Umsetzung der Istanbul-Konvention: Regierung lanciert Folgemassnahmen

Im Kanton Zürich kommt der Umsetzung der Istanbul-Konvention seit Beginn an höchste Priorität zu. Inzwischen sind zahlreiche Massnahmen in der Realisierungsphase oder bereits umgesetzt. Sicherheitsdirektor Mario Fehr und Justizdirektorin Jacqueline Fehr haben heute zusammen mit Regina Carstensen, Co-Fachverantwortliche der Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt (IST), sowie der Leiterin der Kantonalen Opferhilfestelle, Sandra Müller Gmünder, über den aktuellen Stand und die vom Regierungsrat beschlossenen Folgemassnahmen informiert.

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Aufzeichnung der Medienkonferenz vom 18. Dezember 2024.
Aufzeichnung der Medienkonferenz in Gebärdensprache vom 18. Dezember 2024.

Rund zwanzig Mal pro Tag rücken Polizistinnen und Polizisten kantonsweit im Kontext von häuslicher Gewalt und familiären Differenzen aus. In über 1300 Fällen wurden im vergangenen Jahr Schutzmassnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz angeordnet. Diese Zahlen veranschaulichen die hohe Priorität, die dem konsequenten Einsatz gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt im Kanton Zürich zukommt, wie Sicherheitsdirektor Mario Fehr vor den Medien sagte.

Entsprechend stark gewichtet der Regierungsrat die Umsetzung der Istanbul-Konvention. «Unsere Haltung gegenüber jeder Form von Gewalt gegen Frauen und Kindern ist unmissverständlich», so Mario Fehr: «Es gilt Nulltolerenz.» Die Umsetzung sei ein Legislaturziel. Wiederholt habe der Regierungsrat zudem das Engagement gegen die häusliche Gewalt als Schwerpunkt definiert. Es handle sich dabei um eine Daueraufgabe, die direktionsübergreifendes Handeln erfordere – neben der Sicherheits- und der Justizdirektion sind auch die Gesundheits- und die Bildungsdirektion involviert.

Justizdirektorin Jacqueline Fehr zog eine positive Zwischenbilanz der Umsetzungsbemühungen. Diese Bilanz gelte nicht nur für den Kanton Zürich. Auch das unlängst präsentierte Zwischenfazit des Bundes sei zufriedenstellend ausgefallen. Exemplarisch schaute Regierungsrätin Fehr auf die Umsetzung von drei Massnahmen zurück: Die Lernprogramme für Täter seien etabliert und würden auch in Fremdsprachen angeboten. Aktuell seien 154 Personen in Behandlung.

Seit dem 1. April dieses Jahres laufe zudem das Pilotprojekt aufsuchender Dienst Forensic Nurses. Die Forensic Nurses kommen bei der medizinischen Erstversorgung von Opfern zum Einsatz und sichern Spuren. Das Projekt tragen die Gesundheits-, die Bildungs- und die Justizdirektion gemeinsam.

Ein wichtiges, aber noch in den Anfängen stehendes Thema sei die Datenerhebung. Um den Kampf gegen Gewalt wirkungsvoll führen zu können, brauche der Kanton gute Daten, betonte Jacqueline Fehr. Dabei müssten sich aber die beteiligten Organisationen als Erstes auf relevante Indikatoren einigen. Der Prozess sei am Laufen. Kompetenzzentrum sei das Statistische Amt.

Folgemassnahmen brauche es namentlich in den Bereichen Täterarbeit, Prävention sowie Aus- und Weiterbildung, sagte Regina Carstensen, Co-Fachverantwortliche der Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt. Die IST koordiniert die Verbundaufgabe zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und von Gewalt gegen Frauen.

Mit geeigneten Massnahmen in der Täterarbeit, zum Beispiel Zuweisungen in Gewaltberatungen, könnten nicht nur Rückfälle verhindert werden, sondern auch Kinder besser geschützt werden, die direkt Gewalt erleiden oder elterliche Partnerschaftsgewalt miterleben.

Das Bewusstsein in der Bevölkerung, dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt inakzeptabel sind, soll durch Öffentlichkeitskampagnen fortlaufend gestärkt werden. Die Erweiterung der Kampagne «Stopp Gewalt gegen Frauen» mit «Stopp häusliche Gewalt» erfolge durch weitere Sujets auf Plakaten und Postkarten. Mit dem Hinweis «hilfe-finden.ch» soll auf die verfügbaren Hilfsangebote aufmerksam gemacht werden.

Ausserdem schilderte die Co-Fachverantwortliche der IST, dass mit der Stärkung der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen zu häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt die Prävention, Intervention und der Schutz von Betroffenen verbessert werden können. Ein besonderer Fokus liege auf der vulnerablen Gruppe der Kinder, um deren Schutz bestmöglich zu gewährleisten.

In den Bereich Öffentlichkeitsarbeit fällt auch das Bemühen der Opferhilfe, ihre Beratungsangebote für gewaltbetroffene Kinder, männliche Jugendliche, erwachsene Männer sowie LGBTIQ-Personen besser bekannt zu machen. Damit reagiere die Opferhilfe auf die Feststellung, dass ihre Angebote von diesen Opfergruppen nur beschränkt genutzt würden, sagte Sandra Müller Gmünder. Ein wichtiger Schritt im Bemühen, den Zugang zur Opferhilfe zu verbessern, werde die Einführung eines 24/7-Telefondiensts für Opfer sein. Dieser werde seinen Betrieb im November 2025 aufnehmen.

Folgemassnahmen brauche es auch bei den Schutzunterkünften sowie bei den Anschlusslösungen nach einem Aufenthalt in einer Schutzunterkunft. Gemäss der Leiterin der Kantonalen Opferhilfestelle gehe es aktuell darum, Angebotslücken zu identifizieren und zu schliessen.

Ausserdem brauche es im Bereich der Schutzunterkünfte eine bessere interkantonale Zusammenarbeit. Die im Kanton Zürich betriebenen Unterkünfte würden zu einem erheblichen Anteil Personen aufnehmen, die nicht im Kanton Zürich wohnhaft seien, sagte Sandra Müller Gmünder. Es sei daher nötig, mit anderen Kantonen über eine Kostenbeteiligung zu sprechen.

Regierungsrätin Jacqueline Fehr zog das Fazit, im Kern müsse der Kampf gegen Gewalt zwei strategische Stossrichtungen verfolgen: Einerseits gehe es darum, Gewalt zu verringern – zum Beispiel mit Täterarbeit.

Andererseits sei eine höhere Anzeigequote anzustreben. Gerade in den Bereichen häusliche und sexuelle Gewalt gebe es ein grosses Dunkelfeld. Ein Mehrfaches der angezeigten Fälle von häuslicher und sexueller Gewalt bleibe verborgen, weil keine Anzeige erfolge. «Sexualisierte Gewalt bleibt damit sehr oft straffrei. Das können wir nicht hinnehmen», so Justizdirektorin Fehr.

Sicherheitsdirektor Mario Fehr bekräftigte: «Der Regierungsrat wird auch in Zukunft alles daran setzen, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen.»
 

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