«Wir hatten ein Riesenglück»

Meistens bringen Prüfungen vor allem die Schülerinnen und Schüler ins Schwitzen. Diesmal erging es jedoch auch den Verantwortlichen der Zentralen Aufnahmeprüfung ans Gymnasium (ZAP) so, wie ZAP-Koordinator Roland Lüthi erzählt. Denn die eingespielten Abläufe gerieten ins Wanken.

Schon lange stand der 9./10. März als Prüfungsdatum fest. 9000 Prüflinge und mehrere hundert Prüfende und Korrigierende hatten sich darauf eingerichtet. Und plötzlich geriet durch die Ausbreitung des Coronavirus einiges ins Wanken. Denn kurz vor dem Termin führte der Bundesrat die Limite für Besammlungen von 1000 Personen ein. Das führte zu Fragen wie: Was geschieht an der Kantonsschule Zürich Nord, wo über 1000 Schüler geprüft werden sollen? Ist es sinnvoll, dass so viele Personen wegen der Prüfungen durch den halben Kanton reisen?

«Und natürlich haben wir uns auch Gedanken gemacht, wie man bei einer Absage der Prüfungen vorgehen könnte», sagt Lüthi. Trotzdem habe man vor allem gehofft, dass die Durchführung noch irgendwie möglich sein werde. Denn ohne Aufnahmeprüfung gäbe es riesige Probleme bei der Klassenbildung fürs neue Schuljahr, das im August beginnt.

 

Roland Lüthi, Rektor der Kantonsschule Zürcher Unterland auf dem Schulhof der Kantonsschule.
Roland Lüthi ist Koordinator der ZAP und Rektor der Kantonsschule Zürcher Unterland, wo dieses Porträt aufgenommen wurde. Quelle: Foto von Marion Nitsch

Ein «fast normaler» Prüfungstag

«Und wir hatten ein Riesenglück», sagt Lüthi. Noch Wochen später ist dem ZAP-Koordinator und Rektor der Kantonsschule Zürcher Unterland die Erleichterung darüber anzuhören. Denn für die Hauptprüfungen gab es grünes Licht. Und am Prüfungstag selbst war dann alles «fast normal», denn die Zwei-Meter-Regel des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) gab es noch nicht. Trotzdem hatten die Schulen Anweisungen erhalten, die Tische weit auseinander zu stellen, so viele Zimmer wie möglich zu benutzen und den Unterricht für andere Schüler abzusagen. Auch empfahl man - um Menschenansammlungen zu vermeiden -: «Keine Eltern im Schulhaus». Die Eltern mussten am Prüfungstag also irgendwo anders auf die Kinder warten.

Nach dem Ende der Prüfung ging es dann für die Lehrerinnen und Lehrer wie üblich ans Korrigieren. Mit zunehmender Dauer musste aber immer mehr auf die Sicherheitsvorgaben des Bundes geachtet werden. So trafen sich die Teams bei der Zweitkorrektur in separaten Zimmern und mit Abstand, an Sitzungen musste man sich auf wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschränken.

Nachdem die Prüfungsresultate zugestellt worden sind, besteht das Recht auf Einsichtnahme. «Aber wie soll man das machen, wenn es nicht mehr möglich ist, dass Eltern einfach so zur Besprechung kommen können und man beinahe die ganze Prüfung durchdiskutiert? Also mussten wir die ganze Einsichtnahme komplett anders organisieren», sagt Lüthi. Diese Neuorganisation war anspruchsvoll, aber Lüthi und sein Team konnten eine praktikable Lösung präsentieren. Das Gespräch zwischen Lehrperson und Eltern findet nun telefonisch statt. Bis und mit Gründonnerstag sollten die Einsichtnahmen für diejenigen, die nicht bestanden haben, abgeschlossen sein. Zu einem späteren Zeitpunkt erhalten dann auch die anderen die Möglichkeit, Einsicht in ihre erfolgreich absolvierte Prüfung zu nehmen.

Vernunft und Solidarität

Kurz vor Ostern liegt für die Nachprüfungen noch kein Termin vor. Zu dieser treten jene Kinder an, die am ersten Termin krank waren. Insgesamt sind dies über 130. Auffallend ist, dass dieses Jahr die Zahl jener, die krankheitsbedingt nicht an die Prüfung fürs Langgymi kamen, deutlich höher ist. «Ich interpretiere das so, dass die Eltern von jüngeren Kindern wirklich vernünftig waren und zu einem kränkelnden Kind gesagt haben: Schau, es gibt eine Nachprüfung. Es ist gescheiter für dich und auch für die andern, wenn du zu Hause bleibst.»

Diese Vernunft und diese Solidarität stellt Lüthi in dieser aussergewöhnlichen Zeit nicht nur bei den Eltern fest, sondern bei allen, mit denen er zu tun hatte. So habe auch der Regierungsrat pragmatisch und schnell entschieden, wie zum Beispiel mit den mündlichen ZAP-Prüfungen zu verfahren sei. Auch in den Schulen sei Ausserordentliches geleistet worden. «Wir haben alle an einem Strick gezogen und deshalb konnten - auch unter erschwerten Bedingungen - bis kurz vor Ostern 98 Prozent der ZAP abgeschlossen werden», freut sich Lüthi.

Text: Marianne Koller, Fotos: Marion Nitsch
 

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