Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen - Zusatzversicherungen

Kapitelnr.
8.1.02.
Publikationsdatum
29. Juni 2012
Kapitel
8 Situationsbedingte Leistungen (WSH)
Unterkapitel
8.1. Situationsbedingte Leistungen

Rechtsgrundlagen

§ 15 SHG § 17 SHV SKOS-Richtlinien, Kapitel C.1.1

Erläuterungen

1.Allgemeines

Krankheits- und behinderungsbedingte Spezialauslagen sind Kosten für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkreten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind. Zu den krankheits- und behinderungsbedingten Spezialauslagen gehört unter anderem der über die Grundversorgung hinausgehende Versicherungsschutz (Zusatzversicherung), z.B. wenn dies die kostengünstigere Lösung darstellt (vgl. zu den Zusatzversicherungen auch Kapitel 11.1.11).

2.Zusatzversicherungen

Die medizinische Grundversorgung ist weitgehend durch die obligatorische Krankenversi-cherung gedeckt. Im Rahmen des sozialen Existenzminimums besteht in der Regel kein An-spruch auf Einbezug von Zusatzversicherungen (vgl. § 15 Abs. 2 SHG). In Sonderfällen (z.B. medizinisch begründete Notwendigkeit eines besseren Versicherungsschutzes bzw. kosten-günstigere Lösung) oder für eine verhältnismässig kurze Unterstützungsperiode (vorüberge-hende Notlage) kann es aber angebracht sein, ausnahmsweise Prämien für über die Basis-versorgung hinausgehende Leistungen aus Sozialhilfemitteln abzugelten. Der Sozialbehörde steht ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zu-sätzliche Versicherungen finanzieren will. Falls die Zusatzversicherung nicht berücksichtigt wird, steht es den Hilfesuchenden normalerweise frei, sie entweder aufzulösen oder die ent-sprechenden Prämien selber zu tragen. Zur Krankentaggeldversicherung vgl. Kapitel 8.1.16.

3.Beispiele

Die Berücksichtigung einer Zusatzversicherung als situationsbedingte Leistung kann unter anderem in folgenden Fällen angemessen sein:

  • Bestehen von gesundheitlichen Problemen, die sich mit den über die obligatorische Grundversicherung gedeckten schulmedizinischen Behandlungen nicht lösen lassen, bei

denen aber Massnahmen der Komplementär- oder Alternativmedizin eine deutliche Ver-besserung des Gesundheitszustandes oder Heilung bewirken.

  • Übernahme einer Zusatzversicherung für Zahnbehandlungen, wenn eine notwenige grössere zahnärztliche Behandlung ansteht und ein Vergleich zwischen Prämie und Kostenvoranschlag für die Behandlung ergibt, dass die Zusatzversicherung die kosten-günstigere Variante ist.

Rechtsprechung

VB.2011.00223: Sozialhilferechtliche Kostenübernahme einer Krankenkassen-Zusatzver-sicherung. Die Sozialhilfe hat krankheits- und behinderungsbedingte Kosten auch für jene Leistungen zu übernehmen, die zwar nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, aber im konkreten Einzelfall sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2.2). Die Behörden verletzten das rechtliche Gehör der um Kostenübernahme ersuchenden Beschwerdeführerin mehrfach, indem sie den erstinstanzlichen Entscheid nicht begründeten und ihr weder ein vorgängiges Äusserungs- noch ein Replikrecht einräumten (E. 4.5). Der Sachverhalt wurde von den Behörden in verschiedener Hinsicht nicht rechtsgenügend erstellt. Die eingereichten Arztzeugnisse hätten nicht ohne weitere Abklärungen als ungenügender Beleg dafür erachtet werden dürfen, dass die von der Beschwerdeführerin geforderten alternativen Behand-lungsmethoden die einzig möglichen seien. Vielmehr hätten die Behörden den Sachverhalt diesbezüglich weiter untersuchen müssen, etwa indem sie der Beschwerdeführerin die Auf-lage erteilt hätten, den Bezirksarzt oder einen anderen vertrauenswürdigen Arzt aufzusuchen (E. 5.2). Aufgrund der mangelhaften behördlichen Sachverhaltsabklärungen besteht keine Klarheit darüber, ob die Leistungen der Krankenkassen-Zusatzversicherungen für die Be-schwerdeführerin sinnvoll und/oder erforderlich sind oder nicht (E. 5.3). Rückweisung. VB.2007.00515: Kostenübernahme für Zusatzversicherung der Krankenkasse (Fr. 50.--) und medizinische Mehrauslagen von Fr. 100.--/Mt. Krankheits- und behinderungsbedingte Spezi-alauslagen sind gemäss Ziff. C.1.1 der SKOS-Richtlinien zu übernehmen. Dies sind Kosten für Leistungen, die nicht im Rahmen der medizinischen Grundversorgung liegen, im konkre-ten Einzelfall aber sinnvoll und nutzbringend sind (E. 2). Das Verwaltungsgericht hat nur zu entscheiden, ob die Leistungen, welche übernommen werden sollen, sinnvoll und nutzbrin-gend sind. Da der Entscheid darüber jedoch weitgehend im Ermessen der Beschwerdegeg-nerin liegt, ist das Verwaltungsgericht auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 50 VRG). Trotz verschiedener nicht schulmedizinischer Behandlungen hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht grundlegend verbessert. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin medizinische Mehrauslagen sowie die Prämien für die Zu-satzversicherung der Krankenkasse nicht mehr übernimmt (E. 3.4). VB.2002.00254: Es besteht nur ausnahmsweise Anspruch auf Übernahme der Kosten von Zusatzversicherungen und von Behandlungen, die nicht durch die Grundversicherung ge-deckt sind. Das durch die Sozialhilfe garantierte soziale Existenzminimum umfasst vielmehr nur die notwendigen ärztlichen oder therapeutischen Behandlungen (§ 15 Abs. 2 SHG). Den Gemeinden steht deshalb ein erhebliches Ermessen zu, ob sie neben der obligatorischen Grundversicherung zusätzliche Versicherungen oder nicht durch die Grundversicherung ge-

deckte Behandlungen finanzieren wollen; auf beides besteht nur ausnahmsweise Anspruch. Unterstützte haben zudem rechtzeitig ein entsprechendes Gesuch zu stellen (E. 2a). Die fragliche Behandlung war nicht ärztlich angeordnet. Die Gemeinde durfte deshalb deren Notwendigkeit ohne Rechtsverletzung verneinen (E. 2c). VB:1999.00234 (nicht publiziert): Das soziale Existenzminimum beinhaltet die Prämien der obligatorischen Krankenversicherung, welche direkt von der Behörde gedeckt werden, aber nicht als Sozialhilfeleistungen gelten. Darüber hinaus können Kosten von Zusatzversiche-rungen übernommen werden, falls dadurch notwendige Leistungen sichergestellt werden und der über die Grundversorgung hinausgehende Versicherungsschutz im Vergleich zur unmittelbaren Kostentragung die günstigere Lösung darstellt. Ein eigentlicher Anspruch auf eine solche Übernahme besteht allerdings nicht, sie ist vielmehr ins Ermessen der zuständi-gen Behörde gestellt. (vgl. auch VB.1999.00308 und VB.1999.00258, beide nicht publiziert).

Praxishilfen

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