Berücksichtigung von Grundeigentum im Allgemeinen
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Rechtsgrundlagen
§ 14 SHG § 16 SHV SKOS-Richtlinien, Kapitel E.2.2
Erläuterungen
1.Grundsatz
Hilfesuchende haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Erhaltung von Grundeigentum, ins-besondere dann nicht, wenn sie langfristig und in erheblichem Ausmass unterstützt werden. Personen, die Liegenschaften besitzen, sollen nicht besser gestellt sein als Personen, die Vermögenswerte in Form von Sparkonten oder Wertschriften angelegt haben. Verfügt die Hilfe suchende Person über Grundeigentum (insbesondere Liegenschaften und entsprechende Miteigentumsanteile), so gehört dieser Vermögenswert zu den eigenen Mit-teln im Sinne von § 14 SHG und § 16 Abs. 2 SHV. Handelt es sich dabei um erhebliches Vermögen und ist es realisierbar, muss zunächst daraus (nach der Realisierung und bis zum Erreichen des Freibetrages, vgl. dazu Kapitel 9.2.01, Ziff. 6) der Lebensunterhalt bestritten werden, bevor wirtschaftliche Hilfe beansprucht werden darf. Bei der Prüfung, ob es sich im konkreten Fall um einen erheblichen Vermögenswert handelt, also um einen solchen, welcher über dem anwendbaren Freibetrag liegt, ist grundsätzlich auf den Verkehrswert bzw. mutmasslichen Veräusserungserlös abzustellen, wobei Hypothekar-schulden und allfällige andere mit der Liegenschaft zusammenhängende Schulden in Abzug zu bringen sind. In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die Realisierung des Vermögenswertes möglich und zumutbar ist.
2.Realisierung von Grundeigentum
Unter Realisierung von Grundeigentum versteht man grundsätzlich den Verkauf. Steht das Grundeigentum nicht im Alleineigentum der Hilfe suchenden Person ist Folgendes zu beach-ten:
- Miteigentum: Miteigentum bedeutet, dass eine Sache mehreren Personen gehört, wobei der Miteigentümer einen bestimmten Anteil an der Sache hat. Jeder Miteigentümer hat für seinen Anteil die Rechte und Pflichten eines Eigentümers, und es kann dieser Anteil von ihm veräussert und verpfändet und von seinen Gläubigern gepfändet werden (Art. 646 Abs. 3 ZGB). Hält die um Hilfe ersuchende Person Grundeigentum im Mitei-
gentum, kann sie ihren Anteil also ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer ver-äussern.
- Stockwerkeigentum: Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grund-stück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen (Art. 712a ZGB). Der Stockwerkei-gentümer kann also seinen Teil ohne Zustimmung der übrigen Stockwerkeigentümer verkaufen.
- Gesamteigentum: Beim Gesamteigentum gehört eine Sache mehreren Personen als Ganzes, sie können grundsätzlich nur zusammen über die Sache verfügen, sie z.B. ver-kaufen (Art. 653 Abs. 2 ZGB). Steht also ein Grundeigentum im Gesamteigentum, kann die Hilfe suchende Person das Grundstück nur mit Zustimmung der anderen Gesamtei-gentümer realisieren. Liegt die Zustimmung nicht vor, muss die Gemeinschaft, die dem Gesamteigentum zugrundliegt (z.B. Erbengemeinschaft), aufgelöst werden (z.B. durch Erbteilung). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer vollständigen Realisierung von Grundeigentum durch dessen entgeltliche Veräusserung können folgende Überlegungen massgeblich sein:
- Den Verhältnissen der jeweiligen Klienten angemessene (weder luxuriöse noch allzu kostenaufwendige und mit entsprechenden Mietobjekten vergleichbare) Liegenschaften (z.B. bescheidene Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen oder Geschäftsräume), die von den Klienten (oder eventuell von nahen Angehörigen) auf Dauer selber bewohnt oder (sinnvoll) gewerblich genutzt werden, müssen normalerweise nicht realisiert wer-den. Dies gilt vor allem dann, wenn die Hypothekarbelastung und die Nebenkosten sich in einem Bereich bewegen, welcher für ein Mietobjekt als Mietzins von der Sozialhilfe übernommen würde, oder wenn die Kosten gar unter dem Betrag liegen, der gemäss gemeindeinterner Richtlinie für den entsprechenden Haushalt als angemessen gilt.
- Falls der Immobilienbesitz ausnahmsweise (bei Fehlen einer beruflichen Vorsorge) einer nötigen Alterssicherung dient, kann eine Realisierung unzumutbar sein.
- Umgekehrt ist die Realisierung einer Liegenschaft meistens dann zumutbar, wenn diese von der Hilfe suchenden Person nicht selber (und auch nicht von nahen Angehörigen) dauernd bewohnt oder für eine (sinnvolle und weiterzuführende) Erwerbstätigkeit ge-nutzt wird und dies in absehbarer Zeit (z.B. innert eines Jahres) auch nicht konkret be-absichtigt ist. Darunter fällt insbesondere auch Grundeigentum, das lediglich der Kapi-talanlage oder der Altersvorsorge dient, soweit letztere anderweitig gesichert ist. Unbe-baute Grundstücke oder nicht fertiggestellte bzw. unbewohnbare oder nicht nutzbare Häuser sowie Ferienhäuser und nicht notwendige Zweitwohnungen müssen grundsätz-lich ebenfalls realisiert werden.
- Auch selber bewohnte luxuriöse oder mit unverhältnismässig hohen Aufwendungen ver-bundene Liegenschaften bzw. solche, deren Zinsen und Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum erzielbaren Einkommen der Klienten stehen, dürften normalerweise zu realisieren sein.
- Gegen die Zumutbarkeit einer Realisierung kann aber sprechen, wenn jemand nur ganz kurzfristig bzw. in relativ geringem Umfang unterstützt wird oder sofern zurzeit mangels ausreichender Nachfrage nur ein unangemessen tiefes Entgelt erzielt werden könnte und in Kürze eine Besserung der Marktlage zu erwarten ist. Eine teilweise Realisierung dürfte zum Beispiel dann verlangt werden, wenn
- auf einem (sinnvoll abtrennbaren) Teil des Grundstücks, des Hauses oder der Wohnung oder der Geschäftsräume verzichtet werden könnte und durch dessen Veräusserung oder eventuell Vermietung ein angemessener Erlös bzw. Ertrag erzielt würde,
- oder das Grundeigentum noch nicht übermässig belastet ist und aus der Aufnahme von Hypotheken ein angemessenes Entgelt resultieren würde. Leben bzw. arbeiten nicht die Klienten selber, sondern nahe Angehörige (vor allem Ehe-gatten und minderjährige Kinder) in der betreffenden Liegenschaft und ist keine Veräusse-rung oder Verpfändung des Grundstücks zumutbar, so darf wenigstens von einem angemes-senen Mietzins ausgegangen und ein solcher vom Bedarf abgezogen werden.
3.Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe gegen Rückerstattungsverpflichtung
3.1. Grundsätzliche Zumutbarkeit der Realisierung Wenn zwar eine Realisierung des Grundeigentums grundsätzlich sofort zumutbar ist, es aber (wie oftmals) einige Wochen dauert, bis die Realisierung abgeschlossen und die Hilfe su-chende Person über den Erlös oder das Entgelt verfügen kann, und befindet sie sich wäh-rend dieser Zeit in einer Notlage, hat sie grundsätzlich Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Diese ist ihr allerdings nur mit der Auflage einer Realisierung und gegen Unterzeichnung ei-ner Rückerstattungsverpflichtung im Sinne von § 20 SHG auszurichten (vgl. Kapitel 9.2.02). Zudem kann die Rückzahlung in solchen Fällen normalerweise bereits auf einen festen Ter-min hin vereinbart werden. 3.2. Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Realisierung Ist die Realisierung von Grundstückswerten der Hilfe suchenden Person (noch) nicht möglich oder zumutbar, hat sie bis zur Realisierbarkeit grundsätzlich Anrecht auf Sozialhilfeleistun-gen. In diesem Fall ist die Unterzeichnung einer Rückerstattungsverpflichtung im Sinne von § 20 Abs. 1 SHG und (wenn möglich) deren pfandrechtliche Sicherstellung zu verlangen (§ 20 Abs. 2 SHG). Zur Rückerstattungsverpflichtung und pfandrechtlichen Sicherstellung vgl. Kapitel 9.2.02.
4.Liegenschaften im Ausland
Grundsätzlich ist Grundeigentum im Ausland gleich zu behandeln wie in der Schweiz gele-genes. Abgesehen davon stellen sich bei Liegenschaften im Ausland (weitere) besondere
Probleme, vor allem bezüglich der Abklärung des Sachverhalts bzw. hinsichtlich der Mög-lichkeit zur Aufnahme von Hypotheken. Im Übrigen ist aber Grundeigentum im Ausland gleich wie in der Schweiz gelegenes zu behandeln. Erfüllt die betroffene Person zwar die Vo-raussetzungen von § 20 SHG, kann sie aber keine pfandrechtliche Sicherstellung der Rück-erstattungsverpflichtung erwirken, so hat sie (wie in Fällen, wo überhaupt kein geeignetes Pfandobjekt besteht) gleichwohl Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe. Diese muss allerdings un-ter den Voraussetzungen von § 20 SHG bei Realisierbarkeit zurückbezahlt werden.
Rechtsprechung
VB.2008.00394: [Die Sozialbehörde verpflichtete den Hilfeempfänger, die Erbteilung einzu-leiten. Dadurch ist insbesondere eine im Gesamteigentum des Hilfeempfängers und seines Bruders stehende Liegenschaft betroffen, welche sie zur Alterssicherung bis zur Pensionie-rung erhalten wollen. Der Bezirksrat hob die Verpflichtung auf Rekurs des Bruders des Hilfe-empfängers auf, worauf die Gemeinde Beschwerde erhob.] Rechtsgrundlagen der wirtschaft-lichen Hilfe, insbesondere der Verwertung von Grundeigentum (E. 3.1). Die Verpflichtung zur Einleitung der Erbteilung ist nicht zu beanstanden, da der Beschwerdegegner und der Hilfe-empfänger ohnehin beabsichtigen, die Liegenschaft nach der Pensionierung in naher Zu-kunft zu veräussern, und der Wert der Liegenschaft die nötige Alterssicherung übersteigt (E. 4.2.4).
Liegenschaften im Ausland:
VB.2012.00508 (nicht veröffentlicht): Rückforderung nach § 26 SHG bei Meldepflichtverlet-zung (nicht deklarierte Wohnung im Ausland) und Geltendmachung der Rückerstattungsfor-derung mittels Kürzung: Ein unrechtmässiger Leistungsbezug liegt nicht nur dann vor, wenn die Hilfe ganz ohne Rechtsgrundlage gewährt wurde, sondern auch, wenn durch das unlau-tere Verhalten ein möglicher Rückgriff vereitelt wurde. Bei ordnungsgemässer Deklaration wäre auch ohne Verwertungsaufforderung mindestens die Unterzeichnung einer Rückerstat-tungsverpflichtung getätigt worden. Ein auf § 26 SHG gestützter Rückerstattungsanspruch kann von der Sozialbehörde geltend gemacht werden, indem sie den Grundbedarf für den Lebensunterhalt für die Dauer von maximal 12 Monaten um höchstens 15% kürzt. Die Mass-nahme kann jeweils höchstens weitere 12 Monate verlängert werden, sofern die Kürzungs-voraussetzungen weiter gegeben sind und ein neuer Entscheid getroffen wird. VB.2008.00602: Die Verwertung des Miteigentumsanteils kann vorliegend nicht mit der Be-gründung verweigert werden, es handle sich um die Alterssicherung des selbständigerwer-benden Ehemannes (E. 3.2). Die Beschwerdeführenden haben keine Verkaufsbemühungen nachgewiesen bzw. nicht belegt, dass sich die übrigen Miteigentümer gegen die Veräusse-rung des Anteils des Ehemannes stellen würden. Der Miteigentumsanteil kann - trotz Immo-bilienkrise in den USA - auch heute noch gewinnbringend verkauft werden. Auszugehen ist von einer 2006 erfolgten Grundstückschätzung durch eine Bank und nicht vom Steuerwert, der auf Daten von 1996 basiert und wegen steuerrechtlichen Besonderheiten Kaliforniens weit unter dem effektiven Verkehrswert liegt (E. 3.4). Die Veräusserung des Miteigentumsan-
teils ist folglich zumutbar im Hinblick auf die Rückzahlung der Unterstützungsleistungen (E. 3.5). VB.2007.00131: Es besteht vorliegend kein besonderer Grund, auf die Verwertung der Woh-nung in Spanien zu verzichten. Weder wird die Wohnung durch die Beschwerdeführerin dauernd bewohnt noch kommt sie einer Alterssicherung gleich. Entgegen ihrer Darstellung wurde die Beschwerdeführerin auch nicht im Sinne einer Überbrückung lediglich kurz- oder mittelfristig unterstützt (vgl. SKOS-Richtlinien, Kap. E.2.2). Zum Zeitpunkt der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 14. Februar 2006 war die Beschwerdeführerin bereits ohne Un-terbruch knapp drei Jahre mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt worden, ohne dass sich eine baldige Ablösung von der Sozialhilfe abgezeichnet hätte. Soweit sie geltend macht, dass Aufenthalte in Spanien ihrer Gesundheit zuträglich seien, kann sie daraus nichts ableiten. Es ist in keiner Weise belegt, dass sie für den Erhalt ihrer Gesundheit auf regelmässige Besu-che in Spanien angewiesen wäre. Zudem ist dafür der Erhalt der Ferienwohnung auch nicht zwingend nötig. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass sie zum Verkauf ihrer Wohnung verpflichtet wurde, um die Rückerstattungsforderung zu bezahlen.
Praxishilfen
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe