Weisung des kantonalen Steueramtes über die Besteuerung von Gewinnausschüttungen aus qualifizierten Beteiligungen (Teilsatzverfahren)
Diese Weisung wurde aufgehoben. Sie gilt letztmals für die Steuerperiode 2019.
A. Gesetzliche Grundlage
Gemäss § 35 Abs. 4 StG werden ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz zur Hälfte des für das steuerbare Gesamt-Einkommen anwendbaren Steuersatzes besteuert (im folgenden «Teilsatzverfahren»), sofern die steuerpflichtige Person mit wenigstens 10 % am Aktien-, Grund- oder Stammkapital beteiligt ist (im folgenden «qualifizierte Beteiligungen»).
Am 25. September 2009 hat das Bundesgericht mit Bezug auf eine entsprechende Bestimmung im Steuergesetz des Kantons Bern entschieden, dass die Beschränkung eines Teilsatzverfahrens auf schweizerische Beteiligungen, wie sie auch in § 35 Abs. 4 StG vorgesehen ist, nicht mit Art. 7 Abs. 1 Satz 2 des Steuerharmonisierungsgesetzes in der Fassung vom 23. März 2007 vereinbar sei. Die Beschränkung des Teilsatzverfahrens gemäss § 35 Abs. 4 StG auf Gewinne, die «von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz» ausgeschüttet werden, verstösst somit gegen Bundesrecht und ist daher unbeachtlich. Das Teilsatzverfahren kann daher (wie das Teilbesteuerungsverfahren gemäss Art. 18b und Art. 20 Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer in der Fassung vom 23. März 2007) auch bei Ausschüttungen aus ausländischen Körperschaften geltend gemacht werden, wenn die übrigen Voraussetzungen gemäss § 35 Abs. 4 StG erfüllt sind.
B. Umsetzung in der Praxis
I. Steuererklärung
Die Ausschüttungen, für welche der reduzierte Steuersatz geltend gemacht wird, sind gemäss Wegleitung zur Steuererklärung im Wertschriftenverzeichnis und in der Steuererklärung besonders auszuweisen.
II. Einschätzungsverfahren
Steuerpflichtige, welche Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen deklarieren, werden durch das kantonale Steueramt eingeschätzt.
Der Steuerpflichtige hat auf Verlangen nachzuweisen, dass und in welchem Umfang Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen vorliegt.
Im Einschätzungsverfahren wird mit den Steuerfaktoren, d.h. dem steuerbaren Einkommen und Vermögen und dem Steuertarif (§ 139 Abs. 1 StG), auch der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen festgelegt. Der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen bildet somit Bestandteil des Einschätzungsentscheids.
III. Steuerbezug
In der Schlussrechnung wird der Steuerbetrag unter Berücksichtigung des reduzierten Steuersatzes auf dem Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen berechnet.
C. Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen
I. Quelle des massgebenden Ertrages
Dem Teilsatzverfahren unterliegen Gewinne, die von Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und Genossenschaften ausgeschüttet werden.
Auf Ausschüttungen von anderen juristischen Personen als den Kapitalgesellschaften und Genossenschaften findet das Teilsatzverfahren keine Anwendung.
II. Mindestbeteiligungsquote
1. Im Allgemeinen
Ausgeschüttete Gewinne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften unterliegen dem Teilsatzverfahren, sofern die steuerpflichtige Person zu mindestens 10 Prozent am Aktien-, Grund- oder Stammkapital beteiligt ist. Massgebend ist der kapitalmässige und nicht der stimmenmässige Anteil. Ausschüttungen auf Partizipations- und Genussscheinen gelten auch als Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen, sofern der Inhaber mit wenigstens 10 Prozent des Aktien-, Grund- oder Stammkapitals beteiligt ist.
2. Zeitpunkt
Für die Bestimmung der Mindestbeteiligungsquote ist in Übereinstimmung mit der Behandlung bei der Verrechnungssteuer (Art. 12 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 lit. c VStG; Art. 21 Abs. 3 VStV) der Zeitpunkt der Fälligkeit massgebend.
3. Beteiligungen von Ehegatten
Einkommen und Vermögen der Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, werden gestützt auf § 7 Abs. 1 StG ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet. Demzufolge bezieht sich auch die Mindestbeteiligungsquote auf die Beteiligungen beider Ehegatten.
Das Gleiche gilt für Beteiligungsrechte der Kinder, solange deren Einkommen und Vermögen dem Inhaber der elterlichen Sorge zugerechnet werden (§ 7 Abs. 3 StG).
4. Erbengemeinschaften
Bei Erbengemeinschaften ist die Mindestbeteiligungsquote für jeden einzelnen Erben zu ermitteln, da Erbengemeinschaften gemäss § 9 Abs. 1 StG als solche nicht steuerpflichtig sind und ihr Einkommen und Vermögen den einzelnen Erben zugerechnet werden.
Eine Zusammenrechnung erfolgt nur im Ausnahmefall, wenn die Erbengemeinschaft nach § 9 Abs. 2 StG als Ganzes besteuert wird.
5. Einfache Geselschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften
Bei Beteiligungsrechten, die von einfachen Gesellschaften, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften gehalten werden, ist die Mindestbeteiligungsquote für jeden einzelnen Gesellschafter zu ermitteln, da diese Gesellschaften gemäss § 8 Abs. 1 StG als solche nicht steuerpflichtig sind und ihr Einkommen und Vermögen den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet werden.
III. Begriff der Gewinnausschüttung
Als Gewinnausschüttung aus qualifizierten Beteiligungen gelten Dividenden und Liquidationsüberschüsse in Form von offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen für Gratisaktien. Vermögenserträge aus Transponierung und indirekter Teilliquidation gemäss § 20a StG fallen ebenfalls unter das Teilsatzverfahren.
Der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen entspricht dem Betrag der Gewinnausschüttung ohne Berücksichtigung von Schuldzinsen oder weiteren Abzügen.
Bei teilweiser Steuerpflicht im Kanton Zürich unterliegen nur diejenigen Ausschüttungen dem Teilsatzverfahren, welche im Rahmen der Steuerausscheidung dem Kanton Zürich zur Besteuerung zugewiesen werden.
D. Verrechnungssteuer
Die Verrechnungssteuer wird auf dem Bruttobetrag der Ausschüttungen erhoben. Demzufolge kann die Rückerstattung der auf dem Bruttobetrag der ausgeschütteten Dividende erhobenen Verrechnungssteuer beantragt werden.
E. Berechnung des Steuerbetrags
I. Das steuerbare Einkommen ist höher als der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen
Für die Berechnung der Einkommenssteuer (einfache Staatssteuer) ist der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen vom gesamten steuerbaren Einkommen abzuziehen.
Das übrige steuerbare Einkommen ohne Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen wird zum Steuersatz des gesamten steuerbaren Einkommens besteuert.
Der Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen wird zum halben Steuersatz des gesamten steuerbaren Einkommens besteuert.
Beispiel:
Steuerfaktoren gemäss Einschätzungsentscheid: | |
---|---|
Steuerbares Einkommen: | 100’000 |
Davon Ertrag aus qualifizierter Beteiligung: | 20’000 |
Steuertarif: | Verheiratetentarif |
Berechnungsgrundlagen
Steuerobjekt | Steuerbare Beträge |
Massgebend für Steuersatz | Steuersatz | Einfache Staatssteuer |
---|---|---|---|---|
Steuerbares Einkommen ohne qualifizierte Beteiligung | 80’000 | 100’000 | 5.130 % | 4’104 |
Steuerbarer Ertrag aus qualifizierter Beteiligung |
20’000 | 2.565 % (halber Steuersatz) |
513 | |
Einfache Staatssteuer | 4’617 |
II. Das steuerbare Einkommen entspricht dem Ertrag aus qualifizierten Beteiligungen oder ist tiefer als dieser
In diesem Fall wird im Ergebnis das gesamte steuerbare Einkommen zum halben Satz besteuert.
Beispiel:
Steuerfaktoren gemäss Einschätzungsentscheid: | |
---|---|
Steuerbares Einkommen: | 50’000 |
Davon Ertrag aus qualifizierter Beteiligung: | 100’000 |
Steuertarif: | Verheiratetentarif |
Berechnungsgrundlagen
Steuerobjekt | Steuerbare Beträge |
Massgebend für Steuersatz | Steuersatz | Einfache Staatssteuer |
---|---|---|---|---|
Steuerbares Einkommen ohne qualifizierte Beteiligung | 0 | 50’000 | 3.088 % | 0 |
Steuerbarer Ertrag aus qualifizierter Beteiligung |
50’000 | 1.544 % (halber Steuersatz |
772 | |
Einfache Staatssteuer | 772 |
F. Inkrafttreten und Übergangsrecht
Die Weisung ersetzt die gleichlautende Weisung vom 27. Februar 2008 und findet ab sofort Anwendung auf Erträge (Dividenden) aus qualifizierten Beteiligungen, die im Kalenderjahr 2008 ausgeschüttet bzw. fällig werden.