Innerkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen
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Rechtsgrundlagen
Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge vom 1. April 1962, LS 852.2 Verordnung über die Jugendheime vom 4. Oktober 1962, LS 852.21 Art. 276 ZGB, Art. 285 ZGB Verfügung der Bildungsdirektion vom 26. Juli 2013 über die Versorgertaxen in beitragsbe-rechtigten Sonderschulen, Schulheimen Kinder- und Jugendheimen sowie Spitalschulen Richtlinien der Bildungsdirektion vom 31. August 1998 über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen
Erläuterungen
1.Allgemeines
Als Jugendheime gelten Heime, die dazu bestimmt sind, mehr als fünf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum vollendeten 22. Altersjahr zur Erziehung und Betreuung auf-zunehmen (§ 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge). Für Einrichtungen, die der staatlichen Aufsicht nach der Gesetzgebung über das Gesund-heitswesen und die Sozialhilfe unterstehen, gelten andere Rechtsgrundlagen. Auf solche Heime und Anstalten kommt das Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge nicht zur Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfür-sorge). Schulen und Kindergärten von Jugendheimen unterstehen der Schulgesetzgebung, insbe-sondere den Bestimmungen über die Bewilligung, die Aufsicht und die Leistung von Staats-beiträgen. Einrichtungen für die Erlernung gewerblicher und kaufmännischer Berufe unter-stehen den Vorschriften über die berufliche Ausbildung (§ 2 Gesetz über die Jugendheime und die Pflegekinderfürsorge).
2.Aufsicht
Die Jugendheime stehen unter der Aufsicht des Amtes für Jugend und Berufsberatung. Die-ses kann mit Zustimmung der Bildungsdirektion die unmittelbare Aufsicht Jugendkommissio-nen, Jugendsekretariaten oder Behörden und Amtsstellen von Gemeinden übertragen und sich Bericht erstatten lassen (§ 6 Verordnung über die Jugendheime). Der Betrieb eines Kinder- oder Jugendheims ist bewilligungspflichtig. Die von der Bildungsdi-
rektion erlassenen Richtlinien über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen legen fest, an welche Voraussetzungen eine Bewilligung gebunden ist.
3.Finanzierung
Die Finanzierung von Jugendheimen erfolgt einerseits mittels Staatsbeiträgen des Kantons, andererseits erheben die Jugendheime Mindestversorgertaxen, die nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 9. Juli 2014 (VB.2014.00054) von den Eltern bzw. vom Unterstützungswohnsitz des Kindes getragen werden müssen. Zudem leistet der Bund an die vom Bundesamt für Justiz anerkannten Heime Betriebsbeiträge. 3.1. Staatsbeiträge Der Kanton leistet den Gemeinden nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für die aner-kannten, von ihnen geführten Jugendheime Kostenanteile bis zur Hälfte der beitragsberech-tigten Ausgaben (§ 7 Abs. 1 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). Privaten Trägern leistet der Kanton für von ihnen geführte Jugendheime Kostenanteile bis zur vollen Höhe der beitragsberechtigten Ausgaben (§ 7 Abs. 2 Gesetz über die Jugendhei-me und Pflegekinderfürsorge). Die Kostenanteile des Kantons werden für Kinder und Jugendliche mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Zürich ausgerichtet. Beiträge werden gewährt an die Ausgaben für
- die Einrichtung, Erweiterung oder Erneuerung von Gebäuden und die Anschaffung be-weglicher Einrichtungen,
- die Besoldung der Leitenden der Jugendheime und ihrer Mitarbeitenden in Erziehung und Berufsbildung sowie die Arbeitgeberleistungen an Einrichtungen der Alters-, Invalidi-täts- und Hinterlassenenfürsorge,
- die Ausbildung und Weiterbildung von Leitenden und Erziehenden (§ 8 Abs. 1 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). Die Gewährung von Beiträgen an Schulen und Kindergärten von Jugendheimen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Leistungen des Kantons für das Volksschul-wesen (§ 8 Abs. 3 Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge). 3.2. Mindestersorgertaxen Für jedes Angebot eines Kinder- oder Jugendheims legt die Bildungsdirektion eine ange-botsbezogene Mindestversorgertaxe in Form einer Pauschale fest (§ 19 Abs. 1 Verordnung über die Jugendheime). Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in seinem Urteil vom 9. Juli 2014
(VB.2014.00054) einerseits erwogen, dass bei behördlichen Platzierungen die zivilrechtliche Wohngemeinde des Kindes gegenüber den Pflegeeltern bzw. dem Heim als (privatrechtli-che) Auftraggeberin gelte. Das Gemeinwesen könne seine Auslagen jedoch gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB von den Eltern zurückfordern (E. 6.7). Andererseits hat das Verwal-tungsgericht aber auch festgehalten, dass in der Jugendheimgesetzgebung keine genügen-de gesetzliche Grundlage bestehe für eine Pflicht der Gemeinden, einen (staatsbeitrags-rechtlichen) Anteil an die Kosten von Jugendheimen zu leisten (E. 5.4 und 5.5). Zahlungs-pflichtig für die Platzierungskosten (Mindestversorgertaxen) ihrer Kinder seien die Eltern. Sollten die Eltern die Mindestversorgertaxen nicht bezahlen können, müsse der Unterstüt-zungswohnsitz des Kindes die Taxen als Sozialhilfeleistung übernehmen (E. 6.7). Dies auch dann, wenn sich der Unterstützungswohnsitz des Kindes, wie in dem vom Verwaltungsge-richt beurteilten Fall, nicht im Kanton Zürich befindet. Ausgehend von dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung muss beim Unterstüt-zungswohnsitz des Kindes um Kostengutsprache für die Übernahme der Mindestversor-gertaxen ersucht werden, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, diese (vollumfänglich) selbst zu bezahlen. Die Eltern haben sich im Umfang ihrer Leistungsfähigkeit an den Kosten zu beteiligen (vgl. nachfolgend Ziff. 3.3). Einnahmen des Kindes sind an die Platzierungskos-ten anzurechnen. Liegt der Unterstützungswohnsitz des Kindes in einem anderen Kanton, ist dieser für die Ausrichtung der wirtschaftlichen Hilfe zugunsten des Kindes zuständig und das Recht dieses Kantons ist anwendbar. Lehnt der ausserkantonale Unterstützungswohnsitz des Kindes das Gesuch um Kostengutsprache ab, weil z.B. nach seinem Recht Platzierungskosten nicht über die Sozialhilfe finanziert werden, kann dies zu Problemen führen. Für den zürcheri-schen zivilrechtlichen Wohnsitz des Kindes ist in solchen Fällen zu beachten, dass er man-gels Zuständigkeit keine sozialhilferechtliche Kostengutsprache oder Kostenübernahme täti-gen kann. Durch den Zürcher Unterstützungswohnsitz übernommene Mindestversorgertaxen unterste-hen als Sozialhilfeauslagen der Weiterverrechnung und sind staatsbeitragsberechtigt. 3.3. Beiträge der Eltern Gemäss Art. 276 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegrif-fen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Der Unterhalt wird durch Pflege und Erziehung, oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlungen geleistet. Die Eltern sind von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit, als dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder ande-ren Mitteln (z.B. Renten) zu bestreiten. Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kin-des sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen. Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht im Umfang der geleisteten Kosten gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB auf die finanzierende Sozialbehörde über. Sie kann die Eltern zur Leis-tung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages anhalten und, falls keine Einigung zustande kommt, die Eltern auf Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages einklagen
(Art. 279 ZGB). Der Elternbeitrag kann nicht hoheitlich verfügt werden. Weigern sich die El-tern, einen Elternbeitrag zu leisten, obwohl sie aus finanzieller Sicht dazu in der Lage wären, bedarf es einer Unterhaltsklage nach Art. 279 ZGB, welche vor dem zuständigen Zivilgericht zu erheben ist. a. Nebenkosten und weitere situationsbedingte Leistungen Anfallende Nebenkosten (z.B. Taschengeld, Kleider und Schuhe, Telefonkarten, Toilettenar-tikel) und weitere situationsbedingte Leistungen (z.B. Kosten für Brillen, Musikunterricht etc.) haben die Eltern zu übernehmen. Kommen die Eltern nicht für die Nebenkosten und weitere situationsbedingte Leistungen auf, hat die für das Kind sozialhilferechtlich zuständige Gemeinde (d.h. der Unterstützungswohn-sitz des Kindes) hierfür Kostengutsprache zu leisten. Vgl. dazu auch Kapitel 12.2.08 b. Beitrag an die Mindestversorgertaxen Wenn die Eltern die Mindestversorgertaxen nicht vollumfänglich selbst bezahlen können, ha-ben sie sich im Umfang ihrer Leistungsfähigkeit an diesen Auslagen zu beteiligen. Die Höhe des Beitrages hängt also von den finanziellen Verältnissen der jeweiligen Eltern ab. 3.4. Besonderheit: Verfügt das Kind nicht über einen eigenen Unterstützungswohnsitz, bildet es zusammen mit der Familie eine Unterstützungseinheit. Reichen die Mittel der Familie nicht aus, um für die Nebenkosten aufzukommen, würden in solchen Fällen alle Familienmitglieder sozialhilfeab-hängig. Um dies zu vermeiden, rechtfertigt es sich, in Abweichung von den SKOS-Richtlinien (vgl. § 17 Abs. 1 letzter Satz SHV) die Unterstützungsauslagen für das im Heim platzierte Kind so zu berechnen, wie wenn es über einen eigenen Unterstützungswohnsitz verfügen würde und es somit als eigenen Unterstützungsfall zu führen.
Rechtsprechung
VB.2014.00054: Es kann vorliegend nicht von einer durch den Richter zu füllenden Lücke gesprochen werden (E. 5.5.3). In der Jugendheimegesetzgebung besteht keine (genügende) gesetzliche Grundlage für die Kostentragungspflicht der Beschwerdegegnerin (E. 5.5.4). Wenn – wie hier – die zuständige Behörde über die Fremdplatzierung informiert ist und die-sen Entscheid trägt, indem der Heimvertrag von den zuständigen Behörden mit oder ohne Elternbeteiligung eingegangen wird, ist dies als behördliche Fremdplatzierung und folglich als Kindesschutzmassnahme anzusehen (E. 6.3). Die Versorgertaxen stellen die vom Kan-ton nicht getragenen Kosten einer Kindesschutzmassnahme dar (E. 6.4). Die Eltern haben für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten für Erziehung, Ausbildung
und Kindesschutzmassnahmen (E. 6.5). Als eigener Unterstützungswohnsitz des minderjäh-rigen Kindes gemäss Art. 7 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit Abs. 1 und 2 ZUG gilt der Ort, an dem es unmittelbar vor der Fremdplatzierung gemeinsam mit den Eltern oder einem Eltern-teil gelebt bzw. Wohnsitz gehabt hat (E. 6.7). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin mangels einer (genügenden) gesetzlichen Regelung nicht zur Über-nahme der Versorgertaxe verpflichtet werden kann. Vielmehr greift Art. 276 Abs. 1 ZGB, wo-nach die Eltern für den Kindesunterhalt, zu welchem die Kosten einer Kindesschutzmass-nahme gehören, aufzukommen haben. Da vorliegend das Kind einen eigenen Unterstüt-zungswohnsitz hat, hat die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz die Versorgertaxen zu begleichen (E. 6.8). Abweisung.
Praxishilfen
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe