Überbrückungsleistungen
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Rechtsgrundlagen
Art. 114 Abs. 5 BV Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose vom 19. Juni 2020 (ÜLG), SR 837.2 Verordnung über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose vom 11. Juni 2021 (ÜLV), SR 837.21 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG), SR 830.1 Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 11. September 2002 (ATSV), SR 830.11
Erläuterungen
1.Zweck
Die Überbrückungsleistungen richten sich an Personen, die nach dem vollendeten 60. Alters-jahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden. Mit den Überbrückungsleistun-gen soll sichergestellt werden, dass der Existenzbedarf ohne Rückgriff auf die Sozialhilfe gewährleistet ist, in der Regel bis das Rentenalter erreicht wird.
2.Überbrückungsleistungen
2.1 Anspruchsberechtigte Personen (vgl. Art. 5 - 6 ÜLG) Die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose richten sich an Personen, die
- frühestens im Monat, in dem sie ihr 60. Altersjahr erreichen, ausgesteuert werden;
- mindestens 20 Jahre in der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) der Schweiz versichert waren, davon mindestens fünf Jahre nach dem 50. Geburtstag;
- dabei ein Mindesteinkommen von jährlich mindestens 75 Prozent der AHV-Höchstrente (21’510 Franken, Stand 2021) verdient haben oder entsprechende Erziehungs- und Be-treuungsgutschriften aufweisen;
- den Wohnsitz und tatsächlichen Aufenthalt in der Schweiz oder in einem Mitgliedstaat der EU oder EFTA haben; sowie
- anerkannte Ausgaben haben, die ihre anrechenbaren Einnahmen übersteigen (wirt-schaftliche Voraussetzung).
Zudem erhält nur Überbrückungsleistungen, wer über ein Vermögen von weniger als 50'000 Franken (Alleinstehende) bzw. 100'000 Franken (Ehepaare) verfügt. Selbstbewohnte Lie-genschaften werden dabei nicht berücksichtigt, hingegen Vorsorgeguthaben der beruflichen Vorsorge, welches einen bestimmten Betrag übersteigt. Kein Anspruch auf Überbrückungsleistungen besteht
- bei einem Anspruch auf eine Rente der AHV oder der IV,
- wenn die Person vor dem 60. Geburtstag ausgesteuert wurde oder
- wenn die Person vor dem 1. Juli 2021 ausgesteuert wurde (zu den Übergangsbestim-mungen vgl. nachfolgend Ziffer 8). Wenn zur ordentlichen Altersrente voraussichtlich ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen entsteht, muss die AHV vorbezogen werden und es besteht kein Anspruch mehr auf Über-brückungsleistungen (vgl. nachfolgend Ziffer 2.4. lit. b). Gleiches gilt bei bereits vorhande-nem Ergänzungsleistungsanspruch. 2.2. Jährliche Überbrückungsleistungen a. Plafonds/Maximalbetrag (Art. 7 Abs. 2 ÜLG) Überbrückungsleistungen bestehen aus der jährlichen Überbrückungsleistung und der Ver-gütung von Krankheits- und Behinderungskosten bis zu einem jährlichen Maximalbetrag, der dem 2.25-fachen des allgemeinen Lebensbedarfs gemäss Art. 9 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1-2 ÜLG entspricht (total 44’123 Franken für Alleinstehende beziehungsweise 66’184 Franken für Ehepaare, Stand 2021). Krankheits- und Behinderungskosten werden jährlich bis zu einem Betrag von maximal 5000 Franken (Alleinstehende) bzw. 10'000 Franken (Ehepaare) vergütet, sofern der maximale Betrag der Überbrückungsleistungen nicht erreicht wird (Art. 17 Abs. 2 ÜLG). b. Berechnung Bei den Überbrückungsleistungen handelt es sich um Bedarfsleistungen, die sich eng am Modell der Ergänzungsleistungen orientieren. Die jährliche Überbrückungsleistung entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen (Art. 7 Abs. 1 ÜLG). Es werden nur die im Gesetz aufgeführten Ausgaben und Einnahmen aner-kannt. Bei Wohnsitz in der EU/EFTA werden bestimmte Ausgaben an die Kaufkraft des je-weiligen Landes angepasst (Art. 8 ÜLG). Überbrückungsleistungen werden monatlich aus-bezahlt. Als Ausgaben werden z.B. anerkannt (vgl. Art. 9 ÜLG):
- die Ausgaben für den allgemeinen Lebensbedarf,
- die Ausgaben für das Wohnen bis zu einem gewissen Mietzinsmaximum,
- der Betrag für die obligatorische Krankenversicherung,
- Beiträge an die AHV/IV/EO,
- Berufsauslagen bis zur Höhe des Bruttoerwerbseinkommens,
- geleistete familienrechtliche Unterhaltsbeiträge. Bei der Berechnung der anrechenbaren Einnahmen werden beispielsweise berücksichtigt (vgl. Art. 10 ÜLG):
- Renten und Pensionen,
- Vermögensertrag,
- Eigenmietwert,
- familienrechtliche Unterhaltsbeiträge,
- Ersatzeinkünfte,
- Einkünfte und Vermögenswerte, auf welche verzichtet worden ist,
- ein Teil des Vermögens und der Erwerbseinkünfte. Nicht berücksichtigt werden hingegen unter anderem Verwandtenunterstützungen und Sozi-alhilfeleistungen. Vom Erwerbseinkommen werden dabei lediglich zwei Drittel angerechnet, soweit das Einkommen einen bestimmten Betrag übersteigt. Bei Ehegatten bzw. Ehegattin-nen oder eingetragenen Partnerinnen und Partnern ohne Anspruch auf Überbrückungsleis-tungen wird das Erwerbseinkommen zu 80% angerechnet. c. Integrationsbemühungen Gemäss Art. 5 Abs. 5 ÜLG i.V.m. Art. 5 ÜLV müssen Bezügerinnen oder Bezüger von Über-brückungsleistungen sich weiterhin um die Integration in den Arbeitsmarkt bemühen. Wie die Integrationsbemühungen nachzuweisen sind und welche Konsequenzen das Fehlen von zumutbaren Integrationsbemühungen hat, ist noch unklar. 2.4 Krankheits- und Behinderungskosten Zusätzlich zu den jährlichen Überbrückungsleistungen können Krankheitskosten rückerstat-tet werden. Dies unter folgenden Voraussetzungen:
- Die Kosten sind nicht bereits durch eine andere Versicherung (z. B. Kranken-, Unfall- oder Invalidenversicherung) gedeckt und
- die Höchstbeträge (Plafonds) sind noch nicht erreicht.
Folgende Kosten werden vergütet (Art. 17 Abs. 1 ÜLG):
- Zahnärztliche Behandlung (wirtschaftliche und zweckmässige Behandlung),
- Mehrkosten für eine lebensnotwendige Diät,
- Transport zur nächstgelegenen Behandlungsstelle, Kosten für Hilfsmittel (einfache, wirt-schaftliche und zweckmässige Ausführung),
- Beteiligung an den Kosten der Krankenkasse (Selbstbehalt und Franchise) bis zum Be-trag von jährlich 1000 Franken. 2.4. Organisation und Verfahren a. Zuständigkeit Die Durchführungsstellen für die Zusatzleistungen zur AHV/IV sind auch für die Ausrichtung der Überbrückungsleistungen zuständig (Art. 19 Abs. 1 ÜLG). Diese Stellen befinden sich bei der Wohngemeinde oder bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich. Für Perso-nen mit Wohnsitz in der EU/EFTA ist die Durchführungsstelle des letzten Wohnsitzes in der Schweiz zuständig. Für Personen, die nie Wohnsitz in der Schweiz hatten, ist die Durchfüh-rungsstelle am Sitz des letzten Arbeitgebers zuständig (Art. 37 Abs. 3 ÜLV). b. Anmeldung, Entstehung und Ende des Anspruchs Der Anspruch auf Überbrückungsleistungen muss schriftlich angemeldet werden (Art. 37 Abs. 1 ÜLV). Er besteht grundsätzlich erstmals für den Monat, in welchem die Anmeldung eingereicht worden ist und sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 14 Abs. 1 ÜLG). Das Anmeldeformular kann bei der Durchführungsstelle bezogen werden. Der Anspruch auf Überbrückungsleistungen endet bei Erreichen des ordentlichen Rentenal-ters oder im Zeitpunkt, in dem die Altersrente frühestens vorbezogen werden kann, wenn dann absehbar ist, dass bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters ein Anspruch auf Er-gänzungsleistungen bestehen wird (Art. 3 Abs. 1 ÜLG, Art. 14 Abs. 3 ÜLG). c. Rechtsmittel Gegen die Verfügung, mit welcher über Überbrückungsleistungen entschieden wird, kann bei der verfügenden Stelle Einsprache gemäss Art. 52 ATSG erhoben werden. Einspracheent-scheide unterliegen der Beschwerde an das kantonale Sozialversicherungsgericht, dessen Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden. d. Rückerstattung Unrechtmässig, insbesondere in Verletzung der Meldepflicht (siehe nachstehend Ziffer 3),
bezogene Überbrückungsleistungen sind durch die versicherte Person oder im Nachlassfall durch die Erben zurückzuerstatten. Wurden die Überbrückungsleistungen zur Gewährleis-tung zweckgemässer Verwendung einer Behörde oder Drittpersonen ausgerichtet, so sind diese rückerstattungspflichtig. Nicht zum Kreis der Rückerstattungspflichtigen gehören Vor-munde, Vormundinnen, Beistandspersonen sowie die Kindes- und Erwachsenenschutzbe-hörde. Wer aber Überbrückungsleistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 ATSG). Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf dreier Jahre, nachdem die kommunale Durchführungsstelle (bzw. bei Vorliegen einer Anschlussvereinbarung gemäss § 7a ZLG die SVA) davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese Frist massgebend (Art. 25 Abs. 2 ATSG).
3.Meldepflichten
Von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der anspruchsberechtigten Person hat diese, ihre gesetzliche Vertretung oder gegebenenfalls die Drittperson oder die Behörde, welcher eine Überbrü-ckungsleistung ausbezahlt wird, der zuständigen Durchführungsstelle unverzüglich Mitteilung zu machen. Diese Meldepflicht erstreckt sich auch auf Veränderungen, welche bei an der Überbrückungsleistung beteiligten Familienmitgliedern der anspruchsberechtigten Person eintreten (Art. 43 ÜLV, vgl. auch Art. 31 ATSG). Zu meldende Änderungen sind beispielsweise Veränderungen der Einkommens- und Ver-mögenssituation, Wohnortswechsel, Änderung der Anzahl Mitbewohnerinnen und Mitbewoh-ner, Wechsel des Zivilstandes, Änderung der Pflegestufe bei Heimbewohnenden etc.
4.Nachzahlung an bevorschussende Dritte
Hat eine private oder eine öffentliche Fürsorgestelle einer Person im Hinblick auf Überbrü-ckungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt während einer Zeitspanne gewährt, für die rückwirkend Überbrückungsleistungen ausgerichtet werden, so kann ihr bei der Nachzahlung dieser Vorschuss direkt vergütet werden (Art. 42 Abs. 1 ÜLV).
5.Revision und Aufsicht
Das Kantonale Sozialamt führt Revisionen bei den Durchführungsstellen durch (Art. 19 Abs. 2 ÜLG) und trägt zur innerkantonalen Koordination der Umsetzung der Überbrückungsleis-tungen bei. Die Aufsicht wird vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) wahrgenommen, welches für die einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften sorgt (Art. 55 Abs. 1 ÜLV).
6.Strafbestimmungen
Art. 148a StGB stellt den unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe unter Strafe (vgl. dazu Kapitel 16.2.03). Art. 26 ÜLG stellt den unter anderem durch unwahre oder unvollständige oder in anderer Weise erwirkten unrechtmässigen Bezug von Überbrückungsleistungen unter Strafe. Diese Strafbestimmungen enthalten im Gegensatz zu Art. 148a StGB das Tatbestandsmerkmal des Irrtums nicht. Sie können also auch erfüllt werden, wenn der Täter oder die Täterin zwar z.B. unwahre Angaben macht, das Gegenüber aber die Unwahrheit erkennt, d.h. sich über die Anspruchsberechtigung nicht irrt, die Leistung aber dennoch erbringt. Ist aber in einem konkreten Fall der Straftatbestand von Art. 148a StGB erfüllt, erfolgt eine Bestrafung aus-schliesslich nach dieser Bestimmung, d.h. Art. 26 ÜLG kommt diesfalls nicht zur Anwendung.
7.Auswirkungen der EU/EFTA-Übereinkommen
Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (FZA, SR 0.142.112.681) und das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Frei-handelsassoziation (EFTA, SR 0.632.31) koordinieren die Sozialversicherungssysteme der beteiligten Länder. Die wesentlichen Grundsätze der Abkommen sind die Gleichbehandlung der EU/EFTA-Bürger mit den schweizerischen Staatsangehörigen und die Sicherung von erworbenen Ansprüchen gegenüber den Sozialversicherungen bei der Aufnahme einer Ar-beitstätigkeit in einem anderen Land. Nähere Informationen zu den erwähnten Abkommen und deren Auswirkungen auf die ein-zelnen Sozialversicherungen finden sich unter anderem auf der Homepage des Bundesam-tes für Sozialversicherungen (https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/int/grundlagen-und-abkommen/sozialversicherungsabkommen.html).
8.Übergangsbestimmungen
Das ÜLG ist seit 1. Juli 2021 in Kraft. Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgesteuert wurden, haben keinen Anspruch auf Überbrückungsleistungen (Art. 30 Abs. 1 ÜLG). In Abweichung von Absatz 1 haben Personen, die zwischen dem 1. Januar 2021 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgesteuert wurden, einen Anspruch auf Überbrückungsleis-tungen nach diesem Gesetz, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen gemäss Artikel 5 er-füllen (Art. 30 Abs. 1bis ÜLG). Die am 18. Dezember 2020 eingefügte Übergangsbestim-mung hat indes keine praktische Bedeutung mehr, da Personen, die bis zum 1. Juli 2021 das 60. Altersjahr vollendet und 20 Jahre Beiträge an die AHV bezahlt haben, in Anwendung der Übergangsbestimmung zur AVIG-Änderung vom 19. März 2021 von der Arbeitslosenversi-cherung ab dem 1. Januar 2021 bis zum Inkrafttreten des ÜLG nicht ausgesteuert worden
sind. Das heisst, die Rahmenfrist für diese Personengruppe wurde bis zum 1. Juli 2021 ver-längert und bestand weiterhin Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung.
Rechtsprechung
Praxishilfen
Weitergehende Informationen zum Thema Überbrückungsleistungen finden sich beim Bun-desamt für Sozialversicherungen: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/uela.html Gesetzliche Grundlagen und Wegleitung sind abrufbar un-ter https://www.zh.ch/de/soziales/ueberbrueckungsleistungen-fuer-aeltere-arbeitslose.html
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe