrag des Eidgenössischen Justiz- und Poli-zeidepartementes (EJPD) und des Eidgenössischen Departements für auswärtige An-gelegenheiten (EDA) basierend auf Art. 56 AsylG beschlossen, innerhalb von zwei Jahren 2000 Resettlement-Flüchtlinge (nachfolgend Resettlement-Flüchtlinge) aufzunehmen. Resettlement ist vorgesehen für besonders verletzliche, vom UNHCR anerkannte Flücht-linge, die weder in ihren Heimatstaat zurückkehren noch im Erstaufnahmeland bleiben kön-nen. Nach Ankunft in der Schweiz erhalten die Resettlement-Flüchtlinge Asyl und die mit ei-ner Aufenthaltsbewilligung verbundenen Rechte und Pflichten. Die 2000 Resettlement-Flüchtlinge werden grundsätzlich nach dem für Asylsuchende gel-tenden Verteilschlüssel auf die Kantone verteilt (vgl. Art. 27 AsylG i.V.m. Art. 21 AsylV 1). Der Kanton Zürich nimmt bis 2019 gruppenweise insgesamt 350 Resettlement-Flüchtlinge auf. Bei der Verteilung auf die Kantone achtet der Bund - neben der Einheit der Kernfamilie - auch auf eine gleichmässige Zuteilung von besonders betreuungsintensiven Fällen. Die Resettlement-Flüchtlinge werden nach Ankunft im Kanton Zürich und bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben, im von der AOZ betriebenen Flüchtlingswohnen untergebracht, mit persönlicher und wirtschaftlicher Hilfe unterstützt und bei der Integration begleitet. Besondere Integrationsförderung b.Das Umsetzungskonzept des EJPD sieht vor, dass die Resettlement-Flüchtlinge im Bereich der Integration eng begleitet werden. Hauptziel ist die Verbesserung der beruflichen Integra-tion der Flüchtlinge. Im Fokus stehen die besonderen Bedürfnisse dieser besonders verletz-lichen Personen. Im Flüchtlingswohnen erarbeitet ein so genannter Integrationscoach der AOZ mit jeder über 15-jährigen Person einen individuellen Integrationsplan mit Zielen und Massnahmen in Be-zug auf die berufliche und soziale Integration. Der Integrationscoach überprüft die Ziele min-destens zweimal jährlich und passt sie wenn nötig an. Er begleitet den Integrationsprozess während zwei Jahren. Hauptaufgabe des Integrationscoaches ist dabei die Förderung der selbstverantwortlichen Integration gemäss den individuellen Voraussetzungen und Ressour-cen des Resettlement-Flüchtlings. Bei Erziehungsberechtigten werden die Kinder in der In-tegrationsplanung berücksichtigt. Weiter werden die Flüchtlinge auch intensiv bei der Woh-nungssuche unterstützt (siehe auch oben Ziffer 3.2). Findet die betroffene Person während dieser zweier Jahre eine Wohnung und wird fortan von der Wohngemeinde sozialhilferechtlich unterstützt, spricht der Integrationscoach die im Rahmen der Integrationsbegleitung gewährten Dienstleistungen sorgfältig mit dem neu zu-ständigen Sozialhilfeorgan ab, um Doppelspurigkeiten und Unklarheiten zu vermeiden. Der Integrationscoach begleitet die Resettlement-Flüchtlinge auch nach deren Wohnsitznahme unentgeltlich für die Gemeinde. Mögliche Dienstleistungen sind - neben der Begleitung im In-tegrationsprozess - namentlich auch die Unterstützung im Zusammenhang mit Behörden-gängen, der medizinischen Versorgung, der Schule und der Mobilität sowie die Durchführung

eines Wohncoachings. Ausserdem werden die Resettlement-Flüchtlinge auch nach der Wohnsitznahme in einer Gemeinde bei der Vernetzung mit nicht staatlichen Partnerorganisa-tionen und Freiwilligen unterstützt. Dies unter Einbezug von lokalen Organisationen und Ver-einen, soweit dies nicht durch die Wohngemeinde direkt erfolgt.

4.Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer

4.1. Gewährung der vorläufigen Aufnahme Erweist sich aufgrund der Anhörung zu den Asylgründen, dass der asylsuchenden Person zwar kein Asyl gewährt werden kann, weil sie über keine Flüchtlingseigenschaften verfügt, der Vollzug, d.h. die Ausreise aber nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist, wird ein Asyl- und Wegweisungsentscheid getroffen. Anstelle einer Ausreisefrist wird vom SEM aber eine individuelle vorläufige Aufnahme angeordnet. Ausnahmsweise erhalten auch Personen, die nie in einem Asylverfahren waren, eine vorläu-fige Aufnahme. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Er-teilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht oder nicht mehr gegeben sind, die Ausreise aber nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist. Der Entscheid über die Anordnung einer individuellen vorläufigen Aufnahme liegt auch in diesen Fällen in der Kompetenz des SEM. 4.2. Unterstützungszuständigkeit Am 24. September 2017 hat die Zürcher Stimmbevölkerung die Teilrevision des Sozialhilfe-gesetzes angenommen, wonach vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (nachfolgend vorläufig Aufgenommene) wieder nach den gleichen Ansätzen wie Asylsu-chende unterstützt werden. Die Änderung des Sozialhilfegesetzes und die zur Umsetzung notwendigen Änderungen der Asylfürsorgeverordnung sind am 1. März 2018 in Kraft getre-ten. Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge sind von dieser Gesetzesanpassung nicht betrof-fen. Sie haben weiterhin Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe (siehe vorstehend Ziffer 3). Für vorläufig Aufgenommene gelten damit seit dem 1. März 2018 (wieder) die Zuständig-keitsbestimmungen der AfV. Wie Asylsuchende im laufenden Verfahren werden vorläufig Aufgenommene den Gemeinden zugewiesen (§ 7 Abs. 1 AfV). Mit der Zuweisung wird die Zuweisungsgemeinde für die Ausrichtung der Asylfürsorgeleistungen zuständig. Ganz oder teilweise auf wirtschaftliche Unterstützung angewiesene vorläufig Aufgenommene haben keine freie Wohnsitzwahl (Art. 85 Abs. 5 AuG in Verbindung mit § 7 AfV). Es gelten hier die gleichen Regeln wie bei Asylsuchenden im laufenden Verfahren (vgl. vorstehend Ziff. 2.2 lit. c). Demgegenüber haben vorläufig Aufgenommene, die keine Asylfürsorgeleistungen beziehen, die Möglichkeit, ihren Wohnort innerhalb des Kantons Zürich ohne Einwilligung zu wechseln. Dies unter der Voraussetzung, dass sie ihren Lebensunterhalt auch am neuen Wohnort selbständig finanzieren können. Werden sie dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder unter-stützungsbedürftig (z.B. wegen eines Verlusts der Arbeitsstelle), dann gilt diejenige Gemein-de als Zuweisungsgemeinde, in welcher sie im Zeitpunkt des Gesuchs um Ausrichtung von

Asylfürsorgeleistungen wohnen. Für vorläufig Aufgenommene, welche unter dem bis zum 28. Februar 2018 geltenden Recht ihren Wohnsitz trotz Sozialhilfeabhängigkeit wechseln konnten, gilt ebenfalls die neue Wohngemeinde als Zuweisungsgemeinde und damit als die für die Ausrichtung der Asylfür-sorge zuständige Gemeinde (§ 7 Abs. 3 AfV). Sozialhilfebeziehende vorläufig Aufgenommene werden an die Aufnahmequote der Wohn-gemeinde angerechnet (§ 8 AfV). Deshalb muss neben den in die Unterstützungszuständig-keit der jeweiligen Gemeinde fallenden Asylsuchenden (vgl. vorstehend Ziffer 2.2) auch die-se Personengruppe von der Wohngemeinde in der monatlichen Bestandesmeldung zu Han-den der Abteilung Asylkoordination des Kantonalen Sozialamts aufgeführt werden. Auch Mu-tationsgründe (z.B. Sozialhilfeunabhängigkeit, Tod, Ausreise, Erhalt einer Aufenthaltsbewilli-gung) müssen mittels Formular Mutationsmeldung mitgeteilt werden. 4.3. Unterstützungsgrundsätze Mit Inkrafttreten der vorstehend erwähnten Revision des SHG und der AfV unterstehen die vorläufig Aufgenommenen (wieder) der Asylfürsorge. Dabei ist für die Bemessung der Unter-stützungsleistungen eine Übergangsfrist von vier Monaten vorgesehen. Die Gemeinden kön-nen die vorläufig Aufgenommenen also noch bis längstens 30. Juni 2018 nach den bisheri-gen Grundsätzen unterstützen (Sozialhilfe nach SKOS-Richtlinien). Danach sind vorläufig Aufgenommene grundsätzlich nach den gleichen Regeln zu unterstützen wie Asylsuchende im laufenden Verfahren. Dabei gilt folgende Abweichung:

Gesundheitsversorgung

Bei ganz oder teilweise sozialhilfeabhängigen vorläufig Aufgenommenen sorgen die Ge-meinden für die Gesundheitsversorgung, d.h. sie sind für den Abschluss einer Kranken- und Unfallversicherung besorgt und übernehmen Selbstbehalte, Franchisen, Zahnbehandlungs-kosten etc. (§ 11 Abs. 2 AfV). Die Gemeinden können die Wahl der Versicherer und der Leis-tungserbringer gemäss Art. 82a AsylG einschränken (§ 11 Abs. 3 AfV). Von den Gemeinden übernommene Krankenkassenprämien (§ 18 EG KVG) können nach dem gleichen Verfahren wie für die übrigen Sozialhilfebeziehenden mit der Gesundheitsdirektion abgerechnet wer-den. Diese erhält dafür von der Sicherheitsdirektion einen Anteil an der Globalpauschale des Bundes. 4.4. Abgeltung der Gemeinden Wie für die Bemessung der Unterstützungsleistungen gilt auch für die Abgeltung der Ge-meinden durch den Kanton eine Übergangsfrist von vier Monaten. Die Abgeltung des Kan-tons an die Gemeinden erfolgt noch bis zum 30. Juni 2018 nach den bisherigen Regelungen des Sozialhilfegesetzes (vgl. Kapitel 18.3), unabhängig davon, ob die Gemeinde die Unter-stützungsleistungen bereits nach Asylfürsorge oder noch nach den SKOS-Richtlinien be-misst. Für Leistungen zugunsten von vorläufig Aufgenommenen, welche bis zum 30. Juni 2018 ausgerichtet werden, können die Gemeinden also noch einen Kostenersatzanspruch nach § 44 SHG geltend machen.

Ab dem 1. Juli 2018 richtet sich die Abgeltung der Gemeinden nach § 10 AfV. Gemäss § 10 Abs. 2 AfV legt der Regierungsrat die Beiträge an die Gemeinden auf der Grundlage der Leistungen des Bundes fest. Für vorläufig Aufgenommene erhält der Kanton vom Bund die gleiche Globalpauschale wie für Asylsuchende, jedoch längstens während sieben Jahren ab Einreise (Art. 20 lit. d AsylV 2). Entsprechend wird die Dauer der Beitragszahlung des Kan-tons an die Gemeinden auf sieben Jahre seit Einreise begrenzt. Vgl. dazu auch Grundlagen & Arbeitshilfe Asylbereich, insbesondere Leitfaden für das Erstel-len von Quartalsabrechnungen für Personen im offenen Verfahren (Asyl, Personen mit einer vorläufigen Aufnahme als Ausländer (VA-Asyl), Personen ohne Aufenthaltsrecht (Nothilfe)

5.Integrationsförderung für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene

5.1. Integrationsauftrag Sowohl für anerkannte Flüchtlinge als auch für vorläufig Aufgenommene besteht ein Integra-tionsauftrag. Sie können von Bundesrechts wegen - soweit sie Unterstützungsleistungen be-ziehen - verpflichtet werden, an Integrationsmassnahmen teilzunehmen (Art. 6 VIntA). Im Gegensatz zu Asylsuchenden im laufenden Verfahren ist bei vorläufig Aufgenommenen da-her genauso wie bei anerkannten Flüchtlingen auf eine soziale und berufliche Integration hinzuwirken. Dafür steht den Gemeinden das System zur Verwendung der Integrationspau-schalen (vgl. unten Ziffer 5.2) zur Verfügung. Darüber hinausgehende Massnahmen werden durch die Gemeinden finanziert. 5.2 System zur Verwendung der Integrationspauschale (IP-System) Die kantonale Fachstelle Integration unterstützt die kommunalen Stellen der Sozialhilfe und der Asylfürsorge, indem sie Integrationsangebote für vorläufig Aufgenommene und Flüchtlin-ge finanziert. Die Angebote sind auf den Bedarf der Gemeinden ausgerichtet und können von diesen kostenlos genutzt werden. Sie umfassen Potenzialabklärungen sowie Massnah-men zur beruflichen Integration und zum Spracherwerb. Darüber hinaus sind einzelfallbezo-gene Finanzierungen möglich. Die Mittel zur Finanzierung stammen aus der Integrations-pauschale des Bundes (Art. 55 Abs. 2 AuG i.V.m. Art. 18 VInta). Das IP-System ist Teil des zweiten Kantonalen Integrationsprogramms (KIP2, 2018-2021). Zur Nutzung der Angebote des IP-Systems nimmt das Sozialhilfeorgan telefonisch oder schriftlich Kontakt mit der Triagestelle der Stiftung Chance auf. Auf der Homepage der Tria-gestelle befinden sich detaillierte Beschreibungen der verschiedenen Förderangebote. Die kantonale Fachstelle für Integrationfragen stellt den Gemeinden einen Leitfaden über das System zur Verwendung der Integrationspauschale zur Verfügung. Für operative Fragen zur Verwendung der Integrationspauschale ist die Triagestelle der Stif-tung Chance zuständig (Tel. 044 384 86 86), für strategische Fragen die Fachstelle Integra-tion (Tel. 043 259 25 31). 5.3. Leistungen der Arbeitsmarktbehörden bei der Integration von anerkannten Flüchtlin-

gen und vorläufig Aufgenommenen Arbeitsmarktliche Massnahmen stehen auch anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufge-nommenen zur Verfügung. Für eine erstmalige Arbeitsmarktintegration ist die Arbeitsmarktfähigkeit der Betroffenen eine Voraussetzung (siehe auch unten Ziffer 5.4). Die RAV bieten einerseits Leistungen im Be-reich Beratung und Vermittlung an, andererseits können auch anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene von den RAV den EG-AVIG-Programmen zugewiesen werden. Einzelheiten dazu können dem Schreiben des Amts für Wirtschaft und Arbeit an die Ge-meinden vom Juli 2016 entnommen werden. 5.4. Meldepflichten der Sozialhilfeorgane für arbeitsmarktfähige Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene Gemäss Art. 53 Abs. 6 AuG i.V.m. Art. 10a VInta müssen stellensuchende, arbeitsmarktfähi-ge anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene von den Sozialhilfeorganen der öf-fentlichen Arbeitsvermittlung (RAV) gemeldet werden. Im Kanton Zürich wurde von einer Ar-beitsgruppe, in welcher - neben dem Amt für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Kantonalen Sozialamt - auch die kantonale Sozialkonferenz mitgearbeitet hat, das Meldeverfahren kon-kretisiert. Unter anderem wurde ein Formular entwickelt, das die Sozialhilfeorgane bei der Abklärung der Arbeitsmarktfähigkeit der betroffenen Personen unterstützt. Das Meldeformu-lar zur Beurteilung der Arbeitsmarktfähigkeit, ein Musterlebenslauf für vorläufig Aufgenom-mene und Flüchtlinge, ein Leitfaden für die Erstellung von Bewerbungsdossiers für Hilfskräf-te sowie das Informationsschreiben an die Gemeinden vom Juni 2018 können unter https://awa.zh.ch/internet/volkswirtschaftsdirektion/awa/de/arbeitsmarkt/infos/gemeinden.htmheruntergeladen werden.

6.Familiennachzug

6.1. Flüchtlinge mit Asyl (Status B und C) Flüchtlinge mit Asyl dürfen ihre Familienangehörigen sofort in die Schweiz nachkommen las-sen. Die Familienangehörigen werden ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl. Als Familienangehörige gelten die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner, eingetragene Partne-rinnen und Partner und Kinder unter 18 Jahren. Auch andere Angehörige wie z.B. Eltern o-der Geschwister können in das Familienasyl eingeschlossen werden. Dies beispielsweise dann, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen auf Hilfe einer bereits in der Schweiz anwe-senden Person angewiesen sind. Wenn sich die Familienangehörgigen noch im Ausland be-finden, muss beim SEM ein Gesuch um Bewilligung der Einreise gestellt werden. Kinder an-erkannter Flüchtlinge, die in der Schweiz geboren werden, erhalten nicht automatisch die Flüchtlingseigenschaft. Die Eltern müssen für sie unter Beilage des Geburtsscheins ein Ge-such um Einbezug in die Flüchtlingseigeneschaften beim SEM einreichen (zur Meldepflicht der Gemeinden vgl. Kapitel 5.2.03, Ziff. 3). Die Reisekosten für den Familiennachzug können nicht aus Mitteln der Sozialhilfe finanziert werden. Jedoch ist die für die bereits anwesende Person sozialhilferechtlich zuständige Ge-

meinde ab Einreise in den Kanton Zürich auch für die Unterstützung der Familienangehöri-gen zuständig. 6.2. Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie vorläufig aufgenom-mene Flüchtlinge (Status F) Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie vorläufig aufgenommene Flüchtlinge dürfen Familienangehörige (vgl. oben Ziffer 5.1) frühestens drei Jahre nach der vorläufigen Aufnahme nachziehen. Voraussetzung ist, dass die Familienmitglieder zusam-menwohnen, dass sie eine bedarfsgerechte Wohnung haben und dass die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist. Der Familiennachzug muss innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden. Bei Kindern, die älter als zwölf Jahre alt sind, muss das Gesuch für den Nachzug innerhalb von zwölf Monaten eingereicht werden (Art. 74 Abs. 3 VZAE). Später wird der Familiennachzug nur bewilligt, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ziel dieser Regelung ist, dass sich die Kinder möglichst jung in der Schweiz integrieren können. Gesuche um Einbezug in die vorläufige Aufnahme müssen beim Migrationsamt eingereicht werden. Dieses leitet das Gesuch mit seiner Stellungnahme an das SEM weiter. Vgl. dazu auch Staatssekretariat für Migration, Handbuch Asyl und Rückkehr, Artikel F8, Familiennachzug von vorläufig aufgenommenen Personen und vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen (Familienvereinigung).

Rechtsprechung

2A.55/2000 Urteil vom 27. Oktober 2000: Anwendbarkeit des ZUG im Fall eines vorläufig aufgenommenen Flüchtlings.

Praxishilfen

SKOS-Papier betreffend Unterstützung von Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: