Kanton Zürich legt erste umfassende Analyse zu den Bedürfnissen von Gewaltopfern vor

Noch nie gab es in der Schweiz eine derart umfassende und breit abgestützte Untersuchung zur Opferhilfe. Im Auftrag der Kantonalen Opferhilfestelle (KOH) haben Forschende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) die Bedürfnisse von Gewaltopfern im Kanton Zürich ermittelt. Die Studie zeigt auf, wie sich das Angebot der Opferhilfe im Kanton Zürich im Sinne der Istanbul-Konvention noch besser an die Bedürfnisse von Gewaltopfern anpassen lässt. Dabei richtet sie ein besonderes Augenmerk auf die Situation spezifischer Gruppen wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder die LGBTQIA+-Community. Seit heute ist auf der Website der KOH eine Zusammenfassung der Studie aufgeschaltet.

Der Kanton Zürich will häusliche Gewalt kompromisslos bekämpfen. Deshalb hat der Regierungsrat mit Beschluss vom 31. März 2021 ein Paket an Massnahmen beschlossen, mit denen er die Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) umsetzen will. Ein zentraler Anspruch der Istanbul-Konvention besteht darin, dass der Zugang zur Opferhilfe für alle gleichermassen gewährleistet sein soll. Vor diesem Hintergrund wollte die Regierung erfahren, wie sich die Situation im Kanton Zürich darstellt.

Die Kantonale Opferhilfestelle (KOH) hat in der Folge ein Team der ZHAW beauftragt, den Gesamtbedarf im Bereich der Opferhilfe breit zu erforschen. Die Studie unterstützt die aktuell laufenden Bestrebungen der KOH, zusammen mit den Opferberatungsstellen und den Frauenhäusern des Kantons Zürich eine umfassende Strategie für die Opferhilfe zu erarbeiten.

Die über 300 Seiten lange wissenschaftliche Studie entstand in enger Zusammenarbeit mit Opferhilfe Zürich – das heisst: mit allen Institutionen, die im Kanton Zürich in der Opferhilfe engagiert sind. Bei der Bedarfs- und Angebotsprüfung wurden verschiedene Opfersituationen, Gewaltformen und «Opfergruppen» berücksichtigt. Zu letzteren gehören Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund, die LGBTQIA+-Community, ältere und junge Menschen sowie Frauen und Männer.

Angebot soll übersichtlicher werden

Das Forschungsteam der ZHAW kommt zum Schluss, dass im Kanton Zürich bereits ein breites und spezialisiertes Angebot für gewaltbetroffene Menschen besteht. Trotzdem identifiziert es bedeutende Angebotslücken. So zeigt es auf, dass Männer sowie Personen aus der LGBTQIA+-Community auffallend seltener in die Beratung kommen, obwohl gerade diese Community überdurchschnittlich oft von Gewalt betroffen ist. Die bereits bestehenden Beratungsangebote müssen demnach sichtbarer gemacht und diversitätssensibler gestaltet werden.


Die Untersuchung zeigt ausserdem auf, dass der Begriff Opferhilfe zwar bei der im Kanton Zürich lebenden Bevölkerung bekannt ist. Gleichzeitig sind sich die Bewohnerinnen und Bewohner aber der spezifischen Angebote, des Anspruchs und der Hilfsmöglichkeiten noch ungenügend bewusst. Zudem fällt es Betroffenen schwer, sich in der breiten Angebotslandschaft einen Überblick zu verschaffen. Das Opferhilfeangebot sollte demnach übersichtlicher dargestellt und breiter bekanntgemacht werden.

Betroffenen den Zugang erleichtern

Weiter weist der Bericht darauf hin, dass Angehörige, Privatpersonen aber auch Mitarbeitende aus dem medizinisch-therapeutischen Bereich, der Polizei oder der Sozialen Arbeit den Betroffenen den Zugang zur Opferhilfe erleichtern können. Einige dieser potenziellen «Gatekeeperinnen» und «Gatekeeper» sind aber über die Opferhilfe und deren Angebote nicht oder nur oberflächlich informiert. Diesem Umstand soll mit Sensibilisierung und Schulung entgegengewirkt werden.

Der Bericht zeigt auch auf, dass Betroffene nicht angemessen in Gerichtsverfahren begleitet und unterstützt werden können. Die Beratungsstellen benötigen hierfür mehr Ressourcen.

Das Projekt Strategie Opferhilfe ist aktuell daran, Empfehlungen und konkrete Massnahmen zur Lückenschliessung im Angebot der Opferhilfe Zürich auszuarbeiten. Ziel ist, dass die Massnahmen ab 2025 umgesetzt werden.

Der umfassende Bericht der ZHAW kann bei der KOH angefordert werden.

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