Innerkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen

Kapitelnr.
12.2.02.
Publikationsdatum
9. März 2018
Kapitel
12 Stationäre Massnahmen
Unterkapitel
12.2. Massnahmen für Kinder/Jugendliche

Rechtsgrundlagen

Gesetz über die Jugendheime und Pflegekinderfürsorge vom 1. April 1962 (Jugendheimge-setz), LS 852.2 Art. 276 ZGB, Art. 285 ZGB Verfügung der Bildungsdirektion vom 26. Juli 2013 über die Versorgertaxen in beitragsbe-rechtigten Sonderschulen, Schulheimen, Kinder- und Jugendheimen sowie Spitalschulen Richtlinien der Bildungsdirektion vom 31. August 1998 über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen

Erläuterungen

1.Allgemeines

Als Jugendheime gelten Heime, die dazu bestimmt sind, mehr als fünf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum vollendeten 22. Altersjahr zur Erziehung und Betreuung auf-zunehmen (§ 1 Abs. 2 Jugendheimgesetz). Für Einrichtungen, die der staatlichen Aufsicht nach der Gesetzgebung über das Gesund-heitswesen und die Sozialhilfe unterstehen, gelten andere Rechtsgrundlagen. Auf solche Heime und Anstalten kommt das Jugendheimgesetz nicht zur Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Jugendheimgesetz). Schulen und Kindergärten von Jugendheimen unterstehen der Schulgesetzgebung, insbe-sondere den Bestimmungen über die Bewilligung, die Aufsicht und die Leistung von Staats-beiträgen. Einrichtungen für die Erlernung gewerblicher und kaufmännischer Berufe unter-stehen den Vorschriften über die berufliche Ausbildung (§ 2 Jugendheimgesetz).

2.Aufsicht

Die Jugendheime stehen unter der Aufsicht des Amtes für Jugend und Berufsberatung. Die-ses kann mit Zustimmung der Bildungsdirektion die unmittelbare Aufsicht Jugendkommissio-nen, Jugendsekretariaten oder Behörden und Amtsstellen von Gemeinden übertragen und sich Bericht erstatten lassen (§ 6 Jugendheimverordnung). Der Betrieb eines Kinder- oder Jugendheims ist bewilligungspflichtig. Die von der Bildungsdi-rektion erlassenen Richtlinien über die Bewilligung von Kinder- und Jugendheimen legen fest, an welche Voraussetzungen eine Bewilligung gebunden ist.

3.Finanzierung

Die Finanzierung von (beitragsberechtigten) Jugendheimen erfolgt einerseits mittels Staats-beiträgen des Kantons, andererseits erheben die Jugendheime angebotsbezogene Versor-gertaxen, die von der Bildungsdirektion gestützt auf § 3b Abs. 2 Jugendheimgesetz festge-legt werden. Zudem leistet der Bund an die vom Bundesamt für Justiz anerkannten Heime Betriebsbeiträge. 3.1. Staatsbeiträge Der Kanton leistet den Gemeinden nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit für die aner-kannten, von ihnen geführten Jugendheime Kostenanteile bis zur Hälfte der beitragsberech-tigten Ausgaben (§ 7 Abs. 1 Jugendheimgesetz). Privaten Trägern leistet der Kanton für von ihnen geführte Jugendheime Kostenanteile bis zur vollen Höhe der beitragsberechtigten Ausgaben (§ 7 Abs. 2 Jugendheimgesetz). Die Kostenanteile des Kantons werden für Kinder und Jugendliche mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Zürich ausgerichtet. Beiträge werden gewährt an die Ausgaben für

  • die Einrichtung, Erweiterung oder Erneuerung von Gebäuden und die Anschaffung be-weglicher Einrichtungen,
  • die Besoldung der Leitenden der Jugendheime und ihrer Mitarbeitenden in Erziehung und Berufsbildung sowie die Arbeitgeberleistungen an Einrichtungen der Alters-, Invalidi-täts- und Hinterlassenenfürsorge,
  • die Ausbildung und Weiterbildung von Leitenden und Erziehenden (§ 8 Abs. 1 Jugend-heimgesetz). Die Gewährung von Beiträgen an Schulen und Kindergärten von Jugendheimen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen über die Leistungen des Kantons für das Volksschul-wesen (§ 8 Abs. 3 Jugendheimgesetz). 3.2. Versorgertaxen Für jedes Angebot eines Kinder- oder Jugendheims legt die Bildungsdirektion eine ange-botsbezogene Versorgertaxe fest. Die Eltern haben sich im Umfang dieser Versorgertaxe an den Kosten für die Platzierung zu beteiligen. Sind sie dazu wirtschaftlich nicht in der Lage, trägt die gemäss Sozialhilfegesetzgebung für das platzierte Kind zuständige Gemeinde die Kosten (§ 3b Abs. 2 Jugendheimgesetz). Kinder, die auf Dauer nicht mit den Eltern zusammenleben, haben ihren Unterstützungs-wohnsitz dort, wo sie unmittelbar vor der dauernden Fremdplatzierung mit den Eltern bzw.

dem/einem (sorgeberechtigten) Elternteil zusammengelebt haben (§ 37 Abs. 3 lit. c SHG und Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG; vgl. auch Kapitel 3.2.03, Ziffer 3.3). In diesen Fällen kann es vor-kommen, dass die Zuständigkeit für die Ausrichtung von Sozialhilfe am Unterstützungs-wohnsitz des Kindes und sein zivilrechtlicher Wohnsitz auseinanderfallen. Befindet sich der Unterstützungswohnsitz des Kindes gestützt auf Art. 7 ZUG in einem anderen Kanton, liegt auch die sozialhilferechtliche Zuständigkeit für die Finanzierung der Versorgertaxen aus-serhalb des Kantons Zürich. Weder die Zürcher Gemeinden noch das Kantonale Sozialamt sind also für die Behandlung solcher Unterstützungsgesuche oder für die Finanzierung der Versorgertaxen im Rahmen der ordentlichen Sozialhilfe zuständig. Die Eltern bzw. die Bei-ständinnen und Beistände der Kinder müssen die Übernahme der nicht gedeckten Versor-gertaxen beim ausserkantonalen Unterstützungswohnsitz beantragen. Für nicht dauernd fremdplatzierte Kinder vgl. nachfolgend Ziff. 3.5. 3.3. Nebenkosten und situationsbedingte Leistungen Gemäss Art. 276 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Der Un-terhalt wird durch Pflege und Erziehung, oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der El-tern steht, durch Geldzahlungen geleistet. Die Eltern sind von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit, als dem Kind zugemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeitserwerb oder anderen Mitteln (z.B. Renten, Lehrlingslohn) zu bestreiten. Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen. Die bei einer Kinder- und Jugendheimplatzierung anfallenden Nebenkosten (z.B. Taschen-geld, Kleider und Schuhe, Telefonkarten, Toilettenartikel) und allfällige situationsbedingte Leistungen (z.B. Kosten für Brillen, Musikunterricht etc.) gehören zu den Unterhaltskosten, welche die Eltern zu übernehmen haben. Kommen die Eltern nicht für die Nebenkosten und allfällige situationsbedingte Leistungen auf, hat die für das Kind sozialhilferechtlich zuständi-ge Gemeinde (d.h. der Unterstützungswohnsitz des Kindes) hierfür Kostengutsprache zu leisten (vgl. dazu auch Kapitel 12.2.08). 3.4. Legalzession Der Unterhaltsanspruch des Kindes geht im Umfang der geleisteten Kosten gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB auf die finanzierende Sozialbehörde über. Sie kann die Eltern zur Leis-tung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages anhalten und, falls keine Einigung zustande kommt, die Eltern auf Leistung eines entsprechenden Unterhaltsbeitrages einklagen (Art. 279 ZGB). Weigern sich die Eltern, für die Versorgertaxen, die Nebenkosten und weite-re situationsbedingte Leistungen aufzukommen, obwohl sie aus finanzieller Sicht dazu in der Lage wären, bedarf es einer Unterhaltsklage nach Art. 279 ZGB, welche vor dem zuständi-gen Zivilgericht zu erheben ist.

3.5. Besonderheit Ist das Kind nicht dauernd fremdplatziert, bildet es zusammen mit der Familie eine Unterstüt-zungseinheit. Reichen die Mittel der Familie nicht aus, um für die Versorgertaxen und die Nebenkosten aufzukommen, würden in solchen Fällen alle Familienmitglieder sozialhilfeab-hängig. Um dies zu vermeiden, rechtfertigt es sich, in Abweichung von den SKOS-Richtlinien (vgl. § 17 Abs. 1 letzter Satz SHV) das nicht dauernd fremdplatzierte Kind als eigenen Unter-stützungsfall zu führen und die Unterstützungsleistungen entsprechend zu berechnen. Als eigener Unterstützungsfall zu führen ist auch das nicht dauernd fremdplatzierte Kind, wenn sich die Eltern weigern, für die Beiträge der Unterhaltspflichtigen und für die Neben-kosten aufzukommen, obwohl sie dazu in der Lage wären. Der Unterstützungswohnsitz des Kindes hat für die betreffenden Auslagen Kostengutsprache zu leisten und kann gegen die Eltern Unterhaltsklage erheben (Art. 289 Abs. 2 ZGB in Verbindung mit Art. 279 ZGB).

Rechtsprechung

Praxishilfen

Zur schematischen Übersicht über die Finanzierung vgl. Kapitel 12.2.06.

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


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