Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Sozialhilfe-Leistungen aufgrund günstiger Verhältnisse
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Rechtsgrundlagen
Erläuterungen
1.Allgemeines
Nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG kann rechtmässig bezogene wirtschaftliche Hilfe unter Berücksichtigung der Verjährungsfristen (vgl. Kapitel 15.4.01) ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn die Hilfe empfangende Person aus Erbschaft, Lotteriegewinn oder anderen nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführenden Gründen in finanziell günstige Verhältnisse gelangt ist. In Fällen eigener Arbeitsleistung kann eine Rückerstattung nur gefordert werden, wenn diese zu derart günstigen Verhältnissen führt, dass ein Verzicht auf Rückerstattung, unter Berücksichtigung der Gründe des Hilfebezugs, als unbillig erscheint.
Grundsätzlich unerheblich für die Rückerstattungsforderung ist, ob die unterstützte Person im Zeitpunkt der Rückforderung nach wie vor in günstigen Verhältnissen ist oder nicht. Gibt sie also das ihr zugeflossene Vermögen sogleich wieder aus (z.B. zur Tilgung von Schulden), so hat dies keinen Einfluss auf die Rückerstattungsforderung. Auch in einem solchen Fall kann eine Rückerstattung verfügt werden. Die tatsächlichen Vermögensverhältnisse können aber in einem allfälligen Stundungs- oder Erlassverfahren (vgl. Kapitel 15.4.02) berücksichtigt werden.
2.Vermögensanfall und Freibeträge
Wird gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG die Rückerstattung verfügt, ist den Verpflichteten ein angemessener Betrag zu belassen. Dieser beläuft sich bei einer Einzelperson auf Fr. 30'000.-- und bei Ehepaaren bzw. eingetragenen Partnern und Partnerinnen auf Fr. 50'000.--. Zusätzlich ist pro minderjähriges Kind ein Freibetrag von Fr. 15'000.-- zu berücksichtigen (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1 Abs. 2). Übersteigt der Vermögensanfall zusammen mit dem bereits vorhandenen übrigen Vermögen diese Freibetragsgrenzen, kann von günstigen Verhältnissen gesprochen werden. Mussten zur Erlangung des Vermögens Geldmittel eingesetzt werden, ist es in der Regel angezeigt, diese als Gestehungskosten vom Vermögensanfall in Abzug zu bringen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Oktober 2011, VB.2011.00461).
3.Abgrenzung zur Rückerstattung wegen Realisierung von Vermögenswerten
§ 27 Abs. 1 lit. b SHG kommt zur Anwendung, wenn eine Person nach Unterstützungsbeginn durch einen Vermögensanfall oder allenfalls durch eigene Arbeitsleistung in günstige Verhältnisse kommt. Besitzt sie demgegenüber bereits im Zeitpunkt, in welchem sie um Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe ersucht, erhebliche Vermögenswerte, die später realisierbar werden (vgl. dazu Kapitel 9.2.02), so erfolgt eine Rückerstattung nicht gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG, sondern in Anwendung von § 27 Abs. 1 lit. c SHG (vgl. Kapitel 15.2.04). Auch nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG richtet sich die Rückforderung, wenn eine Person während der Unterstützung zwar einen Vermögensanspruch erwirbt, dieser aber noch nicht realisierbar ist.
Die Unterscheidung der Grundlage für die Rückforderung ist insoweit von Bedeutung, als der zu gewährende Vermögensfreibetrag im Zusammenhang mit Rückforderungen nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG für eine Einzelperson lediglich Fr. 4'000.-- beträgt (vgl. Kapitel 15.2.04), bei Ansprüchen nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG hingegen Fr. 30'000.-- (vgl. vorstehend Ziff. 2).
Beispiele:
- Eine unterstützte Person erbt zusammen mit anderen Personen. Die Erbschaft kann aus bestimmten Gründen nicht sofort geteilt werden, z.B. weil das Erbschaftsvermögen aus einer Liegenschaft besteht, welches von einem Erben selber bewohnt wird und ein Verkauf nicht zumutbar ist und der Erbe die anderen Erben mangels liquiden Mitteln nicht auszahlen kann. Die unterstützte Person bildet zusammen mit den anderen Erben eine Erbengemeinschaft, das Erbschaftsvermögen steht den Erben als Gesamteigentum zu. Bis zur Teilung kann über das Vermögen nur gemeinsam verfügt werden. Der Anteil am Erbschaftsvermögen, welcher der unterstützten Person zusteht, kann also nicht sogleich realisiert werden. In einem solchen Fall ist die unterstützte Person anzuhalten, eine Rückerstattungsverpflichtung zu unterzeichnen (§ 20 SHG). Wird die Erbschaft später geteilt und der unterstützten Person ihr Anteil ausbezahlt, dann stützt sich die Rückforderung auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG.
- Eine unterstützte Person hat lediglich eine Anwartschaft, zum Bespiel auf eine güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung. Eine Anwartschaft stellt eine ungewisse Aussicht auf einen künftigen Erwerb von Rechten dar. Im Falle einer Anwartschaft auf güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung bedeutet das, dass die unterstützte Person bei der Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung möglicherweise (d.h. soweit z.B. eine Errungenschaft vorhanden ist) einen güterrechtlichen Anspruch auf eine Vorschlagsbeteiligung hat. Wer eine Anwartschaft besitzt, hat also weder einen Vermögensanspruch noch ist ihm ein Vermögen zugeflossen. Eine Rückforderung kommt daher weder gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG noch gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG in Frage. Reicht nun aber ein Ehegatte das Scheidungsbegehren ein, so wird, wenn eine Errungenschaft vorhanden ist, aus der Anwartschaft ein Anspruch auf güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung, der allerdings betragsmässig in diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht. Vom Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsbegehrens bis zum Zeitpunkt der Auszahlung der Vorschlagsbeteiligung liegt also ein (noch) nicht realisierbarer Vermögenswert vor. Die Sozialbehörde kann die Sicherstellung nach § 20 SHG verlangen. Im Zeitpunkt der Auszahlung fliesst der unterstützten Person dann ein Vermögen zu, so dass dann eine Rückforderung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG in Frage kommt.
4.Erbschaft von Kindern
Macht ein zusammen mit den Eltern bzw. einem Elternteil unterstütztes Kind eine Erbschaft, so kann gestützt darauf (zumindest für die Zeit vor dem Erbanfall) keine Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen verlangt werden, da ein bei den Eltern lebendes Kind nicht als direkter Hilfeempfänger gilt (vgl. aber zur vorschussweisen Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe zugunsten eines Kindes Kapitel 15.2.04).
Allerdings dürfen die Erträge des Kindesvermögens normalerweise für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und unter Umständen auch für die Bedürfnisse des Haushalts verwendet werden. Sofern dies zur Bestreitung der Kosten für das Kind nötig ist, kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde darüber hinaus Eingriffe in das Kindesvermögen gestatten (vgl. Art. 319 ff. ZGB). Macht ein Kind also eine Erbschaft, kann zwar nicht gestützt auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG eine Rückerstattung bezogener wirtschaftlicher Hilfe verlangt werden, es kann aber wegen den neu anfallenden Einnahmen aus Erträgen des Kindesvermögens und allfälliger Anzehrung desselben mit Einverständnis der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gegebenenfalls die wirtschaftliche Hilfe künftig reduziert werden (vgl. Kapitel 9.2.01, Ziff. 4).
5.Eigene Arbeitsleistung
In Fällen eigener Arbeitsleistung ist eine Rückforderung nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann,
- wenn die Arbeitsleistung zu derart günstigen Verhältnissen führt,
- dass unter Berücksichtigung der Gründe des Hilfebezugs
- ein Verzicht auf Rückerstattung als unbillig erscheint.
Es geht also darum, dass ausserordentlich günstige Verhältnisse zusammen mit den besonderen Gründen des Hilfebezugs und allfälligen weiteren Umständen einen Verzicht auf die Rückerstattung als stossend erscheinen liessen. Auf eigene Arbeitsleistung sind auch Freizügigkeitsguthaben einer Person zurückzuführen. Zu beachten ist hier, dass ein BVG- bzw. Freizügigkeitsguthaben in erster Linie der Alters- und Invalidenvorsorge des Versicherten dient und nicht zur Deckung von Schulden oder Lebensunterhalt vor Eintritt des Vorsorgefalls verwendet werden soll. Es ist daher grundsätzlich nicht angebracht, das aus dem Bezug eines BVG- bzw. Freizügigkeitskapitals anfallende Vermögen für die Rückerstattung empfangener wirtschaftlicher Hilfe heranzuziehen.
Erzielt eine ehemals unterstützte Person nunmehr ein hohes Erwerbseinkommen und erscheint es angebracht, eine Rückerstattung der bezogenen wirtschaftlichen Hilfe zu verlangen, so ist zur Festlegung des Betrages, welcher monatlich an die Rückerstattungsforderungen zu leisten ist, die Berechnung nach SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1 Abs. 3 Erläuterung b als Grundlage zu nehmen. Es sind folgende Positionen zu berücksichtigen:
- Doppelter Ansatz des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt
- Effektive Wohnkosten,
- Medizinische Versorgung,
- Erwerbsauslagen,
- übrige Kosten wie z.B. Steuern, Versicherungen, Unterhaltsbeiträge, Schuldzinsen und Schuldentilgung sowie weitere begründete Auslagen nach effektivem Aufwand.
Von der Differenz zwischen dem so ermittelten Bedarf und dem aktuellen Einkommen ist höchstens die Hälfte als monatliche Rückerstattung festzulegen.
Um die wirtschaftliche und berufliche Integration nicht zu gefährden, kann es angezeigt sein, die zeitliche Dauer der Rückerstattung zu begrenzen. Die SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1 Abs. 3 Erläuterung b) empfehlen hier einen Rückerstattungszeitraum von vier Jahren. Ist die ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe nach vier Jahren noch nicht vollständig zurückbezahlt, sollte auf den Rest verzichtet werden. Ausserdem wird empfohlen, dass die Rückerstattungszahlungen bei mehrjähriger Unterstützungsdauer frühestens ein Jahr nach Unterstützungsende geltend gemacht werden soll, um die soziale und wirtschaftliche Integration nicht zu gefährden (SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.1 Abs. 3 Erläuterung b).
Rechtsprechung
VB.2019.00592: E.5: Die Beschwerdeführenden befinden sich in derart günstigen Verhältnissen, dass ein (teilweiser) Verzicht auf die Rückerstattungsforderung im Sinn von § 27 Abs. 1 lit. b SHG unbillig erschiene, weil sie nach eigenen Angaben ein gemeinsames Jahreseinkommen von rund Fr. 62'000.- erzielen und nach eigenen Angaben per Ende 2018 ein Barvermögen von Fr. 368'225.10 besassen. Abzüglich der Rückerstattungsforderung der SUVA (Fr. 67'529.80) verbleibt ihnen nach Begleichen der sozialhilferechtlichen Rückerstattungsforderung von Fr. 24'676.25 ein den Freibetrag weit übersteigendes Barvermögen von Fr. 276'019.05. Dass das Einkommen des Beschwerdeführers 1 laut eigenen Angaben seine eigenen Lebenshaltungskosten nicht zu decken vermag, ist angesichts des zur Deckung des gemeinsamen Bedarfs ausreichenden Gesamteinkommens unerheblich. Auch die Einwände der Beschwerdeführenden, dass sie für die Ausbildung ihrer neunjährigen Tochter sowie für das eigene Rentenalter Rücklagen bilden müssten, vermögen die Billigkeit der Rückforderung nicht infrage zu stellen. Das vorhandene Vermögen ist für diese Zwecke mehr als ausreichend. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführenden das ordentliche Rentenalter erst im Jahre 2045 bzw. 2049 erreichen werden, weshalb die Beschwerdegegnerin der geltend gemachten Notwendigkeit privater Vorsorge bei den anzustellenden Billigkeitserwägungen keine entscheidende Bedeutung zumessen musste. Die Beschwerdegegnerin hat jedenfalls den ihr zustehenden Ermessenspielraum (vorn E. 2.2) nicht überschritten, als sie angesichts der konkreten Verhältnisse eine Rückerstattung forderte. Schliesslich vermöchten auch die von den Beschwerdeführenden pauschal behaupteten Verletzungen des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin 2 während der Dauer des Sozialhilfebezugs die Billigkeit der Rückerstattungsforderung für unbestrittenermassen durch die Beschwerdeführenden als Unterstützungseinheit bezogene wirtschaftliche Hilfe nur schon angesichts ihrer heutigen Vermögensverhältnisse nicht infrage zu stellen.
VB.2018.00101: Der Beschwerdegegner ging im September 2015 einer Erwerbstätigkeit nach und erhielt das Honorar für diese Tätigkeit am 16. Oktober 2015. Ob in der erst am 26. Oktober 2015 vorgenommenen Mitteilung der Lohn-Gutschrift eine Verletzung der Meldepflicht läge, kann vorliegend offenbleiben. Selbst wenn ihm eine Verletzung der Mitteilungspflicht vorzuwerfen wäre, hätte diese jedenfalls nicht zu einer unrechtmässigen Auszahlung der wirtschaftlichen Hilfe für Oktober 2015 geführt, da er im Zeitpunkt der Auszahlung der Sozialhilfe am 23. September 2015 den Lohn noch nicht erhalten hatte und damit tatsächlich unterstützungsbedürftig war. Der Rückerstattungsanspruch lässt sich daher nicht auf § 26 lit. a SHG stützen (E. 4.2). Ein Rückerstattungsanspruch kann auch nicht aus § 27 Abs. 1 lit. b SHG abgeleitet werden, führten doch die Erträgnisse aus der Arbeitsleistung beim Beschwerdegegner nicht zu derart günstigen Verhältnissen, dass eine Rückerstattung unter Berücksichtigung der Gründe des Hilfebezugs als unbillig erschiene (E. 4.4.1). Da die Auszahlung der Sozialhilfe für Oktober 2015 durch die Beschwerdeführerin nicht irrtümlich erfolgte, besteht somit auch in Art. 62 OR keine rechtliche Grundlage für eine Rückforderung (E. 4.4.3).
VB.2017.00020: Finanziell günstige Verhältnisse im Sinn von § 27 Abs. 1 lit. b SHG liegen vor, wenn der jeweilige Vermögensfreibetrag überschritten ist (E. 2.3). Die Rückerstattung rechtmässig bezogener wirtschaftlicher Hilfe unterscheidet sich vom unrechtmässigen Bezug dadurch, dass sie ganz oder teilweise zurückgefordert werden kann, während sie im Fall von § 26 SHG zurückerstattet werden muss. Für die Rückforderung aufgrund unrechtmässigen Bezugs besteht keine Kann-Bestimmung, und es wird kein Freibetrag gewährt. Dies kann bedeuten, dass bei Erfüllen beider Rückerstattungstatbestände durch die Rückforderung auch des unrechtmässigen Bezugs in den Freibetrag eingegriffen wird (E. 2.4). Bei der Prüfung der Frage, ob der Betroffene durch die Erbschaft «in finanziell günstige Verhältnisse» gelangt ist, sind bestehende Schulden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (E. 3.2). Grundsätzlich unerheblich für die Rückerstattungsforderung gemäss § 27 SHG ist auch, ob die unterstützte Person im Zeitpunkt der Rückforderung nach wie vor in günstigen Verhältnissen lebt oder nicht (E. 3.3). Der Beschwerdeführer wurde zu Recht zur Rückerstattung der rechtmässig bezogenen Sozialhilfe verpflichtet (E. 3.4).
VB.2014.00383: Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen aufgrund einer Erbschaft: Rechtsgrundlagen betreffend Rückerstattung von rechtmässig bezogener wirtschaftlicher Hilfe, insb. den in Abzug zu bringenden Freibetrag (E. 2.3). Der Beschwerdeführer wurde zu Recht zur Rückerstattung von Fürsorgeleistungen in der Höhe von Fr. 88›200.- verpflichtet, nachdem er eine Erbschaft über Fr. 123›200.- erhalten hatte. Die geltend gemachte Verschuldung (im Zeitpunkt des Rückforderungsbeschlusses) steht einer Rückerstattungsverpflichtung nicht entgegen. Dem Beschwerdeführer steht es jedoch offen, nach Rechtskraft des Rückerstattungsbeschlusses ein entsprechendes Erlassgesuch zu stellen (E. 4.2).
VB.2012.00576: Nur weil die Versicherungsleistung für einen erlittenen Unfall als Pauschalentschädigung ausgerichtet wurde, kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht die gesamte Summe als Vermögensanfall gemäss § 27 Abs. 1 lit. b SHG gelten. Derjenige Teil, der den Erwerbsausfall entschädigen soll, begründet nach § 27 Abs. 1 lit. a SHG nur einen Rückforderungsanspruch, soweit er zeitlich kongruent zum Unterstützungszeitraum ist (E. 3.3). Um die Berechnung des Rückforderungsanspruchs vorzunehmen, ist die Versicherungsleistung sowohl sachlich als auch zeitlich aufzuteilen.
VB.2011.00735: Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen aufgrund einer Erbschaft. [Die Sozialbehörde kürzte den Fürsorge-Grundbedarf des Beschwerdeführers um 15% und verrechnete diesen Betrag mit einer erbschaftsbedingten Rückerstattungsforderung.] Die Vorinstanz ging zu Unrecht davon aus, dass die Rückerstattungsverpflichtung des Beschwerdeführers im Rahmen des Grundbedarfskürzungsverfahrens nicht mehr überprüft werden könne: Der Beschwerdeführer focht die Verfügung, die ihn zur Rückerstattung «in der Höhe des Erbanteils» verpflichtete, zwar nicht an. Doch diese Verfügung stellt keine vollstreckbare Sachverfügung dar, denn die Höhe des Erbanteils war zum Zeitpunkt der Rückerstattungsverfügung noch nicht bekannt und wurde erst im Rahmen der Grundbedarfskürzung festgelegt (E. 4). Die Sozialbehörde verpflichtete den Beschwerdeführer zu Unrecht zur Rückerstattung bezogener Sozialhilfeleistungen, denn dieser gelangte durch die Erbschaft nicht in finanziell günstige Verhältnisse: Der Willensvollstrecker zahlte fast den ganzen Erbanteil direkt an das Betreibungsamt, weil der Beschwerdeführer dem Gemeinwesen abgetretene Unterhaltsbeiträge schuldete (E. 5.2). Der Betrag von Fr. 5'000.-, der dem Beschwerdeführer aus der Erbschaft effektiv zufloss, ist zu gering, um eine Rückerstattungspflicht auszulösen, so dass sich die Grundbedarfskürzung als unzulässig erweist (E. 5.3).
VB.2011.00461: Vor dem Hintergrund der klaren gesetzlichen Grundlage, die die sozialhilferechtliche Rückzahlungspflicht einzig vom Zufluss erheblicher Vermögenswerte abhängig macht (vgl. E. 2.1), kommt eine Reduktion des Rückerstattungsbetrags nur ausnahmsweise und in begründeten Fällen infrage. Im vorliegenden Fall rechtfertigen sich Abzüge – wie die Vorinstanz zu Recht festhielt – lediglich im Zusammenhang mit jenen Aufwendungen der Beschwerdeführerin, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Eheschutz- und Scheidungsverfahren standen. Die nachweislich angefallenen Verfahrens- und Anwaltskosten müssen als eigentliche «Gestehungskosten» erachtet werden bzw. als Aufwand, der erforderlich war, um eine für die Beschwerdeführerin finanziell günstige Regelung zu erwirken und schliesslich ein Ende ihrer Sozialhilfeabhängigkeit herbeizuführen (E. 4.2).
Fliessen einem Sozialhilfebezüger erhebliche Vermögenswerte zu, so kommt als Anspruchsgrundlage für eine Rückforderung bezogener Hilfeleistungen einerseits § 27 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 SHG infrage, andererseits § 27 Abs. 1 lit. b SHG. Nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG richtet sich die Rückforderung dann, wenn bereits vor dem Vermögensanfall ein – noch nicht realisierbarer – Anspruch auf den betreffenden Vermögenswert bestand (Beispiel: Anspruch auf die Erbschaft eines verstorbenen Erblassers). Auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG stützt sich der Rückforderungsanspruch hingegen dann, wenn bis zum Zeitpunkt des Vermögenszuflusses kein Anspruch auf die betreffenden Vermögenswerte bestand (Beispiel: Anwartschaft auf Erbschaft eines noch nicht verstorbenen Erblassers). Die Unterscheidung der Anspruchsgrundlage ist insofern von Bedeutung, als der zu gewährende Vermögensfreibetrag im Zusammenhang mit Rückforderungen nach § 27 Abs. 1 lit. c SHG Fr. 4'000.-- beträgt, bei Ansprüchen nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG hingegen der Vermögensfreibetrag gemäss Ergänzungsleistungsrecht, derzeit Fr. 25'000.-- (E. 5.2). Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin bis zur Einreichung des Scheidungsbegehrens lediglich eine Anwartschaft auf die güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung. Die Rückerstattungsforderung der im April 2008 realisierten Vermögenswerte stützt sich für diesen Zeitraum demnach nicht auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG, sondern auf § 27 Abs. 1 lit. b SHG, sodass ein Vermögensfreibetrag von Fr. 25'000.-- zu gewähren ist (E. 5.4). Für den Zeitraum nach Einreichung des Scheidungsbegehrens hingegen stützt sich der Rückerstattungsanspruch auf § 27 Abs. 1 lit. c SHG (E. 5.5.).
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin trotz Realisierung einer erheblichen güterrechtlichen Ausgleichszahlung verschuldet blieb, steht der Rückerstattungsforderung nicht entgegen. Der Verschuldung kann aber allenfalls im Rahmen eines Erlassverfahrens noch Rechnung getragen werden, und bei einer allfälligen betreibungsrechtlichen Durchsetzung der Rückerstattungsforderung muss das Existenzminimum gewahrt werden (E. 6).
Anmerkung:
Mit der Revision der SKOS-Richtlinien vom Dezember 2010, welche für den Kanton Zürich per 1. August 2011 übernommen wurde (vgl. § 17 SHV), wird bei der Rückerstattung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG nicht mehr auf die Vermögensfreibeträge nach Ergänzungsleistungsrecht abgestellt, sondern sind die bei der Rückerstattung massgebenden Freibeträge betraglich festgelegt.
VB.2010.00639: Rechtmässig bezogene Fürsorgegelder müssen nur dann zurückerstattet werden, wenn die unterstützte Person - beispielsweise durch eine Erbschaft - in eine verbesserte finanzielle Situation gelangt. Nicht massgebend ist, ob die zugeflossenen Vermögenswerte sofort oder erst später realisierbar sind, und ob sie zum Zeitpunkt der Rückforderung noch vorhanden sind oder nicht. Keiner Rückerstattungspflicht unterliegt demgegenüber eine Person, die zu keinem Zeitpunkt einen Vermögenszufluss erhalten hat, selbst wenn sie ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätte oder gar bewusst darauf verzichtete, in bessere finanzielle Verhältnisse zu gelangen. Das Sozialhilferecht verpflichtet die Fürsorgeempfänger nicht dazu, während der Dauer der wirtschaftlichen Unterstützung sowie während den 15 darauf folgenden Jahren sämtliche potenziellen Vermögenszuflüsse zu realisieren und die (rechtmässig) bezogenen Sozialhilfeleistungen auch bei fehlendem Mittelzufluss zurückzubezahlen (E. 4.4).
VB.2006.00499: Die Auszahlung einer Freizügigkeitsleistung ist auf eigene Arbeitsleistung zurückzuführen und darf daher nur unter den erwähnten, besonderen Voraussetzungen für die Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe beansprucht werden. Dabei ist entsprechend dem Zweck eines BVG- bzw. Freizügigkeitsguthabens davon auszugehen, dass dieses in erster Linie der Alters- und Invalidenvorsorge des Versicherten dienen und nicht zur Deckung von Schulden oder Lebensunterhalt vor Eintritt des Vorsorgefalls verwendet werden soll. Ausgehend von dieser Zielsetzung erscheint es – abgesehen von extremen Fällen – in aller Regel nicht angebracht, das aus dem Bezug eines BVG- bzw. Freizügigkeitskapitals anfallende Vermögen für die Rückerstattung empfangener wirtschaftlicher Hilfe heranzuziehen. Das Freizügigkeitsguthaben betrug im vorliegenden etwas über Fr. 100'000.-- und war damit als Vorsorgekapital eher bescheiden. Unter diesen Umständen ist ein Verzicht auf die Rückerstattung keineswegs stossend, sondern durchaus gerechtfertigt (E. 3.1.2).
VB.2006.00352: Bei einem dauernd fremdplatzierten Kind liegt ein eigener sozialhilferechtlicher Wohnsitz vor. Die Leistungen kommen ihm zu und können deshalb von einem Elternteil, der durch eine Erbschaft in finanziell günstige Verhältnisse gelangt ist, nicht zurückgefordert werden (E. 5.2).
VB.2003.00393: Den Sozialbehörden ist es im Rahmen des ihnen bei der Anwendung von § 27 Abs. 1 SHG zustehenden Rechtsfolgeermessens nicht verwehrt, aus Billigkeitsüberlegungen die Gesamtsituation des Betroffenen und damit allenfalls auch bestehende Schulden zu berücksichtigen. Dazu verpflichtet sind sie jedoch nicht, zumal das Vorliegen eines rechtskräftigen Rückerstattungsentscheids nicht ausschliesst, dass solchen Schuldverpflichtungen in einem anschliessenden gesonderten Erlassverfahren gleichwohl noch Rechnung getragen wird. Aufgrund dieser Auslegung von § 27 Abs.1 SHG steht den Sozialbehörden bei dessen Anwendung bezüglich der Berücksichtigung allfälliger Schulden ein erheblicher Ermessensspielraum zu; in die diesbezügliche Ermessensbetätigung hat das auf Rechtskontrolle beschränkte Verwaltungsgericht nicht einzugreifen.
VB.2003.00107: Bei der Prüfung der Frage, ob der bzw. die Betroffene durch den Mittelzufluss «in finanziell günstige Verhältnisse» gelangt ist, sind in jenem Zeitpunkt bestehende Schulden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dafür spricht der in § 22 SHV verankerte Grundsatz, dass die Sozialhilfe nur ausnahmsweise, zwecks Abwendung einer bestehenden oder drohenden Notlage, Schulden übernehmen soll. Dies beruht auf dem Gedanken, dass andere Gläubigerinnen oder Gläubiger nicht gegenüber dem Sozialhilfe leistenden Gemeinwesen bevorzugt werden sollen. Dagegen schliesst die Nichtberücksichtigung von Schulden beim Entscheid über die Rückerstattung nicht aus, dass solchen Verpflichtungen im Rahmen eines Erlassverfahrens doch noch Rechnung getragen wird. Ob der bzw. die Betroffene «in finanziell günstige Verhältnisse gelangt» sei, bestimmt sich demnach bei einem Vermögensanfall einzig aufgrund des fraglichen Mittelzuflusses unter Berücksichtigung eines Freibetrages. Allerdings lässt § 27 Abs. 1 SHG Raum dafür, die Gesamtsituation des oder der Betroffenen und damit auch Überlegungen der Billigkeit zu berücksichtigen. Unter diesem Gesichtswinkel können auch allfällige Schulden schon beim Entscheid über die Rückerstattung und deren Bemessung, nicht erst in einem allenfalls folgenden Erlassverfahren, berücksichtigt werden.
VB.2002.00041: Rückerstattungspflichtig im Sinne von § 27 SHG ist nur, wer selbst wirtschaftliche Hilfe bezogen hat. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Abs. 1 und 2 von § 27 SHG und aus dem Umstand, dass nur Familien mit gemeinsamem Wohnsitz Unterstützungseinheiten darstellen. Deshalb ist es nicht zulässig, von jemandem, der eine Erbschaft gemacht hat, die an seine schon damals von ihm getrennt lebende Ehefrau und an sein schon damals von ihm getrennt lebendes Kind ausgerichtete wirtschaftliche Hilfe zurückzufordern.
RRB Nr. 1160/1997 (nicht publiziert): Eine Rückforderung gemäss § 27 Abs. 1 SHG setzt finanziell günstige Verhältnisse und damit erhebliche Mittel voraus. Zudem darf nicht das gesamte Vermögen des oder der Pflichtigen davon erfasst werden. Vielmehr ist früher bezogene wirtschaftliche Hilfe nur insoweit zurückzuerstatten, als das jeweilige Vermögen gesamthaft bestimmte Limiten übersteigt. Jedenfalls kann nur insofern von finanziell günstigen Verhältnissen gesprochen bzw. eine Rückforderung verlangt werden, als durch den Vermögenszugang (zusammen mit dem übrigen Vermögen) die jeweiligen Vermögensfreibeträge des Ergänzungsleistungsrechts überschritten werden.
Praxishilfen
Beispiel Rückerstattung nach § 27 Abs. 1 lit. b SHG und § 27 Abs. 1 lit. c SHG
Totalbezug wirtschaftlicher Hilfe vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2012:
Fr. 74'000.--
Einreichung Scheidungsbegehren 1. Juni 2011
Auszahlung güterrechtliche Vorschlagsbeteiligung am 1. Februar 2012:
Fr. 50'000.--
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe