Anspruch des Aufenthaltskantons

Kapitelnr.
18.2.01.
Publikationsdatum
1. November 2012
Kapitel
18 Kostenersatzpflicht
Unterkapitel
18.2. Weiterverrechnung nach ZUG

Rechtsgrundlagen

Art. 11 ZUG Art. 14 ZUG Art. 15 ZUG

Erläuterungen

1.Grundsätzliches

Beim Kostenersatzanspruch des Aufenthaltskantons sind drei verschiedene Ansprüche zu unterscheiden, nämlich

  • der Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Wohnkanton der bedürftigen Per-son (Art. 14 ZUG, Art. 23 ZUG),
  • der Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Heimatkanton der bedürftigen Person (Art. 15 ZUG) und
  • der Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem nach Art. 11 ZUG massgeblichen Aufenthaltskanton.

2.Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Wohnkanton

2.1. Notfallunterstützung Ist eine Person ausserhalb ihres Wohnkantons auf sofortige Hilfe angewiesen, so muss der Aufenthaltskanton (bzw. innerkantonal die Aufenthaltsgemeinde) ihr diese leisten (Art. 13 ZUG, Art. 20 Abs. 2 ZUG; vgl. Kapitel 3.1.02, Ziff. 4, und Kapitel 3.1.03, Ziff. 4). Nach Art. 14 Abs. 1 ZUG und Art. 23 Abs. 1 ZUG vergütet der Wohnkanton dem Aufent-haltskanton, der eine bedürftige Person im Notfall unterstützt, die Kosten der notwendigen und der in seinem Auftrag ausgerichteten weiteren Unterstützung sowie die Kosten der Rückkehr des Unterstützten an seinen Wohnort. Art. 14 ZUG bzw. Art. 23 ZUG regeln den Kostenersatz für die klassische Notfallhilfe. Der Aufenthaltskanton darf grundsätzlich nur Notfallhilfe leisten, d.h. die Hilfe muss sachlich und zeitlich dringend sein (vgl. dazu Kapitel 5.3.02). Weitergehende Hilfe darf er nur leisten, wenn er vom Wohnkanton dazu beauftragt worden ist. Da für die Unterstützung Bedürftiger grundsätzlich der Wohnkanton zuständig ist, kann der Aufenthaltskanton die geleistete Sozi-alhilfe vom Wohnkanton zurückverlangen (vgl. zur Geltendmachung des Kostenersatzan-

spruchs Kapitel 18.2.03). 2.2. Einstweilige Unterstützung bei umstrittenem Unterstützungswohnsitz Wie in Kapitel 3.3.03 dargelegt, kann es zwischen den Kantonen zu Streitigkeiten über die Zuständigkeit für die Unterstützung kommen. Ist umstritten, welche Gemeinde der Unterstüt-zungswohnsitz einer Person ist, hat der Kanton, in welchem sich die auf Hilfe angewiesene Person aufhält, einstweilen (d.h. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) die wirtschaftliche Hilfe auszurichten. Im Kanton Zürich ist hierfür grundsätzlich die Aufenthaltsgemeinde zu-ständig. Im Unterschied zur eigentlichen Notfallunterstützung geht es in solchen Fällen nicht um eine sachlich und zeitlich dringende Hilfe in einer Notlage, sondern um die Ausrichtung von ordentlicher Sozialhilfe. Das ZUG sieht weder ein spezielles Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit noch eine aus-drückliche Regelung des Kostenersatzes in solchen Fällen vor. Wenn sich jedoch der eigent-liche Unterstützungswohnsitz einer bedürftigen Person weigert, diese zu unterstützen, weil der betreffende Kanton von einem Wegzug und einer Unterstützungswohnsitzbegründung im aktuellen Aufenthaltskanton ausgeht, würde die Zuständigkeitsordnung der ZUG unterlaufen, wenn man dem für den Unterstützungswohnsitz einspringenden Aufenthaltskanton einen Kostenersatz verweigern würde. Insofern erweist sich die Regelung betreffend die Kostener-satzpflicht als unvollständig und daher ergänzungsbedürftig. Diese Lücke ist so zu füllen, dass dem Aufenthaltskanton (in sinngemässer Anwendung von Art. 14 Abs. 1 ZUG bzw. Art. 23 Abs. 1 ZUG) die Kosten für die ausgerichteten Sozialhilfeleistungen zu erstatten sind, wenn sich herausstellt, dass er tatsächlich nicht der Wohnkanton der bedürftigen Person ist. Bei umstrittenem Unterstützungswohnsitz hat also die Zürcher Aufenthaltsgemeinde die be-dürftige Person einstweilen zu unterstützen und zur Geltendmachung des Kostenersatzes und damit verbunden zur Klärung der Zuständigkeit eine Unterstützungsanzeige (vgl. dazu Kapitel 18.2.03) bei der nach Art. 29 ZUG zuständigen kantonalen Stelle, also im Kanton Zü-rich beim Kantonalen Sozialamt, einzureichen. Gegen die Unterstützungsanzeige kann dann der vermeintliche Wohnkanton Einsprache nach Art. 33 ZUG erheben und damit die Frage der Unterstützungszuständigkeit zum Gegenstand des Einspracheverfahrens machen (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.03 und Kapitel 18.2.03). 2.3. Ausnahme von der Kostenersatzpflicht des Wohnkantons Ist der Aufenthaltskanton gleichzeitig der Heimatkanton der unterstützten Person, so ist der Wohnkanton nicht zum Kostenersatz verpflichtet, wenn der Unterstützungswohnsitz der be-dürftigen Person noch nicht zwei Jahre besteht. Denn nach Art. 16 ZUG hat der Wohnkanton gegenüber dem Heimatkanton einen Anspruch auf Ersatz der Sozialhilfekosten für Perso-nen, die noch nicht zwei Jahre lang ununterbrochen im Kanton wohnen (Art. 16 ZUG, vgl. Kapitel 18.2.02). Die Kosten, welche der Aufenthaltskanton nach Art. 15 ZUG vom Wohnkan-ton fordern würde, müsste er diesem also gestützt auf Art. 16 ZUG wieder zurückerstatten. Daher besteht in Fällen, in denen der Aufenthaltskanton gleichzeitig der Heimatkanton der

unterstützten Person ist, nur dann ein Kostenersatzanspruch gegenüber dem Wohnkanton, wenn die Person seit zwei oder mehr Jahren ununterbrochen einen Unterstützungswohnsitz im Wohnkanton hat (Art. 14 Abs. 2 ZUG). In Fällen, in denen der Unterstützungswohnsitz umstritten ist und in denen der ohne Aner-kennung einer Rechtspflicht in die Unterstützung eingestiegene Aufenthaltskanton gleichzei-tig der Heimatkanton der auf Hilfe angewiesenen Person ist, ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2 ZUG die Schwierigkeit, dass die Klärung der Zuständigkeit nicht auf dem Weg der Einrei-chung einer Unterstützungsanzeige erfolgen kann. Denn der vermeintliche Wohnkanton könnte in der Einsprache gegen die Unterstützungsanzeige einfach geltend machen, selbst wenn er tatsächlich der Wohnkanton der bedürftigen Person sei, schulde er wegen Art. 14 Abs. 2 ZUG keinen Kostenersatz. Die Frage der Unterstützungszuständigkeit müsste in ei-nem solchen Einspracheverfahren also gar nicht geklärt werden, da so oder anders kein Kostenersatz geschuldet ist. In solchen Fällen bleibt nur der Versuch, über die nach Art. 29 ZUG zuständigen kantonalen Amtsstellen eine einvernehmliche Klärung der Zuständigkeit herbeizuführen. Gelingt dies nicht, hat der Aufenthaltskanton bzw. die Aufenthaltsgemeinde notgedrungen die Unterstüt-zung weiterzuführen, wobei zuhanden des mutmasslichen Wohnkantons klar festzuhalten ist, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt und einzig mit Blick auf Art. 14 Abs. 2 ZUG kein Kostenersatz geltend gemacht wird. Eine solche Mitteilung erfolgt durch die kantonalen Amtsstellen, im Kanton Zürich durch das Kantonale Sozialamt. Die Zürcher Auf-enthaltsgemeinde kann dann die Unterstützungsanzeige im Zeitpunkt, in welchem die Vo-raussetzungen von Art. 14 Abs. 2 ZUG erfüllt sind, d.h. nach Erreichen einer zweijährigen Wohnsitzdauer, zuhanden des mutmasslichen Wohnkantons einreichen.

3.Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Heimatkanton

Hat eine Person mit Schweizer Staatsangehörigkeit keinen Unterstützungswohnsitz in der Schweiz, ist der Aufenthaltskanton (bzw. innerkantonal die Aufenthaltsgemeinde) für die Un-terstützung zuständig (vgl. Kapitel 3.2.01 und Kapitel 3.2.02). Nach Art. 15 ZUG können die Kosten dem Heimatkanton in Rechnung gestellt werden. Gegenstand der Ersatzforderung des Aufenthaltskantons gegenüber dem Heimatkanton sind alle Aufwendungen einer ordentlichen sozialhilferechtlichen Unterstützung nach SKOS-Richt-linien und nicht nur Notfallhilfe. Die Weiterverrechnung an den Heimatkanton bei Personen ohne Wohnsitz ist unbefristet. Die Aufenthaltskantone bzw. –orte müssen die Bedürftigen aber bei der Wohnungssuche ak-tiv unterstützen, um die Heimatkantone nicht übermässig zu belasten. Zur Ermittlung des zuständigen Heimatkantons vgl. Kapitel 18.2.02, Ziff. 2. Zur Geltendmachung des Kostenersatzanspruches vgl. Kapitel 18.2.03.

4.Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem nach Art. 11 ZUG massge-blichen Aufenthaltskanton

Verfügt eine bedürftige Person in der Schweiz über keinen Unterstützungswohnsitz, obliegt die Zuständigkeit für Hilfeleistung dem Aufenthaltskanton bzw. der Aufenthaltsgemeinde. Gegenstand der auszurichtenden Hilfe können je nach Status der betroffenen Person ordent-liche Sozialhilfeleistungen nach SKOS-Richtlinien oder Notfallhilfeleistungen sein. Personen, die dauernd in der Schweiz leben und hier auch über eine Anwesenheitsberechtigung verfü-gen, haben Anspruch auf normale Sozialhilfeleistungen, auch wenn sie keinen festen Wohn-sitz haben. Personen hingegen, die sich nur vorübergehend in der Schweiz aufhalten oder hier über keine Anwesenheitsberechtigung verfügen, haben nur Anspruch Notfallhilfe. Wie in Kapitel 3.2.02 ausgeführt, schliesst die Funktion des Aufenthaltsortes, das unterstüt-zungspflichtige Gemeinwesen zu bestimmen, die Annahme mehrerer konkurrierender unter-stützungsbegründender Aufenthalte aus. Bestehen in einem gleichen Zeitraum mehrere Auf-enthaltsorte nebeneinander, muss an jenem Ort die Unterstützung geleistet werden, zu wel-chem die engste Beziehung besteht, und an welchen die betroffene Person immer wieder zurückkehrt. In solchen Situationen kann es vorkommen, dass sich die verschiedenen Auf-enthaltsorte uneins sind, welcher Ort der im Sinne von Art. 11 ZUG massgebliche Aufent-haltsort und damit unterstützungszuständig ist. Auch hier gilt, dass sich negative Kompe-tenzkonflikte nicht zulasten einer hilfebedürften Person auswirken dürfen. Eine der Aufent-haltsgemeinden hat deshalb die Unterstützung einstweilen aufzunehmen, auch wenn die Zu-ständigkeit noch nicht geklärt ist. Wann und ob ein die Unterstützungszuständigkeit ändernder Aufenthaltswechsel vorliegt, regelt das ZUG (abgesehen vom hier nicht massgebenden Art. 11 Abs. 2 ZUG) nicht. Auch regelt das ZUG nicht, wie vorzugehen ist, wenn der nach Art. 11 ZUG massgebliche Aufent-haltskanton seine Unterstützungszuständigkeit verneint und stattdessen der aktuelle, aber an sich nicht hilfepflichtige Aufenthaltskanton die Unterstützung ausrichtet. Insofern liegt eine Gesetzeslücke vor. Wie bei Fällen, in denen der Unterstützungswohnsitz umstritten ist (vgl. vorstehend Ziff. 1.2), ist auch hier dem die Hilfe einstweilen ausrichtenden Aufenthaltskanton einen Kostenersatz-anspruch zuzuerkennen, wenn sich herausstellt, dass die Zuständigkeit zur Unterstützung der betreffenden Person bei einem anderen Kanton liegt. Zur Geltendmachung des Kostenersatzes und damit verbunden zur Klärung der Zuständig-keit ist eine Unterstützungsanzeige (vgl. dazu Kapitel 18.2.03) bei der nach Art. 29 ZUG zu-ständigen kantonalen Stelle, also im Kanton Zürich beim Kantonalen Sozialamt, einzu-reichen. Gegen die Unterstützungsanzeige kann dann der nach Art. 11 ZUG vermeintlich zu-ständige Aufenthaltskanton Einsprache nach Art. 33 ZUG erheben und damit die Frage der Unterstützungszuständigkeit zum Gegenstand des Einspracheverfahrens machen (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.03 und Kapitel 18.2.03).

Rechtsprechung

Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Wohnkanton:

VB.2010.00343: Vergütungspflicht des Kantons Bern für Kosten eines Notfalltransports im Kanton Zürich. Eine in Bern wohnende Frau musste während ihres Aufenthalts in Zürich not-fallmässig hospitalisiert werden, was Sanitätstransportkosten in der Höhe von Fr. 592.50 verursachte. Nachdem der Sanitätsdienst vergeblich versucht hatte, die Transportkosten bei der Patientin erhältlich zu machen, ersuchte er das Sozialamt des Kantons Zürich um Kos-tenübernahme. Dieses wiederum ersuchte den Kanton Bern um Kostenvergütung. Vor Ver-waltungsgericht wehrt sich der Kanton Bern gegen die Kostenübernahme mit der Begrün-dung, die Patientin habe zum Zeitpunkt des Notfalltransports keine Sozialhilfe bezogen. Eine Vergütungspflicht des Kantons Bern gegenüber dem Kanton Zürich setzt voraus, dass die in Bern wohnhafte Patientin die Kosten für den Notfalltransport in Zürich nicht selber - mit oder ohne Versicherungsdeckung - begleichen kann (Subsidiaritätsprinzip; E. 4.1). Im vorliegen-den Fall ist die Bedürftigkeit der Patientin zu bejahen: Die Inkassobemühungen des Sani-tätsdienstes bei der Patientin führten zur Ausstellung eines Verlustscheins, und die Zürcher Behörden waren nicht dazu verpflichtet, im Kanton Bern weitergehende Abklärungen vorzu-nehmen bzw. sämtliche denkbaren Ansprüche der Patientin gegen Dritte zu prüfen (E. 4.4). Abweisung der Beschwerde (E. 5). Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid wurde mit Ur-teil des Bundesgerichtes vom 30. März 2011 abgewiesen.

Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem Heimatkanton:

Urteil des Bundesgerichts vom 5. Juli 2010, 8C_223/2010: Kostenersatzanspruch gestützt auf Art. 15 ZUG. Nach der Wegweisung aus seiner Wohnung meldete sich R. am 1. Dezem-ber 2007 in B./SG, wo er seit dem 1. September 1998 gewohnt hatte, ab und lebte in der Folge bei einem Kollegen in C./SG, wo er sich gleichentags anmeldete. Nachdem er sich am 18. Februar 2008 in C/SG abgemeldet hatte, lebte er bei einer Kollegin in D./SG, wo er sich am 13. März 2008 anmeldete. Am 20. März 2008 trat er in die Klinik X. in E./SG ein. Wäh-rend seines Klinikaufenthaltes behielt er seine polizeiliche Meldung in D./SG bei. Am 27. Ok-tober 2008 meldete er sich in F./SG an, wo er seit seinem Austritt aus der Klinik am 5. No-vember 2008 in seiner eigenen Wohnung lebt. Die Vorinstanz stützt ihre Auffassung, R. habe weder in C./SG noch in D./SG einen Unterstützungswohnsitz begründet, auf den Umstand ab, dass er nicht in einer eigenen Wohnung gelebt habe und sein Aufenthalt somit bloss vo-rübergehender Natur gewesen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Bei drogenabhängigen Personen kann einer befristeten resp. unklaren Wohnsituation keine ausschlaggebende Be-deutung beigemessen werden (vgl. Urteil 2A.420/1999 vom 2. Mai 2000 E. 6b in fine). Auch bei anderen Personen kann allein aus dem Umstand, dass sie in der betroffenen Gemeinde keine eigene Wohnung gefunden haben und sich - wie sich im Nachhinein ergibt - nur kurz in der Gemeinde aufhielten, die Begründung eines Unterstützungswohnsitzes nicht ausge-schlossen (vgl. Urteil 2A.253/2003 vom 23. September 2003 E. 3.4). Der länger (gemäss Vo-rinstanz mindestens 6 Monate) dauernde Aufenthalt in derselben Gemeinde ist nicht Voraus-setzung, sondern lediglich ein Indiz unter anderen für die Begründung eines Unterstüt-

zungswohnsitzes. Daran ändert auch nichts, dass gemäss Unterstützungsanzeige die beiden nicht namentlich genannten Kollegen R. nur vorübergehend bei sich wohnen liessen. Denn allein daraus kann nicht geschlossen werden, R. habe nicht beabsichtigt, sich anschliessend eine eigene oder anderweitige Unterkunft zu suchen. Entsprechendes wird zwar vom Kanton St. Gallen im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, doch fehlen in den Akten jegliche Hinweise dazu. Weiter sind aus den Akten - abgesehen von den namentlich nicht genannten beiden Kollegen in C./SG und D./SG - keine näheren Angaben über weitere Personen oder soziale Institutionen ersichtlich, bei welchen R. untergekommen wäre, so dass nicht gesagt werden kann, er habe bei wechselnden Personen und an wechselnden Orten übernachtet. Auch finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass R. beabsichtigte, nur bis zu seinem Klinik-eintritt und damit vorübergehend bei diesen beiden Kollegen zu wohnen. Das Bundesgericht hat zudem betont, bei drogenabhängigen Personen dürfe nicht leichthin angenommen wer-den, es mangle ihnen infolge fehlender sozialer und ökonomischer Beziehungen zu einem Ort an der Absicht des dauernden Verbleibs, und die Tatbestände der Ersatzpflicht des Hei-matkantons seien einschränkend auszulegen (E. 4.1). Bezüglich D./SG lässt der Umstand, dass R. sich anmeldete, als er dort bereits 3 1/2 Wochen gelebt hatte, auf die Absicht schliessen, sich an diesem Ort länger aufzuhalten. Schliesslich ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich R. seit 1998 stets in derselben Region aufhielt und auch nach seinem Klinikaufenthalt in F./SG einen neuen (Unterstützungs-)Wohnsitz begründete, was gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung als Indiz für die Absicht des dauernden Verbleibs zu werten ist (vgl. Urteil 2A.420/1999 vom 2. Mai 2000 E. 6b). Nach dem Gesagten wiegen die vom Kanton St. Gallen angeführten Umstände, soweit sie durch die Akten ge-stützt werden, nicht so schwer, als dass sie die gesetzliche Vermutung der Begründung ei-nes Unterstützungswohnsitzes infolge polizeilicher Anmeldung (Art. 4 Abs. 2 ZUG) in C./SG und D./SG umzustossen vermöchten. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass R. auch nach seinem Wegzug von B./SG stets Unterstützungswohnsitz im Kanton St. Gallen hatte. Somit hat der Kanton Aargau nicht für die angefallenen Unterstützungskosten aufzukommen. Urteil des Bundesgerichts vom 2. Mai 2000, 2A.420/1999: Hat der Unterstützte in der Schweiz keinen Wohnsitz, so vergütet der Heimatkanton dem Aufenthaltskanton die Kosten der Unterstützung (Art. 15 ZUG). Die Begriffe des Aufenthalts-, Wohn- und Heimatkantons sind solche des Bundesrechts (Blaise Knapp, in Kommentar BV (aBV), Rzn. 10 und 14 zu Art. 48). Nach Art. 9 Abs. 1 ZUG verliert eine Person ihren Unterstützungswohnsitz, wenn sie aus dem Wohnkanton wegzieht. Diese Bestimmung kann nicht so ausgelegt werden, dass sich der Unterstützungswohnsitz losgelöst von einem bestimmten Ort auf das Kantonsgebiet insgesamt bezieht. Eine solche Auslegung ist mit dem Wohnsitzbegriff nicht vereinbar und würde die vom Gesetz vorgesehene Zuständigkeitskonzeption, die den Wohnsitz vom blos-sen Aufenthalt unterscheidet, weitgehend unterlaufen. Der unterstützungsrechtliche Wohn-sitzbegriff gemäss Art. 4 ZUG ist dem zivilrechtlichen (vgl. Art. 23 Abs. 1 ZGB) angeglichen: Der Wohnsitz befindet sich dort, wo jemand sich mit der Absicht dauernden Verbleibens auf-hält. Da sich diese Absicht nach der Rechtsprechung in äusserlich erkennbaren Umständen verwirklichen muss, gilt als Wohnsitz einer Person der Ort, an dem sich faktisch der Mittel-punkt ihrer Lebensinteressen befindet (im Einzelnen: Thomet, a.a.O., Rz. 95 ff., mit Hinwei-sen). Den so verstandenen Lebensmittelpunkt kann eine Person aber grundsätzlich nur in einer bestimmten Gemeinde haben, nicht in einem Kanton als solchem. Auch dem Unter-

stützungswohnsitz gemäss Art. 4 ZUG liegt - begriffsimmanent - eine räumliche und persön-liche Beziehung einer Person zu einer bestimmten Gemeinde zu Grunde; dass das Gesetz, seinem Zweck entsprechend, dem Wortlaut nach an den "Kanton" bzw. "Wohnkanton" an-knüpft, vermag daran nichts zu ändern. Dementsprechend verliert eine Person ihren bisheri-gen Unterstützungswohnsitz nicht nur, wenn sie aus dem "Wohnkanton" wegzieht (Art. 9 Abs. 1 ZUG), sondern auch dann, wenn sie aus dem Ort wegzieht, zu dem sie bis dahin die wohnsitzbegründenden räumlichen und persönlichen Beziehungen hatte (Thomet, a.a.O., Rz. 148). Solange die betreffende Person weder in einem andern Kanton noch im bisherigen Wohnkanton einen neuen Wohnsitz begründet, besitzt sie in der Regel keinen Unterstüt-zungswohnsitz mehr (Thomet, a.a.O., Rz. 144). Das Zuständigkeitsgesetz kennt nämlich im Gegensatz zum Zivilrecht (vgl. Art.24 ZGB) den fiktiven Wohnsitz nicht (Knapp, a.a.O., Rz. 14; vgl. auch Botschaft des Bundesrates vom 22. November 1989, in: BBl 1990 I 49 ff., ins-besondere S. 63). Der bisherige Wohnkanton wird gegebenenfalls zum Aufenthaltskanton (vgl. Art. 11Abs. 1 ZUG; Thomet, a.a.O., Rz. 148) und als solcher unterstützungspflichtig (vgl. Art. 12 Abs. 2 ZUG). Ein Unterstützungswohnsitz ist deshalb insofern nicht zwingend notwendig (E. 4b). Dass eine Person auf Dauer keinen Unterstützungswohnsitz hat, darf aber nicht leichthin angenommen werden. Dies würde nicht nur dem Sinn und Zweck der Fürsorgegesetzgebung, sondern auch den richtig verstandenen Interessen des Bedürftigen und der betroffenen Gemeinwesen widersprechen. Es hätte zudem zur Folge, dass dem Heimatkanton eine zeitlich unbefristete Ersatzpflicht gegenüber dem Aufenthaltskanton oblä-ge. Auch das liefe dem mit der Gesetzesrevision von 1990 angestrebten Ziel, im Fürsorge-wesen zum Wohnsitzprinzip überzugehen, zuwider (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 53, 65 f.; Tho-met, a.a.O., Rzn. 43, 49, 52). Dieses Ziel gebietet und Rechtfertigt vielmehr, die Tatbestände der Ersatzpflicht des Heimatkantons (vgl. Art. 15 bis 17 ZUG) einschränkend auszulegen; den Rückerstattungsanspruch des Wohnkantons etwa hat der Gesetzgeber selber auf zwei Jahre befristet (vgl. Art. 16 ZUG). Mit Rücksicht auf diese Überlegungen hat die Vorinstanz vorliegend zu strenge Anforderungen an die Wohnsitzbegründung gestellt (E. 6a und 6b). Der Entscheid der Vorinstanz, G. habe im Unterstützungszeitraum keinen Unterstützungs-wohnsitz im Kanton Zürich gehabt, verletzt nach dem Gesagten Bundesrecht und ist aufzu-heben. Der Kostenersatzanspruch des Kantons Zürich ist demzufolge abzuweisen.

Anspruch des Aufenthaltskantons gegenüber dem nach Art. 11 ZUG massgeblichen Aufenthaltskanton:

VB.2008.00291: Rechtsgrundlagen der Unterstützungspflicht für Ausländer (E. 2.1). Definiti-on des Aufenthalts nach dem Zuständigkeitsgesetz (ZUG; E. 2.2). Wann ein die kantonale Unterstützungszuständigkeit ändernder Aufenthaltswechsel vorliegt, regelt das ZUG nicht; ein solcher ist bei Ausländern ohne Wohnsitz in der Schweiz zurückhaltend anzunehmen (E. 2.3). A wollte im Kanton X Wohnsitz nehmen, doch konnte er sich in der Unterkunft der Heilsarmee nicht polizeilich anmelden. Er hätte sich somit auf einen Unterstützungswohnsitz berufen können und war als EU-Bürger berechtigt, sich in der Schweiz niederzulassen oder mindestens aufzuhalten (E. 4.1.1+2). Es ist fraglich, ob er die Heilsarmeeunterkunft freiwillig verliess (E. 4.2). Er verfügt über eine engere Beziehung zum Kanton X und hielt sich dort über zwei Monate tatsächlich auf, so dass er dort seinen Aufenthalt begründete (E. 4.2.2).

Als er im Hauptbahnhof Zürich aufgegriffen wurde, war er auf dem Weg zum Konsulat; dies und die blosse Leistung der Nothilfe durch den Kanton Zürich führten nicht zu einem Wech-sel des Aufenthaltskantons. Deshalb bleibt der Beschwerdeführer als sein Aufenthaltskanton unterstützungspflichtig (E. 4.3.2+3). Abweisung der Beschwerde. Der Kanton X wurde damit zum Ersatz der vom Kanton Zürich geleisteten Notfallhilfe verpflichtet. Dieses Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich wurde bestätigt mit Urteil des Bundesgerichts vom 25. Februar 2009, 8C_852/2008. Urteil des Bundesgerichts vom 27. Oktober 2000, 2A.55/2000: Eine unpräjudizielle Hilfeleis-tung zur Vermeidung eines verpönten, weil zulasten des Hilfebedürftigen gehenden negati-ven Kompetenzkonfliktes entspricht Sinn und Geist des Zuständigkeitsgesetzes. Aus einer solchen Hilfeleistung darf deshalb keine Verwirkung des Rückerstattungsanspruches abge-leitet werden (E. 4b). Wenn ein hilfsbedürftiger Ausländer, der in der Schweiz keinen Wohn-sitz hat, seinen bisherigen Aufenthaltsort aufgibt, sind - vorbehältlich allfälliger Rückgriffs-rechte nach Art. 23 Abs. 2 ZUG - die Fürsorgekosten vom neuen Aufenthaltsort zu tragen. Wann und ob in einem solchen Fall ein die kantonale Unterstützungszuständigkeit ändernder Aufenthaltsortwechsel vorliegt, regelt das Zuständigkeitsgesetz, ausser in Art. 11 Abs. 2 ZUG, der jedoch eine eigentliche ärztliche oder behördliche Zuweisung voraussetzt, nicht. Insofern liegt eine Gesetzeslücke vor. Gemäss Botschaft des Bundesrates vom 17. Novem-ber 1976 (BBl 1976 III S. 1193 ff., S. 1199) kann ein Bedürftiger nicht unter allen Umständen an jedem beliebigen Ort der Schweiz, wo er sich gerade aufhält - und sei es auch nur vor-übergehend oder sogar auf der Durchreise - Unterstützung verlangen. Weder die Verfassung (vgl. nun Art. 115 BV) noch Art. 12 Abs. 2 ZUG wollen dem Bettel von Ort zu Ort Vorschub leisten (vgl. Thomet, a.a.O., N 182 S. 122). Eine Änderung der kantonalen Fürsorgezustän-digkeit bei einem in der Schweiz nicht ansässigen Ausländer, der vom Aufenthaltskanton un-terstützt werden muss, ist deshalb zurückhaltend anzunehmen (E. 5a).

Praxishilfen

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