Autobesitz und -kosten

Kapitelnr.
8.1.08.
Publikationsdatum
23. Juni 2012
Kapitel
8 Situationsbedingte Leistungen (WSH)
Unterkapitel
8.1. Situationsbedingte Leistungen

Rechtsgrundlagen

§ 15 SHG § 17 SHV SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.2 SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.8

Erläuterungen

1.Allgemeines

Wer Leistungen der Sozialhilfe beansprucht, hat zunächst – soweit zumutbar – auf die eige-nen Vermögenswerte zurückzugreifen (Subsidiaritätsprinzip; § 14 SHG). Was Motor-fahrzeuge betrifft ist festzuhalten, dass solche grundsätzlich zu realisieren, das heisst zu verkaufen sind. Dabei sind jedoch folgende Ausnahmen zu beachten: a. Keine Verwertung ist zu verlangen, wenn ein Motorfahrzeug für die Ausübung einer Er-werbstätigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Allerdings besteht auch in diesem Fall nur Anspruch auf ein zweckmässiges (das heisst günstiges) Fahrzeug (VB.2003.00407, E. 2.2.1). b. Liegt der Wert des Motorfahrzeuges (zusammen mit den übrigen Vermögenswerten) un-ter dem im konkreten Fall geltenden Vermögensfreibetrag (vgl. dazu SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1, und Sozialhilfe-Behördenhandbuch, Kapitel 9), ist zu prüfen, welche Un-kosten ein privates Motorfahrzeug der unterstützten Person tatsächlich verursacht und ob sie diese Unkosten ohne zusätzliche Verschuldung aus dem Grundbedarf für den Le-bensunterhalt tragen kann. Ist dies der Fall, ist auf eine Verwertung zu verzichten. Würde eine unterstützte Person generell zum Verzicht auf die Benutzung eines Autos gezwun-gen, so stünde ihr dadurch zwar ein gewisser Mehrbetrag für andere Ausgabepositionen des Grundbedarfs zur Verfügung. Jedoch würde damit auch unnötig in ihre Dispositions-freiheit eingegriffen (VB.2009.00563, E. 2.4; vgl. auch Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo] 1999 S. 122 ff.).

2.Berücksichtigung von Autokosten als situationsbedingte Leistungen

2.1. Erwerbsunkosten Die Autokosten sind als Erwerbsunkosten ins Unterstützungsbudget aufzunehmen, wenn die unterstützte Person für den Arbeitsweg auf ein Auto angewiesen ist (vgl. dazu Kapitel 8.01.06). Auf ein Auto angewiesen ist die unterstützte Person dann, wenn das Fahrziel nicht auf zumutbare Weise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann (SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.2).

2.1. Berücksichtigung der Autokosten aus gesundheitlichen Gründen Können Fahrten zu krankheitsbedingten Terminen nicht mit dem öffentlichen Verkehr zu-rückgelegt werden oder ist die Benutzung des öffentlichen Verkehrs aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht möglich oder nicht zumutbar, sind Auslagen für ein privates Motor-fahrzeug im Unterstützungsbudget zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn soziale Kontakte und alltägliche Besorgungen aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht mit dem öffentlichen Verkehr wahrgenommen werden können. Beispiele:

  • Die unterstützte Person oder Familienangehörige im gleichen Haushalt müssen regel-mässig Arzttermine wahrnehmen oder Therapien besuchen, die mit dem öffentlichen Verkehr nicht oder nicht in zumutbarer Weise erreichbar sind.
  • Die unterstützte Person oder Familienangehörige im gleichen Haushalt leiden an einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, welche die Benützung des öffentlichen Verkehrs verunmöglicht oder als unzumutbar erscheinen lässt und notwendige Termine, soziale Kontakte, alltägliche Besorgungen wie z.B. der Einkauf etc. können nicht auf andere Weise als mit einem Motorfahrzeug wahrgenommen bzw. erledigt werden. Zu prüfen ist dabei immer, ob es sinnvolle, kostengünstigere Alternativen gibt, wie z.B. die Benützung des Tixi-Taxis, Schultransporte oder Ähnliches.

3.Ausgestaltung der Anrechnung von Autokosten

Bei längerfristigen Unterstützungen empfiehlt sich eine Monatspauschale, die alle normalen Betriebskosten für das Auto abdeckt. Grundlage dafür bilden die Kilometerkosten für den Ar-beitsweg (Benzinverbrauch, Steuern, Versicherung, Servicekosten etc.). Bei kurzfristigen Un-terstützungen steht eher eine auf die Benzinkosten für den Arbeitsweg reduzierte Pauschale im Vordergrund. Nicht in die Pauschale einbezogene Kosten sind zu vergüten, wenn sie an-fallen. Die Kosten für die in der Freizeit gefahren Kilometer werden über den Grundbedarf abgedeckt. Im Übrigen müssen auch die Leistungen für die Autokosten auf die Situation des Einzelfalls abgestimmt werden. (vgl. ZeSo 2001 S. 167 f.).

Rechtsprechung

VB.2009.00563: Es ist im Einzelfall zu prüfen, welche Unkosten ein privates Motorfahrzeug einem Sozialhilfeempfänger tatsächlich verursacht und ob er diese Unkosten ohne zusätz-liche Verschuldung aus der Grundbedarfspauschale tragen kann. Würde ein Sozialhilfeemp-fänger generell zum Verzicht auf die Benutzung eines Autos gezwungen, so stünde ihm dadurch zwar ein gewisser Mehrbetrag für andere Ausgabepositionen des Grundbedarfs zur Verfügung. Jedoch würde damit auch unnötig in seine Dispositionsfreiheit eingegriffen (E. 2.4). Unter den vorliegenden Umständen erweist sich die Weisung, die Schilder des Mo-torfahrzeuges zu hinterlegen bzw. dieses zu verkaufen, als unverhältnismässig (E. 2.5). VB.2009.00217: Ausrichtung von Beiträgen an das private Auto der Beschwerdeführenden,

da deren Tochter behindert ist. Der Transport der Tochter zu Therapien und Arztbesuchen kann durch das Tixi-Taxi durchgeführt werden (E. 5.1). Ob ein Schultransport nötig ist, kann offen gelassen werden. Aufgrund des im Sozialhilferecht geltenden Subsidiaritätsprinzips wäre ohnehin zunächst bei der Schulbehörde abzuklären, ob sie einen Transport anbietet (E. 5.2). Es ergibt sich aus den Akten nicht, dass die Beschwerdeführenden aufgrund ihres Gesundheitszustands selbst auf ein Auto angewiesen sind (E. 5.3). Auch wenn die Kosten für das Tixi-Taxi in der Höhe annähernd dem bisher ausgerichteten Kostenbeitrag für das private Auto gleichkommen, lässt sich daraus kein Anspruch auf Weiterbezahlung der Auto-kosten ableiten (E. 5.4). VB.2007.00461: Die Sozialbehörde verpflichtete die Beschwerdeführerin, deren Personen-wagen im Wert von Fr. 17'000.-- zu veräussern, da sie weder beruflich noch gesundheitlich auf den Personenwagen angewiesen sei, und mit dem Erlös die bereits bezogenen Unter-stützungsleistungen zurückzuzahlen und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Bezirksrat wies ihren Rekurs ab und verpflichtete sie, da sie weiterhin unterstützt worden sei, den ge-samten Erlös, vermindert um den Freibetrag von Fr. 4'000.--, der Sozialbehörde zu überwei-sen. Vor Verwaltungsgericht macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe den Perso-nenwagen ihrem Freund abgetreten, als Sicherheit für ihre Schuld ihm gegenüber im Betrag von Fr. 13'500.--. Abweisung der Beschwerde: Es liegt keine reformatio in peius im Vergleich zum Beschluss der Sozialbehörde vor, da der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit durch weitere Unterstützungsleistungen finanziert worden ist. Diese ist bei einer täglichen Arbeitszeit von 11.00 h - 14.00 und da Wohnung und Arbeitsplatz nahe an den Bahnstationen liegen, nicht auf einen Personenwagen angewiesen. Es geht nicht an, ei-nen Vermögenswert auf diese Weise zu Lasten der Sozialhilfe bzw. in Verletzung des sozi-alhilferechtlichen Subsidiaritätsprinzips zur Tilgung von Schulden gegenüber Dritten zu ver-wenden. Die Beschwerdeführerin hat deshalb den Personenwagen unverzüglich zum Ver-kehrswert zu verkaufen und den Erlös, vermindert um den Freibetrag von Fr. 4'000.--, im Umfang der bis zur Rechtskraft dieses Urteils bezogenen Unterstützungsleistungen der So-zialbehörde zu überweisen. Falls sie dieser Weisung nicht nachkommt, ist die Sozialbehörde befugt, in einer neuen Verfügung im Umfang der bezogenen Unterstützungsleistungen einen Betrag zurückzufordern, der dem dannzumaligen Verkehrswert, abzüglich Fr. 4'000.--, ent-spricht. VB.2007.00112, E.4.1: Die Beschwerdeführerin fordert, dass ihr weiterhin eine Autokosten-pauschale zuzusprechen sei. Unbestritten ist, dass sie nicht aus beruflichen Gründen auf ein Auto angewiesen ist, sondern den Arbeitsweg mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückle-gen kann. Insofern sind die Voraussetzungen für die Übernahme der Autokosten gemäss SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.2 der nicht erfüllt. Der Beschwerdeführerin gelingt es auch nicht, substantiiert darzulegen, dass aus gesundheitlichen Gründen die Benützung eines Au-tos für sie unabdingbar ist. Der Entscheid des Bezirksrates erweist sich demnach bezüglich der Autokostenpauschale als rechtmässig. VB.2003.00407, E.2.2.1: Wer Leistungen der Sozialhilfe beansprucht, hat zunächst – soweit zumutbar – auf die eigenen Vermögenswerte zurückzugreifen. Was Motorfahrzeuge betrifft, ist festzuhalten, dass solche grundsätzlich zu realisieren, das heisst zu verkaufen sind; eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Motorfahrzeug für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zwin-gend erforderlich ist, wobei auch in diesem Fall nur Anspruch auf ein zweckmässiges (das

heisst günstiges) Fahrzeug besteht. VB.2003.00146: Übernahme der Kosten für Autoreparatur- und Servicearbeiten am Privat-wagen. Rechtsgrundlagen und Praxis für die Übernahme von situationsbedingten Leistungen im Allgemeinen und von Autokosten im Besonderen: Ist eine unterstützte Person auf ein Au-to angewiesen, sind die entsprechenden Autokosten als Erwerbsunkosten ins Unterstüt-zungsbudget aufzunehmen (E. 2). Der Beschwerdeführer hat nicht nachgewiesen, dass er für seine berufliche Tätigkeit auf ein Auto angewiesen ist. Er muss nämlich heute nicht (mehr) Nachtarbeit leisten, und tagsüber ist der Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln er-reichbar (E. 3d). Ausserdem hat die Gemeinde die Sozialhilfe grosszügig bemessen, na-mentlich situationsbedingte Leistungen im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entrich-tet, die höher waren, als aufgrund des kleinen Beschäftigungsgrad geschuldet (E. 3e). VB.2003.00119: Autokosten sind nur dann ins Unterstützungsbudget aufzunehmen, wenn die unterstützte Person aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen auf ein Fahrzeug angewiesen ist. Die Kosten für die Benützung eines privaten Motorfahrzeugs sind – im Rah-men der Erwerbsunkosten – nur dann zu berücksichtigen, wenn das Fahrziel nicht auf zu-mutbare Weise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann. Ein Beitrag an das Motorfahrzeug kann ferner als weitere situationsbedingte Leistung dann in Frage kom-men, wenn eine unterstützungsbedürftige Person aus gesundheitlichen Gründen auf die Be-nützung eines Motorfahrzeuges angewiesen ist. Gemäss § 17 SHV ist die Sozialhilfe auf der Grundlage der SKOS-Richtlinien zu bemessen, wobei begründete Abweichungen im Einzel-fall vorbehalten bleiben. Dass Autokosten nur dann ins Unterstützungsbudget aufgenommen werden, wenn der oder die Unterstützte aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen auf das Fahrzeug angewiesen ist, entspricht im Übrigen einer langjährigen anerkannten Praxis (vgl. Zeitschrift für Sozialhilfe [ZeSo] 2001, S. 167 f., 1999, S. 122 ff., sowie Zeitschrift für öf-fentliche Fürsorge [ZöF] 1993, S. 141 ff.; siehe auch ZeSo 2000, S. 193). Vorliegend sind keine Gründe für ein Abweichen von den Richtlinien ersichtlich: Zwar ist der Wohnort nicht gut durch den öffentlichen Verkehr erschlossen, doch ist der Beschwerdeführer nicht auf ein Auto angewiesen: Er ist arbeitslos, und die Wahrnehmung von Terminen im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit sowie die Pflege sozialer Kontakte sind auch ohne Auto möglich (E. 3). RRB 302/88 (nicht publiziert): Eine Fürsorgebehörde kann zwar verlangen, dass ihre Hilfe nicht für die Aufwendungen von Motorfahrzeugen verwendet wird. Dazu reicht es aber, keine Autospesen in die Bedarfsrechnung einzubeziehen. Ist dies der Fall, darf die Hilfe nicht zu-sätzlich mit der Auflage verknüpft werden, die Schilder zu deponieren.

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