Maschinelle Übersetzung – Empfehlungen für die Verwaltung

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Maschinelle Übersetzung bietet grosses Potenzial für die öffentliche Verwaltung. Das Handelsregister des Kantons Schwyz und die Fachstelle Integration des Kantons Zürich haben im Rahmen der «Innovation-Sandbox für Künstliche Intelligenz (KI)» zwei Anwendungsfälle umgesetzt.

Einleitung

Maschinelle Übersetzung bietet grosses Potenzial für die öffentliche Verwaltung. Das Handelsregister des Kantons Schwyz und die Fachstelle Integration des Kantons Zürich haben im Rahmen der «Innovation-Sandbox für Künstliche Intelligenz (KI)» zwei Anwendungsfälle umgesetzt. Die Auswertung hat gezeigt, dass menschliche Übersetzungen für amtliche Dokumente unverzichtbar bleiben. Das Training von spezifischen Übersetzungsmodellen für die Verwaltung und die Integration von Verwaltungsterminologie in bestehende Lösungen können jedoch einen klaren Mehrwert bieten. Spezialisierte Schweizer Anbieter können die Übersetzungsqualität steigern und die Datensicherheit verbessern. Der Einsatz von spezifischen Modellen für die Verwaltung, die auf die Bedürfnisse von einzelnen Ämtern oder Einheiten angepasst werden können, ist langfristig ein vielversprechender Ansatz.

I. Relevanz maschineller Übersetzung

Maschinelle Übersetzung bietet für die öffentliche Verwaltung grosses Potenzial. In einem viersprachigen Land wie der Schweiz, in dem verschiedene Kantone mehrsprachig sind, ist die Relevanz dieser Technologie besonders hoch. Der Bedarf an Übersetzungen erstreckt sich des Weiteren in allen Kantonen über verschiedene Bereiche, darunter Migrationsämter, Handelsregisterämter, Arbeitsämter, Gerichte und Polizei.

Fortschritte und Zukunft der maschinellen Übersetzung

In den letzten zehn Jahren hat die maschinelle Übersetzung signifikante Fortschritte erzielt. Moderne Systeme nutzen Methoden wie neuronale Netzwerke, wodurch die Qualität der Übersetzungen deutlich verbessert wurde. Man spricht in diesen Fällen auch von Übersetzungsmodellen, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Diese Technologien ermöglichen es den Übersetzungsanwendungen, Kontext besser zu verstehen und somit präzisere und natürlichere Übersetzungen zu liefern. Zukünftig ist zu erwarten, dass maschinelle Übersetzung durch weitere Innovationen in KI-Technologien noch genauer und vielseitiger wird, insbesondere im Bereich der Verarbeitung seltenerer Sprachen und Dialekte sowie bei Fachjargon.

Der Einsatz maschineller Übersetzung in der Verwaltung zielt darauf ab, den Zugang für Verwaltungsangestellte, die mit unterschiedlichen Sprachen arbeiten, zu vereinfachen und die Qualität der Kommunikation mit der Bevölkerung zu verbessern. Gleichzeitig kann maschinelle Übersetzung die wiederkehrenden Kosten für professionelle Übersetzungen in ausgewählten Fällen senken. KI-basierte Übersetzungen werden jedoch nie vollständig die Rolle des Menschen ersetzen. In Fällen, in denen belastbare oder amtlich zertifizierte Übersetzungen erforderlich sind, sollte die Verwaltung maschinelle Übersetzung lediglich zur Unterstützung einsetzen.

Es gibt jedoch zahlreiche weniger kritische Anwendungsbereiche für maschinelle Übersetzung, wie Fact Sheets, informelle Behördenkommunikation oder standardisierte Verwaltungsdokumente. Hier bietet maschinelle Übersetzung eine effiziente und kostengünstige Alternative. Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zwischen der Automatisierung und der menschlichen Expertise zu finden, um die Genauigkeit der Übersetzungen im jeweiligen Anwendungsfall sicherzustellen.

«Maschinelle Übersetzung bietet für die Schweizer Verwaltung grosses Potenzial.»

Raphael von Thiessen, Projektleiter Innovation-Sandbox für KI

Zwei Verwaltungseinheiten haben im Rahmen der «Innovation-Sandbox für KI» praktische Erfahrungen mit maschineller Übersetzung gesammelt. Die Fallbeispiele heben die Bedeutung von Datensicherheit hervor, insbesondere die Notwendigkeit einer Lösung mit Datenspeicherung in der Schweiz im Gegensatz zu frei verfügbaren, internationalen Cloud-Anwendungen. Der vorliegende Bericht analysiert ausserdem das Training von spezifischen Übersetzungsmodellen für die Verwaltung und die Integration von Verwaltungsterminologie in bestehende Lösungen. Solche Ansätze ermöglichen es, maschinelle Übersetzung effektiver und angepasster an die Anforderungen der Verwaltung zu nutzen und unter Umständen die Qualität der Ergebnisse zu verbessern. Kapitel 4 beschreibt die konkreten Fallbeispiele. Zuerst lohnt sich jedoch eine Differenzierung der Anwendungsfälle und ein Blick auf die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz von maschineller Übersetzung in der öffentlichen Verwaltung.

II. Differenzierung der Anwendungsfälle

Der Einsatz maschineller Übersetzung in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine differenzierte Betrachtung der Einsatzgebiete. Dies ist wichtig, um die Effizienz zu steigern und die Genauigkeit der Übersetzungen zu verbessern und die Sicherheit sensibler Daten zu gewährleisten.

Wo wird maschinelle Übersetzung eingesetzt?

Nicht jeder Anwendungsfall von maschineller Übersetzung ist gleich. Einerseits bleibt für Dokumente, die belastbar sein müssen, wie Gerichtsdokumente, die Notwendigkeit professionell überprüfter und zertifizierter Dokumente unverändert, da die Genauigkeit und Verlässlichkeit hier von grösster Bedeutung sind. Auch in diesen Fällen kann die maschinelle Übersetzung einen Mehrwert bieten, sofern ausgebildete Fachpersonen die Ergebnisse kritisch überprüfen und überarbeiten. Anderseits gibt es viele Situationen, in denen eine 95-prozentige Genauigkeit ausreichend ist. Diese Näherungslösungen sind beispielsweise für allgemeine Informationen oder weniger kritische Kommunikation geeignet, wo keine perfekte Übersetzung erforderlich ist.

Die Frage, ob sich die Übersetzung auf schriftliche Dokumente beschränkt oder auch mündliche Übersetzungen einschliesst, beeinflusst den Anwendungsbereich ebenfalls. Während der Schwerpunkt der betrachteten Anwendungsfälle in den vorliegenden Beispielen auf schriftlichen Übersetzungen lag, bietet die Möglichkeit der mündlichen Simultanübersetzung ein zusätzliches Feld zur Exploration. Insbesondere im Bereich von behördlichen Transkriptionen mit automatisierter Übersetzung besteht erhebliches Potenzial.

Die Sprachauswahl ist ebenfalls von Bedeutung. Die Entscheidung, ob Übersetzungen nur die Landessprachen umfassen oder auch andere Sprachen einbeziehen, ist sehr relevant. Die Übersetzungsmodelle schwanken in Bezug auf die Qualität, Verlässlichkeit und Konsistenz erheblich (siehe Kapitel 4). Viele Behörden haben mit hierzulande weniger verbreiteten Sprachen zu tun, für welche die benötigten Trainingsdaten für maschinelle Übersetzung nicht ausreichend sind. Die maschinelle Übersetzung ist auch in Krisensituationen von Relevanz, wie etwa zu Beginn des Krieges in der Ukraine, als die Verfügbarkeit von Übersetzerinnen und Übersetzern begrenzt war und schnelle, maschinelle Übersetzungen einen bedeutenden Unterschied machen können, um Informationen ohne grossen Zeitverlust den Zielgruppen – in diesem Fall ukrainischen Flüchtlingen – bereitzustellen.

Überlegungen aus Sicht der Verwaltung

Die Entscheidung, ob die Verwaltung Inhalte in verschiedenen Sprachen bereitstellen sollte, erfordert strategische und ethische Überlegungen. Sollte die Verwaltung überhaupt Inhalte übersetzen und in anderen Sprachen zur Verfügung stellen? Grundsätzlich gilt die Annahme, dass eine Behörde nur in der eigenen Amtssprache kommuniziert. Dieser Grundsatz war ohne Zugang zu automatisierten Übersetzungen sinnvoll und zeitgemäss. Ausnahmen betrafen lediglich behördliche Prozesse, z. B. im Rahmen von Gerichtsprozessen, bei denen man auf Übersetzungen angewiesen war. Die meisten Verwaltungseinheiten gehen davon aus, dass in der Schweiz wohnhafte Personen eine der Landessprachen erlernen. Dies ist allerdings in der Praxis, insbesondere bei Migrantinnen und Migranten, die erst seit Kurzem in der Schweiz sind, häufig nicht der Fall. Ausserdem könnte die Bereitstellung übersetzter Inhalte eine Erwartungshaltung schaffen, die schwierig zu erfüllen ist, insbesondere wenn es um die Auswahl der zu übersetzenden Sprachen geht. Nach welchen Kriterien wählt die Verwaltung diese Sprachen aus? Nach Anzahl der Sprechenden? Oder nach Berücksichtigung der politischen und gesellschaftlichen Situation (z. B. Flüchtlingskrisen)? Zusätzlich kann man argumentieren, dass bei Verzicht auf Übersetzungen fremdsprachige Personen auf kostenlose Online-Übersetzungsdienste im Internet ausweichen können. Doch verfügen wirklich alle betroffenen Personen über den Zugang und die Kompetenzen, um mit solchen KI-basierten Übersetzungstools verantwortungsvoll umzugehen?

«Der Einsatz von maschineller Übersetzung muss zielgerichtet und differenziert erfolgen.»

Raphael von Thiessen, Projektleiter Innovation-Sandbox für KI

Eine weitere Überlegung betrifft den Umgang der Verwaltung mit frei zugänglichen Übersetzungslösungen wie DeepL, Google Translate oder neu auch Large Language Models wie ChatGPT. Trotz Verboten oder anders lautenden Richtlinien setzen öffentliche Verwaltungen in der Praxis häufig frei zugängliche Dienste ein. Wie kann die Verwaltung sicherstellen, dass sensible Daten nicht an Anbieter fliessen, die solche Daten für eigene Zwecke weiterverwenden?

Und wie geht die Verwaltung mit den Risiken um, die aus fehlerhaften Übersetzungen entstehen? Dies umfasst neben normativen Aspekten auch Haftungsfragen, da öffentliche Organe dazu verpflichtet sind, korrekte Informationen bereitzustellen, auf die sich die Bevölkerung verlassen kann (siehe Kapitel 3).

Chancen und Herausforderungen der Technologie

Ziel der Sandbox-Projekte war nicht, diese normativen Fragen zu beantworten. Einige Verwaltungseinheiten haben bereits Weisungen zum Gebrauch von maschinellen Übersetzungslösungen erlassen. Künftig müssen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Verwaltung die normativen und ethischen Fragen adressieren. Unter Umständen muss auch der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auf politischer Ebene tätig werden. Das vorliegende Projekt hatte einen anderen Fokus und bewertete den heutigen Stand technologischer Lösungen anhand von zwei konkreten Fallbeispielen. Interessante Ansätze umfassen das Training von spezifischen Übersetzungsmodellen für die Verwaltung, das Feedback von Fachpersonen und das Hinterlegen von Verwaltungsterminologie, um einheitliche und verbesserte Übersetzungen im Verwaltungskontext zu erzielen. Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Datensicherheit und den Schutz von sensiblen Informationen. Dies betrifft insbesondere für personenbezogene Daten oder interne Verwaltungsdokumente, für die meist strengen Richtlinien gelten.

Wichtig ist es, festzuhalten, dass die Ergebnisse ausschliesslich auf die konkreten Fallbeispiele bezogen sind. Der vorliegende Bericht gibt keine umfassenden und allgemeingültigen Evaluationen von technologischen Lösungen. Vielmehr dienen die Ergebnisse anderen Verwaltungseinheiten dazu, eigene Initiativen im Bereich der maschinellen Übersetzungen zu ergreifen und die Lösungen auf ihre eigenen Bedürfnisse anzupassen. Bevor die Fallbeispiele beschrieben werden, gibt das Kapitel 3 eine Einführung zu den wichtigsten rechtlichen Grundlagen.

III. Rechtliche Grundlagen in der Verwaltung

Bei der Inanspruchnahme maschineller Übersetzungsdienstleistungen muss die Verwaltung einige Besonderheiten beachten. In der Regel verlassen die übersetzten Informationen zur Übersetzung die (verwaltungs)internen Server. Je nach Inhalt der übersetzten Dokumente ist eine maschinelle Übersetzung durch Drittanbieter deshalb unter Umständen nicht oder nur unter Einhaltung strenger Auflagen möglich. In vielen Verwaltungseinheiten gibt es deshalb Weisungen, welche Texte bzw. Informationen unter welchen Voraussetzungen maschinell übersetzt werden dürfen. Denkbar ist die Nutzung von internen Tools, bei denen die Informationen die Verwaltung nicht verlassen oder bei denen sichergestellt werden kann, dass Daten weder gespeichert noch an Dritte weitergegeben werden.

Beachtung der Geheimhaltungs- und Sicherheitsvorgaben

Innerhalb der Verwaltung gibt es eine Reihe von Informationen, deren Bearbeitung besonderen Vertraulichkeits- und Sicherheitsanforderungen untersteht. Sei es, weil sie besonders klassifiziert sind («vertraulich» oder «geheim»), sei es, weil es sich um Personendaten oder andere sensible Informationen handelt.

Für Dokumente, die vertrauliche oder geheime Informationen enthalten, kommt eine maschinelle Übersetzung ausschliesslich in Betracht, wenn die Lösung auf den internen Servern installiert wird oder wenn die betreffende externe Lösung zertifiziert ist (z. B. nach ISO 27001), eine volle Transparenz bezüglich Datenflüsse und Cybersicherheit gewährleistet und die betroffene staatliche Stelle die Lösung auditiert und bewilligt. Bei Personendaten muss die Verwaltung die Rechtslage im Einzelfall ebenfalls prüfen, wobei in diesem Bereich Zurückhaltung geboten ist. Unproblematisch ist der Gebrauch von Übersetzungstools für Texte, die dem persönlichen Austausch innerhalb der Verwaltung dienen.

Bei Dokumenten, die besonderen Vertraulichkeits- und Sicherheitsanforderungen unterstehen, kommt in der Regel nur die Nutzung von internen bzw. zertifizierten externen Übersetzungstools in Betracht. In diesem Fall steht bei der Bearbeitung die Integrität der enthaltenen Information im Vordergrund. Dies gilt besonders für Informationen, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

«Bei amtlichen Informationen birgt maschinelle Übersetzung Reputations- und Haftungsrisiken. Transparenz und klare Hinweise auf mögliche Fehler sind erforderlich.»

Stephanie Volz, Geschäftsführerin ITSL UZH

Beachtung von Reputations- und Haftungsrisiken

Wenn Informationen grundsätzlich für die Öffentlichkeit zugänglich sind oder mittels interner Tools übersetzt werden, heisst das nicht, dass sie einer maschinellen Übersetzung ohne Restriktionen zugänglich sind, im Gegenteil: Trotz der aufgezeigt guten Qualität maschineller Übersetzungen sind sprachliche Ungenauigkeiten oder Fehler in der Übersetzung zu erwarten. Solche Fehler können zu Reputationsschäden führen. Handelt es sich um offizielle amtliche Informationen, besteht ein Haftungsrisiko für falsche Auskünfte, wenn auf dem Dokument nicht deutlich (z. B. durch Wasserzeichnen) darauf hingewiesen wird, dass es sich um eine rein maschinelle Übersetzung handelt und sie fehlerhaft sein kann. Im Falle von offiziellen amtlichen Informationen, die nicht mit einem solchen klaren Hinweis publizierbar sind, sollte die Verwaltung deshalb eine professionelle Übersetzung vorziehen.

Sicherstellung von Transparenz

Wichtig ist, dass die Verwaltung über die Verwendung eines maschinellen Übersetzungsdienstes aufklärt. Für die Nutzenden muss klar erkennbar sein, dass ein Text maschinell übersetzt wurde. Wichtig ist auch der Hinweis, dass die maschinelle Übersetzung Fehler oder Ungenauigkeiten enthalten kann.

Das folgende Kapitel beschreibt zwei Beispiele aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung. Neben den rechtlichen Grundlagen stand das Prüfen verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten im Vordergrund. Es geht nicht darum, spezifische Produkte oder Dienste zu vergleichen, sondern Verwaltungseinheiten aufzuzeigen, wie sie für sie passende, KI-basierte Übersetzungslösungen finden können.

IV. Handelsregister und Fachstelle Integration als Fallbeispiele

Zwei auf maschinelle Übersetzung spezialisierte Start-ups haben unabhängig voneinander zwischen März und Juni 2022 KI-Vorhaben in die «Innovation-Sandbox für KI» eingereicht. Aufgrund der thematischen Überschneidungen haben die beteiligten Partner die beiden Fallbeispiele im Rahmen der Sandbox gleichzeitig umgesetzt, um verschiedene Aspekte desselben Themas zu beleuchten.

  • Neur.on ist ein LegalTech-Start-up, das mithilfe von KI die spezifischen Übersetzungsprobleme und Vertraulichkeitsbedürfnisse in den Bereichen Recht, Steuern und Bankwesen adressiert
  • Textshuttle ist ein Spin-off der Universität Zürich und entwickelt massgeschneiderte und KI-basierte Übersetzungssysteme mit einem Fokus auf Datensicherheit und Kontrollierbarkeit

Die Zusammenarbeit mit beiden Dienstleistern war äusserst produktiv. Beide Lösungen haben klare Stärken, wobei die Zielsetzungen der zwei Fallbeispiele sehr unterschiedlich waren. Die Chancen und Herausforderungen der jeweiligen Lösungen können nicht über die konkreten Anwendungsfälle hinaus verallgemeinert werden. Die Innovation im Bereich maschinelle Übersetzung und die Produktentwicklungen durch Neur.on und Textshuttle schreiten so schnell voran, dass die Ergebnisse des vorliegenden Berichts schon bald nicht mehr aktuell sein werden, da neue technische Funktionalitäten eingeführt werden. Das Ziel ist es, im Kontext der öffentlichen Verwaltung Wege aufzuzeigen, wie sie das Thema maschinelle Übersetzung konstruktiv und verantwortungsvoll vorantreiben kann. Die folgenden beiden Abschnitte beschreiben die jeweiligen Anwendungsfälle.

Spezifisches Übersetzungsmodell für das Handelsregister des Kantons Schwyz

Kantonale Handelsregisterämter sind für das Schweizer Wirtschaftsleben zentrale Anlaufstellen. Sie erfassen und verwalten wichtige Informationen über im Kanton ansässige Unternehmen und machen diese öffentlich zugänglich. Handelsregisterauszüge spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie dienen als offizielle Dokumente, die Daten zu Firmennamen, Rechtsform, Sitz, Zweck, vertretungsberechtigten Personen sowie Details zu Kapitalstrukturen zusammenfassen.

Die öffentliche Zugänglichkeit dieser Auszüge ist von grosser Bedeutung. Sie gewährleistet Transparenz und Vertrauen im Geschäftsverkehr, indem sie es ermöglichen, sich über potenzielle Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner zu informieren und deren Glaubwürdigkeit zu überprüfen.

Handelsregisterauszüge in Fremdsprachen

Die Notwendigkeit, Handelsregisterauszüge in verschiedenen Sprachen zu nutzen, ergibt sich aus dem internationalen Geschäftsverkehr. Die Schweiz, mit ihrer mehrsprachigen Bevölkerung und ihrer Rolle als globale Wirtschaftsakteurin, sieht sich einer Vielzahl von internationalen Investorinnen und Investoren, Partnerinnen und Partnern sowie Kundinnen und Kunden gegenüber. Die Verfügbarkeit von Auszügen in mehreren Sprachen erleichtert den internationalen Handel und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, indem sie sprachliche Barrieren abbaut und den Zugang zu relevanten Unternehmensinformationen für nicht deutschsprachige Interessentinnen und Interessenten vereinfacht.

Die Übersetzung von Handelsregisterauszügen erfolgt in der Regel auf zwei Arten: Einerseits werden generische Übersetzungstools, die kostenlos im Internet verfügbar sind, genutzt, um eine schnelle und einfache Übersetzung zu erhalten. Diese Tools sind für allgemeine Zwecke konzipiert und bieten eine grundlegende Übersetzungsfähigkeit, die für unkomplizierte Texte ausreichend sein kann. Anderseits, insbesondere wenn es um amtlich zertifizierte Auszüge geht, ist der Einsatz akkreditierter Expertinnen und Experten für Übersetzungen erforderlich. Diese Fachübersetzerinnen und Fachübersetzer sind nicht nur in der Lage, die sprachliche Genauigkeit zu gewährleisten, sondern verstehen auch die spezifischen juristischen Fachbegriffe und Konzepte, die in solchen Dokumenten häufig vorkommen. Da viele juristische Begriffe kein direktes Äquivalent in anderen Sprachen haben, ist die Expertise einer Fachübersetzerin oder eines Fachübersetzers unerlässlich, um die Bedeutung korrekt zu übertragen und Missverständnisse zu vermeiden.

Regelmässigkeit als Vorteil für maschinelle Übersetzung

Handelsregisterauszüge eignen sich besonders gut für den Einsatz maschineller Übersetzungstechnologien. Dies liegt an ihrer standardisierten Struktur und der wiederkehrenden Verwendung bestimmter Begriffe und Phrasen. Maschinelle Übersetzungssysteme, insbesondere solche, die auf KI basieren, können von dieser Regelmässigkeit profitieren. Sie sind in der Lage, Muster zu erkennen und zu lernen, was eine effiziente und konsistente Übersetzung ermöglicht.

Trotz dieser Vorteile bleibt die Herausforderung bestehen, dass Handelsregisterauszüge oft komplexe juristische Fachbegriffe enthalten, die eine sorgfältige und präzise Übersetzung erfordern. Hier liegt das Potenzial, maschinelle Übersetzung mit menschlicher Expertise zu kombinieren, um sowohl Effizienz als auch Genauigkeit zu gewährleisten.

Spezifisches Modell für Handelsregisterauszüge

Neur.on hat ein spezialisiertes Übersetzungsmodell entwickelt, das auf die Bedürfnisse des Handelsregisters des Kantons Schwyz zugeschnitten ist. Grundlage für das Training des spezifischen Modells bildeten rund 20’000 Registereinträge. Dieses Projekt startete zunächst mit der Entwicklung eines Modells für die Übersetzung vom Deutschen ins Englische. In einem nächsten Schritt sind die Landessprachen Französisch und Italienisch vorgesehen. Ein entscheidender Aspekt war die Optimierung des Modells, basierend auf dem Experten-Input des Leiters des Handelsregisters sowie dem Einbezug von Fachpersonen von Neur.on. Ziel ist es, eine Downloadfunktion bereitzustellen, wobei die Dokumente klar mit «maschinell erzeugte Übersetzung» gekennzeichnet werden, damit Nutzende qualitativ hochwertige Übersetzungen direkt herunterladen können. Der maschinell übersetzte Handelsregisterauszug kann die von einer Fachübersetzerin oder einem Fachübersetzer angefertigte Übersetzung eines Handelsregisterauszugs jedoch nicht ersetzen.

Die Umsetzung dieses Projekts war mit mehreren Herausforderungen verbunden:

  • Datenexport: Eine erste Herausforderung war der Export der Daten aus einem System zur Informationsverwaltung, das ursprünglich nicht für solche Zwecke konzipiert wurde. Der IT-Dienstleister, der dieses System entwickelt hatte, konnte den Export jedoch erfolgreich durchführen.
  • Datenaufbereitung: Neur.on hat diese Daten anschliessend umgewandelt, sodass sie von Übersetzerinnen und Übersetzern sowie KI-Spezialistinnen und -Spezialisten bearbeitet werden konnten.
  • Terminologische Herausforderungen: Eine Analyse der verschiedenen Gesellschaftstypen (z. B. Kollektivgesellschaft, Aktiengesellschaft usw.) offenbarte komplexe terminologische Herausforderungen, insbesondere bei der Suche nach englischen Äquivalenten für juristische Begriffe. Das Projektteam hat auch neueste Entwicklungen in Bezug auf geschlechtergerechte Sprache berücksichtigt.
  • Juristische Recherche und Diskussion: Es folgten juristische Recherchen und die Vorbereitung einer Vorschlagsliste zur Diskussion mit Fachpersonen des Handelsregisters. Besonders interessant waren hierbei die Verknüpfungen juristischer Aspekte mit aktuellen Sprachentwicklungen.
  • Implementierung und Konsistenz: Bei der Bearbeitung der Handelsregisterauszüge offenbarten sich Inkonsistenzen bei den Wortkombinationen und Ausdrücken der Quelldaten. Um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden, hat das Projektteam diese Unstimmigkeiten im Zieltext bereinigt, um eine konsistente Terminologie zu gewährleisten.

Erkenntnisse aus dem Anwendungsfall Handelsregisterauszüge

Mit den beschriebenen Massnahmen hat das Projektteam eine gute und konsistente Datengrundlage geschaffen. Sie ist die Voraussetzung für das Training einer robusten, spezialisierten Übersetzungslösung. Das spezifische Modell kann mit grosser Variabilität umgehen und liefert zuverlässige Ergebnisse, was sich bei einer Evaluation der auf Englisch übersetzten Inhalte, gezeigt hat.

Abbildung 1 Maschinelle Übersetzung
Abbildung 1: Diese Abbildung ist ein Entwurf, um konkrete Inhalte der maschinellen Übersetzung von Handelsregisterauszügen durch Neur.on zu demonstrieren. Nutzende können nach dem erfolgreichen Projektabschluss die vollständigen, übersetzen Auszüge direkt von der Handelsregister-Website herunterladen.

Die Ergebnisse sind jedoch nicht ohne Weiteres auf andere Sprachen und Dokumenttypen in anderen Verwaltungsbereichen (z. B. Gerichte, Migrationsämter usw.) übertragbar. Nichtsdestotrotz gibt es einige allgemeingültige Erkenntnisse:

  • Gute und konsistente Übersetzungsqualität: Ein enges Einsatzfeld ermöglicht es einem spezifischen Modell, sehr zuverlässige Ergebnisse zu liefern. Das Projektteam hat bei der maschinellen Übersetzung der Handelsregisterauszüge auf Englisch eine hohe Qualität erzielt, was insbesondere auf das Zusammenspiel zwischen dem Training des Modells und dem Input von Expertinnen und Experten zurückzuführen ist. Auch die Konsistenz der Übersetzung war im vorliegenden Anwendungsbereich sehr gut.
  • Besonderheiten von spezifischen Modellen: Neur.on muss das spezifische Modell allerdings bei Gesetzesänderungen entsprechend anpassen. Die Spezifität eines solchen Modells birgt auch Risiken: Die Zuverlässigkeit des Übersetzungsmodell kann abnehmen, wenn das Modell unbekannte Daten verarbeitet. Ein Beispiel ist das Feld «Gesellschaftszweck» auf dem Handelsregisterauszug, in dem Unternehmen ihren Tätigkeitsbereich beschreiben. Dort, wo die Inhaltsvariabilität am grössten ist, besteht auch die grösste Fehlergefahr.
  • Transparenz durch Kennzeichnung als «maschinell erzeugte Übersetzung»: Die Kennzeichnung «maschinell erzeugte Übersetzung» ist von grosser Bedeutung, da maschinelle Übersetzungen nicht perfekt sind. Trotz kontrollierter Prozesse können die Anbieter die Genauigkeit nie vollständig garantieren. Diese Transparenz ist entscheidend, um die Nutzenden auf die Grenzen der maschinellen Übersetzung aufmerksam zu machen.
  • Datensicherheit bei Schweizer Anbietern: Nicht alle Schweizer Anbieter garantieren Schweizer Datenflüsse, insbesondere bei der Verwendung von GPU-Clouds. Für Handelsregisterauszüge, die nicht vertraulich sind, können auch internationale Cloud-Anbieter in der Schweiz oder EU geeignet sein. Bei vertraulichen Daten hingegen müssen Kundinnen und Kunden sich der Gerichtsbarkeit bewusst sein, der auch Schweizer Server unterstehen können. Neur.on ist gemäss dem Standard ISO-27001 zertifiziert, was bedeutet, dass Datenflüsse, -prozesse und -management klar definiert, dokumentiert und auditierbar sind.

Benchmarking von Übersetzungen für die Fachstelle Integration des Kantons Zürich

Die Fachstelle Integration koordiniert die spezifische Integrationsförderung im Kanton Zürich. Diese ergänzt die Integrationsmassnahmen der Regelstrukturen des Bundes, des Kantons und der Gemeinden. Eine zentrale Aufgabe der Fachstelle ist die Kooperation mit den Regelstrukturen und deren Beratung im Bereich der Integrationsförderung. Zudem sind die zivilgesellschaftlichen Organisationen wichtige Ansprech- und Kooperationspartnerinnen. Die Fachstelle nimmt auch in der Informationsvermittlung eine wichtige Rolle ein und unterstützt die Gemeinden bei der Umsetzung ihrer Integrationsaufgaben. Sie trägt ausserdem zur Berücksichtigung von Integrationsanliegen in Gesetzgebung und Verwaltung bei.

Auf der Webseite «Willkommen im Kanton Zürich» erhalten Neuzugezogene erste Informationen für einen guten Start an ihrem neuen Wohnort. Die Webseite beschreibt in verständlicher Sprache Themenbereiche wie Gesundheit, Mobilität und Steuern, damit sich Personen, die neu in der Schweiz sind, ein Bild machen können. Viele dieser Neuzugezogene sprechen noch kein Deutsch. Der Sinn und Zweck der bereitgestellten Informationen ist es, gerade diese Personen zu erreichen. In der Folge haben akkreditierte Übersetzerinnen und Übersetzer in der Vergangenheit die Webseite und dazugehörige Merkblätter auf die im Kanton meist verbreiteten Sprachen übersetzt. Dazu zählen Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Des Weiteren beantwortet die Fachstelle Integration per E-Mail auch immer wieder Anfragen, die in Fremdsprachen eingehen.

Informationen in weiteren Sprachen bereitstellen

Wie kann die Fachstelle Integration wichtige Erstinformationen für Neuzugezogene möglichst vielen Personen zugänglich machen? Übersetzungen durch akkreditierte Übersetzerinnen und Übersetzer sind aus Kostenüberlegungen nur in einem eingeschränkten Umfang möglich. Was sind Alternativen? Können die betroffenen Personen die Informationen selbst mit einem generischen Online-Tool übersetzen? Und falls ja, haben sie die nötigen Kompetenzen, um wichtige Hinweise zu Steuerpflichten und Gesundheitsregelungen korrekt zu übersetzen? Die maschinelle Übersetzung könnte eine Möglichkeit bieten, die Inhalte möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen und gleichzeitig die Qualität der übersetzten Inhalte sicherzustellen. Zusätzlich müssten Verwaltungsangestellte nicht mehr auf frei zugängliche Online-Tools ausweichen, die nicht den Richtlinien der kantonalen Verwaltung entsprechen.

Integration von Verwaltungsterminologie

Textshuttle hat seine Businesslösung für die Fachstelle Integration mit menschlich übersetzten Fachbegriffen angereichert. Dieses Tool zielte darauf ab, die Verwaltungsterminologie in den Übersetzungen ins Englische, Französische, Italienische und Polnische konsistent und akkurat wiederzugeben. Das primäre Ziel war es, herauszufinden, ob die spezifische Übersetzungslösung eine bessere Qualität als generische Online-Übersetzungstools erreichen kann, insbesondere in Bezug auf schweizerische Eigenheiten in der behördlichen Sprache.

Das Projektteam berücksichtigte bei der Hinterlegung der Verwaltungsterminologie mehrere Aspekte:

  • Vermeidung von komplexen und zu langen Begriffen, die aus verschiedenen Wörtern bestehen
  • Korrekte Verwendung von Singular und Plural
  • Richtige Schreibweise einschliesslich Gross- und Kleinschreibung
  • Besondere Schreibweisen (z. B. genderneutrale Sprache)

Das Modell setzt die hinterlegte Verwaltungsterminologie flexibel ein, um eine gute Übersetzungsqualität zu gewährleisten. Das Tool zeigt an, wo bei Übersetzungen die Verwaltungsterminologie verwendet wird. Diese Hervorhebung sensibilisiert Nutzende für die (offizielle) Verwaltungsterminologie.

Beispiel einer Übersetzung mit Textshuttle von Deutsch auf Italienisch.
Abbildung 2: Beispiel der Textshuttle-Businesslösung mit hinterlegter Verwaltungsterminologie der Fachstelle Integration des Kantons Zürich

Einsatz bei informeller Behördenkorrespondenz

Die Fachstelle Integration setzte das Textshuttle-Tool für die informelle Kommunikation mit Neuzugezogenen ein. Dabei griffen die Übersetzungen auf die hinterlegte Verwaltungsterminologie. Die verantwortlichen Mitarbeitenden haben bei jedem Schreiben einen wichtigen Hinweis auf Deutsch und in der jeweiligen Fremdsprache eingesetzt:

«Die Inhalte dieses E-Mails wurden aus dem Deutschen maschinell übersetzt. Die Übersetzungen können Ungenauigkeiten oder Fehler enthalten. Die Nutzenden kennen und tragen das Risiko allfälliger Fehler und Ungenauigkeiten bei der Übersetzung. Die Fachstelle Integration übernimmt dafür keine Verantwortung. Verbindlich ist die deutsche Version.»

Die Fachstelle Integration setzte die maschinelle Übersetzung von Textshuttle für Englisch, Französisch und Spanisch ein, da in diesen Sprachen die meisten Anfragen eintrafen. Im Arbeitsalltag ersetzte dieses Tool die zuvor von den verantwortlichen Personen selbst entworfenen fremdsprachigen E-Mails. Ohne Zugriff auf ein spezifisches Verwaltungstool wie Textshuttle verwenden Verwaltungsangestellte in der Praxis oftmals generische und frei verfügbare Online-Dienste, welche die Inhalte der Übersetzung extern speichern und für die Weiterentwicklung nutzen.

Eine Herausforderung stellte das Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Anwendungen als zusätzlicher Arbeitsaufwand dar, was die Frage aufwarf, ob sich der Einsatz aus Effizienzgründen lohnt. Idealerweise sind maschinelle Übersetzungstools in die Verwaltungsapplikationen integriert. Textshuttle bietet diese Möglichkeit an. Das Projektteam hat dies für das vorliegende Fallbeispiel jedoch bewusst ausgeklammert.

Auch bei der Übersetzung von vollständigen Dokumenten lieferte das Tool sehr gute Ergebnisse und behielt die Dokumentformate korrekt bei. Da das Projektteam bei der informellen Behördenkorrespondenz keine direkten Feedbacks zur Qualität der Übersetzungen erhoben hat, war es schwierig, ein Fazit zu ziehen. Ein separates Benchmarking evaluierte deshalb das Tool, um die Leistungsfähigkeit und Genauigkeit der Übersetzungen durch Expertinnen und Experten zu beurteilen.

Benchmarking anhand Erstinformationen für Neuzugezogene

Der erwähnte Text auf der Webseite «Willkommen im Kanton Zürich» bildete die Grundlage für das Benchmarking der Übersetzungslösungen. Dieser Text zeichnet sich durch seine einfache Verständlichkeit aus. Die Inhalte eignen sich aufgrund zahlreicher Verwaltungsbegriffe aus unterschiedlichen Themenbereichen (z. B. «Prämienverbilligung» oder «Aufenthaltsbewilligung») für die Evaluation maschineller Übersetzung behördlicher Sprache.

Übersetzerinnen und Übersetzer evaluierten in einem Blindtest mehrere Übersetzungsvarianten, darunter DeepL Pro, Textshuttle mit hinterlegter Verwaltungsterminologie sowie eine menschliche Übersetzung. Ziel war es, herauszufinden, ob Textshuttle durch das Hinterlegen der Verwaltungsbegriffe Vorteile erzielen konnte. Das Textshuttle-Modell hat je nach Sprache unterschiedlich viele der hinterlegten Begriffe verwendet. Das Textshuttle-Modell verwendete je nach Sprache zwischen 119 (Polnisch) und 139 (Englisch) hinterlegte Verwaltungsbegriffe.

Vorbemerkungen zur Evaluation

Es ist wichtig, zu betonen, dass es sich bei dieser Evaluation nicht um eine wissenschaftliche Studie, sondern um eine praxisbezogene Überprüfung handelt. Die Anzahl der Evaluationen pro Sprache war mit nur drei Bewertungen sehr gering (insgesamt zwölf Evaluationen). Die qualitative Bewertung der drei Übersetzungsvarianten würde mit anderen Übersetzerinnen und Übersetzern sehr wahrscheinlich anders ausfallen. Es zeigten sich grosse Unterschiede in der Bewertung durch die Übersetzerinnen und Übersetzer, die z. B. sinngemässe Übersetzung durch Menschen im Vergleich zu wörtlichen Übersetzungen negativ beurteilten. Eine mögliche Erklärung ist hier wohl eher die Anlage der Evaluation. Sinngemässe Übersetzungen sind in der Praxis oft sinnvoll. Das Ziel der Evaluation war es also, nicht eine Scheingenauigkeit in der Bewertung konkreter Lösungen zu suggerieren. Das Benchmarking sollte vielmehr einen Weg aufzeigen, wie Verwaltungseinheiten Übersetzungslösungen für ihre Zwecke vergleichen und bewerten können. Die Ergebnisse sind nicht über den bestimmten Anwendungsfall hinaus verallgemeinerbar.

Für die Bewertung der Übersetzungen wurden folgende Kriterien herangezogen*:

  • Genauigkeit: Überträgt die Übersetzung die ursprüngliche Botschaft präzise?
  • Flüssigkeit: Ist die Übersetzung flüssig und leicht lesbar?
  • Terminologie: Wird insbesondere die Verwaltungsterminologie, wie beispielsweise «Aufenthaltsbewilligung», korrekt und konsistent verwendet?
  • Grammatik: Sind die Übersetzungen grammatikalisch korrekt?
  • Vollständigkeit: Werden alle Inhalte ohne Hinzufügen oder Weglassen von Informationen übersetzt?
  • Kulturelle Angemessenheit: Berücksichtigt die Übersetzung kulturelle Nuancen und Sensibilitäten der Zielgruppe, beispielsweise Neuzugezogene mit Migrationshintergrund?

Die Ergebnisse dieses Benchmarkings liefern wertvolle Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit und Grenzen der verschiedenen Übersetzungsdienste. Sie bieten zudem wichtige Anhaltspunkte für die weitere Entwicklung und Anpassung von Übersetzungstools im behördlichen Kontext, insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse von Neuzugezogene.

*Für die detaillierten Ergebnisse entlang der Kriterien siehe Anhang

DeepL Pro

  • Englisch: Die Übersetzung ins Englische durch DeepL wurde sehr positiv bewertet, insbesondere im Hinblick auf die Grammatik.
  • Französisch: Französische Übersetzungen wurden ebenfalls als sehr gut eingestuft, wobei die Grammatik und Vollständigkeit hervorgehoben wurden.
  • Italienisch: Im Gegensatz dazu war die Qualität der italienischen Übersetzungen eher schlecht, insbesondere bei der Verwaltungsterminologie, wo grosse Probleme festgestellt wurden. Auch die Flüssigkeit und kulturelle Angemessenheit wurde negativ beurteilt.
  • Polnisch: Auch bei einer in der Schweiz weniger verbreiteten Sprache wie Polnisch erzielte DeepL Pro sehr gute Ergebnisse, was die internationale Ausrichtung und Kompetenz des Anbieters unterstreicht.
  • Diverses: Über alle Sprachen hinweg wurde die grammatikalische Korrektheit der Übersetzungen durch DeepL Pro sehr positiv bewertet.

Textshuttle mit Verwaltungsterminologie

  • Englisch: Die englischen Übersetzungen durch Textshuttle wurden als positiv bewertet, insbesondere in der Genauigkeit, Flüssigkeit und Vollständigkeit. Dies unterstreicht die Kompetenzen von Textshuttle als lokaler Anbieter, der auf in der Schweiz gängige Sprachen wie Englisch fokussiert.
  • Französisch: Die Ergebnisse für Französisch waren weder besonders gut noch besonders schlecht. Die Flüssigkeit wurde als positiv bewertet.
  • Italienisch: Bei italienischen Übersetzungen konnte ein klarer Mehrwert durch die Verwaltungsterminologie erzielt werden. Auch die Flüssigkeit wurde positiv beurteilt.
  • Polnisch: Im Polnischen wurde die Übersetzung eher schlecht beurteilt. Selbst die hinterlegte Verwaltungsterminologie zeigte im Gesamtkontext keine positiven Effekte.
  • Diverses: Über alle Sprachen hinweg wurde die Flüssigkeit der Übersetzungen durch Textshuttle sehr positiv bewertet.

Menschliche Übersetzung

  • Englisch: Die englische Übersetzung wurde weder besonders gut noch besonders schlecht beurteilt, wobei die Flüssigkeit positiv evaluiert wurde.
  • Französisch: Französisch wurde gut bewertet, teilweise jedoch als umständlich formuliert empfunden (Individualität der menschlichen Übersetzung).
  • Italienisch: Italienische Übersetzungen wurden relativ gut bewertet, wobei insbesondere die Genauigkeit hervorgehoben wurde.
  • Polnisch: In komplexen Sprachen wie Polnisch war die menschliche Übersetzung deutlich überlegen, mit der grössten Diskrepanz zwischen maschineller und menschlicher Übersetzung entlang sämtlicher Kriterien.
  • Diverses: Sinngemässe Übersetzungen ins Englische, Französische und Italienische wurden negativ beurteilt, was vermutlich an der Auslegung der Evaluation lag. Die Bewertungen zeigten insgesamt grosse Diskrepanzen, was die Individualität der menschlichen Übersetzung widerspiegelt.
Benchmarking der Übersetzungsversionen von «Willkommen in Zürich»
Legende – siehe Bewertungskriterien: - Trifft voll zu (4-5) - Trifft eher zu (3-4) - Weder noch (2-3) - Trifft eher nicht zu (1-2) - Trifft nicht zu (0-1)

Fazit des Benchmarkings

Diese Ergebnisse des Benchmarkings liefern wichtige Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen der verschiedenen Übersetzungsdienste. Sie zeigen, dass maschinelle Übersetzungen in einigen Sprachen und Kontexten nahezu mit menschlichen Übersetzungen konkurrieren können, insbesondere in den Landessprachen und Englisch. In komplexeren Sprachen oder bei spezifischer Fachterminologie haben maschinelle Übersetzungen jedoch oftmals Schwierigkeiten. Diese Erkenntnisse sind wertvoll für die weitere Optimierung und Anpassung von Übersetzungstools im behördlichen Bereich.

  • Qualitätsschwankungen zwischen Sprachen: Das Benchmarking hat gezeigt, dass die Qualität der Übersetzungen stark zwischen den Sprachen variiert. Dies gilt auch für die Landessprachen und Englisch, die in der öffentlichen Verwaltung besonders relevant sind.
  • Geringe sprachübergreifende Tendenzen: Bei der Untersuchung fiel auf, dass Unterschiede in der Übersetzungsqualität zwischen verschiedenen Sprachen stärker ins Gewicht fielen als Abweichungen in Bezug auf bestimmte Evaluationskriterien. In den meisten Fällen waren Übersetzungslösungen nicht durchgängig in allen Sprachen präziser oder flüssiger als andere. Dies unterstreicht, dass jede Sprache individuelle Herausforderungen bei der maschinellen Übersetzung aufweist.
  • Vorsicht bei bestimmten Sprachen: Bei bestimmten Sprachen, die in der Schweiz eher selten gesprochen werden und eine hohe Komplexität aufweisen (in diesem Fall Polnisch) ist besondere Vorsicht geboten, da die Qualität der maschinellen Übersetzung bei bestimmten Tools noch unzureichend sein kann.
  • Menschliche Übersetzung im Blindtest: Die menschliche Übersetzung hat im Blindtest nicht durchweg am besten abgeschnitten. Mögliche Gründe dafür könnten sein, dass diese Übersetzungen freier und sinngemässer sind und den Grundtext nicht Wort für Wort übersetzen. Die Bewertungsunterschiede sind in diesem Fall eher auf die Anlage der Evaluation als auf die Qualität der Übersetzung zurückzuführen.
  • Tendenzen der Expertenbewertungen: Obwohl die Bewertungen der Übersetzerinnen und Übersetzer teilweise stark variierten, waren dennoch klare Tendenzen erkennbar. Es bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse mit anderen Übersetzerinnen und Übersetzern sicherlich anders ausgefallen wären, da drei Evaluationen nicht repräsentativ sind.
  • Mehrwert durch Verwaltungsterminologie: Die Anpassung der Übersetzungsdienste durch das Hinterlegen von Verwaltungsterminologie kann einen klaren Mehrwert bieten, wie das Beispiel der italienischen Übersetzungen mit Textshuttle zeigt.

V. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Dieses Kapitel fasst die Erkenntnisse und Empfehlungen zusammen, die auf den Evaluationen zweier spezifischer Anwendungsfälle beruhen: dem Einsatz maschineller Übersetzung im Handelsregister des Kantons Schwyz und dem Benchmarking von Übersetzungen für die Fachstelle Integration des Kantons Zürich. Diese Fälle boten tiefe Einblicke in die praktische Anwendung und Herausforderungen der maschinellen Übersetzung in der öffentlichen Verwaltung. Sie beleuchteten insbesondere die Leistungsfähigkeit verschiedener Übersetzungstools – von generischen Online-Tools bis hin zu spezialisierten Übersetzungsdiensten – im Kontext unterschiedlicher Sprachen und Fachterminologien. Diese Erkenntnisse sind die Grundlage für die folgenden Schlussfolgerungen und strategischen Empfehlungen, welche die zukünftige Nutzung und Entwicklung von Übersetzungstechnologien in der öffentlichen Verwaltung vorantreiben sollen.

  • Menschliche Übersetzung als Goldstandard: Trotz der Fortschritte in der maschinellen Übersetzung bleibt die menschliche Übersetzung der Goldstandard für belastbare und amtlich zertifizierte Dokumente. Die Untersuchungen haben aufgezeigt, dass auch bei weniger kritischen Übersetzungen signifikante Herausforderungen im Bereich der maschinellen Übersetzung bestehen.
  • Variabilität und Qualität menschlicher Übersetzungen: Im Verwaltungskontext zeigte sich, dass menschliche Übersetzungen eine hohe Variabilität aufweisen und nicht per se maschinellen Übersetzungen überlegen sind.
  • Grenzen generischer Übersetzungstools: Generische Übersetzungstools stossen an ihre Grenzen, wenn es um das Erfassen und korrekte Übersetzen des spezifischen Schweizer Verwaltungsjargons geht. Ihre Qualität variiert je nach Sprache stark.
  • Mehrwert durch Anpassung an Verwaltungsterminologie: Die Anpassung von Übersetzungsdiensten durch das Hinterlegen von Verwaltungsterminologie bietet einen klaren Mehrwert. Diese Praxis kann die Genauigkeit und Konsistenz der Übersetzungen erheblich verbessern.
  • Vorteile von Schweizer Anbietern: Im Vergleich zu internationalen Anbietern ist davon auszugehen, dass Schweizer Anbieter mehr in die Übersetzungsqualität der Landessprachen investieren und Eigenheiten der Schweizer Sprachen besser berücksichtigen. Unabhängig von der Übersetzungsqualität können Schweizer Anbieter mit lokaler Datenspeicherung deutliche Vorteile in Bezug auf Datensicherheit gegenüber vielen internationalen und frei verfügbaren Anbietern erzielen.
  • Umgang mit generischen Modellen und Online-Diensten: Verwaltungsangestellte verwenden in der Praxis häufig generische Modelle und frei verfügbare Online-Dienste. Ein von der Verwaltung gesteuertes, spezifisches Übersetzungstool ist daher empfehlenswert, um Qualität und Datensicherheit zu gewährleisten. Optimalerweise sollten solche Tools auch die Übersetzung sensibler Daten ohne zusätzliche Massnahmen ermöglichen.
  • Entwicklung spezifischer Übersetzungsmodelle für die Verwaltung: Das Training und die Anpassung von Übersetzungsmodellen, basierend auf Verwaltungstexten und spezifischen Bedürfnissen verschiedener Ämter, bieten signifikante Vorteile. Die Schaffung eines umfassenden Übersetzungsmodells für die Verwaltung, das an die individuellen Präferenzen und Terminologien angepasst werden kann, stellt eine effektive Strategie zur Verbesserung der Übersetzungsqualität dar.
  • Bedeutung von Fachexpertise und Präferenzen: Für das Feintuning von Übersetzungsmodellen ist die Expertise von Fachpersonen unerlässlich. Unterschiedliche Präferenzen von Ämtern oder Verwaltungseinheiten müssen dabei berücksichtigt werden.
  • Trade-offs bei spezifisch trainierten Modellen: Aktuell funktionieren spezifisch trainierte Modelle gut in eng definierten Anwendungsbereichen, weisen jedoch Schwächen bei allgemeineren Übersetzungsaufgaben auf. Es zeichnet sich allerdings ab, dass anhand der Weiterentwicklung von Large Language Models eine bessere Verallgemeinerbarkeit erzielt werden kann.
  • Notwendigkeit der Überprüfung durch Übersetzerinnen und Übersetzer: Trotz der stetigen Verbesserung maschineller Übersetzungssysteme bleibt die kritische Überprüfung und Anpassung durch ausgebildete Übersetzerinnen und Übersetzer unerlässlich. Dies gilt insbesondere für offizielle und wichtige Dokumente.
  • Integration in Verwaltungsapplikationen: Aus Produktivitätsgründen sollten Übersetzungstools in die Verwaltungsapplikationen integriert werden, um eine effizientere und nahtlose Nutzung zu ermöglichen. Dies ist in der Praxis mit erheblichem Aufwand verbunden, da die Integration in bestehende Systeme technisch oftmals anspruchsvoll ist.

VI. Anhang mit Ergebnissen des Benchmarkings

Die Ergebnisse des Benchmarkings liefern wertvolle Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit und Grenzen der verschiedenen Übersetzungsdienste. Sie bieten zudem wichtige Anhaltspunkte für die weitere Entwicklung und Anpassung von Übersetzungstools im behördlichen Kontext, insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse von Neuzugezogenen.

Für die Bewertung der Übersetzungen wurden folgende Kriterien herangezogen:

  • Genauigkeit: Überträgt die Übersetzung die ursprüngliche Botschaft präzise?
  • Flüssigkeit: Ist die Übersetzung flüssig und leicht lesbar?
  • Terminologie: Wird insbesondere die Verwaltungsterminologie, wie beispielsweise «Aufenthaltsbewilligung» korrekt und konsistent verwendet?
  • Grammatik: Sind die Übersetzungen grammatikalisch korrekt?
  • Vollständigkeit: Werden alle Inhalte ohne Hinzufügen oder Weglassen von Informationen übersetzt?
  • Kulturelle Angemessenheit: Berücksichtigt die Übersetzung kulturelle Nuancen und Sensibilitäten der Zielgruppe, beispielsweise Neuzugezogene mit Migrationshintergrund?

Hinweis: Die folgende Auswertung stützt sich auf lediglich drei Bewertungen von Übersetzinnen und Übersetzern in den jeweiligen Sprachen (insgesamt zwölf Evaluationen). Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Studie, sondern um ein Fallbeispiel aus der Praxis. Die Ergebnisse sind nicht über den Anwendungsfall (siehe Kapitel 4) hinaus verallgemeinerbar. Das Ziel ist es, aufzuzeigen, wie die Verwaltung maschinelle Übersetzungslösungen im Hinblick auf spezifische Anwendungsfälle evaluieren kann. Für die Bewertung stützt sich auf sechs Kriterien. Die Übersetzinnen und Übersetzer haben darüber hinaus spezifische Beispiele (Ungenauigkeiten, Fehler usw.) dokumentiert.

DeepL Pro
Legende – siehe Bewertungskriterien: - Trifft voll zu (4-5) - Trifft eher zu (3-4) - Weder noch (2-3) - Trifft eher nicht zu (1-2) - Trifft nicht zu (0-1)
Textshuttle mit Verwaltungsterminologie
Legende – siehe Bewertungskriterien: - Trifft voll zu (4-5) - Trifft eher zu (3-4) - Weder noch (2-3) - Trifft eher nicht zu (1-2) - Trifft nicht zu (0-1)
Menschliche Übersetzung
Legende – siehe Bewertungskriterien: - Trifft voll zu (4-5) - Trifft eher zu (3-4) - Weder noch (2-3) - Trifft eher nicht zu (1-2) - Trifft nicht zu (0-1)

Fallbeispiel

Als Fallbeispiel innerhalb der «Innovation-Sandbox für KI» dienten die beiden Unternehmen Neur.on und Textshuttle. Beide Organisationen haben gleichzeitig Projekte zum Thema maschinelle Übersetzung in die Sandbox eingereicht. Dank dem Handelsregister des Kantons Schwyz und der Fachstelle Integration des Kantons Zürich als Umsetzungspartner konnten zwei Anwendungsfälle zwischen Januar und Dezember 2023 realisiert werden. Die Inhalte des vorliegenden Berichts beruht auf diesen konkreten Fallbeispielen.

Maschinelle Übersetzung – Empfehlungen für die Verwaltung

Maschinelle Übersetzung – Empfehlungen für die Verwaltung
Maschinelle Übersetzung – Empfehlungen für die Verwaltung
Herausgeber/in
Kanton Zürich, Innovation Zurich, Metropolitankonferenz Zürich
Publikationsdatum
Februar 2024
Autor/in
Raphael von Thiessen, Stephanie Volz

Autorin und Autor

Raphael von Thiessen

Leiter Innovation-Sandbox für KI, Standortförderung Kanton Zürich

Dr. iur. Stephanie Volz

Rechtsexpertin Innovation-Sandbox für KI, Geschäftsführerin ITSL Universität Zürich

Kontakt

Amt für Wirtschaft - Standortförderung

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Walchestrasse 19
8090 Zürich
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