Der Gebäudesektor bietet riesiges Potenzial für neue Ansätze und Technologien. Ein Umsteuern von Primär- auf Recyclingmaterialien ist einer davon. Hier gibt es wichtige Empfehlungen für Beschaffende.
Wieso nachhaltig beschaffen?
Grosses Einsparpotenzial im Gebäudebereich
Die Erstellung und der Betrieb von Gebäuden sind hinsichtlich Klimaschutz und Ressourcenverbrauch bzw. Abfallaufkommen von grösster Bedeutung. Gebäude in der Schweiz beanspruchen rund 45 Prozent des Energieverbrauchs. Weiter ist der Gebäudesektor für 33 Prozent der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich.
Ambitionierte Anforderungen sind gerade im Rahmen einer Netto-Null Strategie des Kantons sowie im Sinne einer Kreislaufwirtschaft zentral.
Gebäude und Baumaterialien – Hotspots im Lebenszyklus
Lebenszyklusphase | Umwelt- und Sozialwirkung |
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Rohstoff |
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Herstellung |
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Nutzung |
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Nutzungsende |
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Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung
- Kantone in der Rolle als Bauherren, die konsequent auf nachhaltiges Bauen setzen, nehmen ihre Vorbildfunktion wahr und profitieren von einem Imagegewinn
- Verminderter Energieverbrauch und die damit verbundene Kosteneinsparung im Betrieb
- Massiver Beitrag zur Netto-Nullstrategie des Kantons Zürich
- Förderung von ökologischen Materialien
- Förderung der Kreislaufwirtschaft
- Stärkung der Nachfrage und des Angebots von wiederverwendbaren Produkten, Produktteilen und Sekundärrohstoffen
Wie nachhaltig beschaffen?
Die wichtigsten Empfehlungen vor und bei der Beschaffung
- Wo immer möglich soll ein Umbau einem Abriss und Neubau vorgezogen werden.
- Gebäude sollen nach den Prinzipien des «Reversible Building Designs» geplant und umgesetzt werden. Zentral ist hierfür die funktionale Trennung / Systemtrennung, welche zu einer erhöhten Umnutz- und Umbaubarkeit führen.
- Gebäude sollen als «Rohstoffmine» für die kommenden Generationen verstanden werden und durch Zerlegbarkeit dafür gesorgt werden, dass die Rohstoffe auch ausbeutbar sind. Dafür ist auch der Einsatz von Gebäudematerialpässen und eine standardisierte Dokumentation (wie z.B. bei Madaster) notwendig.
- Wo immer möglich soll bei der Planung der Einsatz gebauchter Bauteile vorgesehen werden.
- Genauso zentral ist der Einsatz ökologischer Baumaterialien.
- Beim Bau und der Materialwahl muss für das gesunde Innenraumklima während der Nutzungsphase geplant werden.
- Zentral für all diese Punkte ist die Designphase mit klaren Anforderungen und dementsprechend die Auswahl von Architektinnen und Planern, welche diese Fähigkeiten besitzen und Referenzen in diesen Themenbereichen vorzuweisen haben.
Wichtige Vorgaben zur nachhaltigen Beschaffung
Nachhaltigkeitsstandard Hochbau
Der überarbeitete Standard Nachhaltigkeit Hochbau (RRB 601/2021) gilt für alle Immobilien des Kantons Zürich unter dem Mieter- und Delegationsmodell. Der Kanton Zürich strebt ein zukunftsfähiges, wirtschaftliches und nachhaltiges Immobilienportfolio an. Der Standard Nachhaltigkeit Hochbau legt fest, was der Kanton Zürich bei seinen eigenen Bauprojekten unter nachhaltigem Bauen versteht. Es ist eine umfassende Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie notwendig. Der Standard berücksichtigt die Kriterien der SIA-Norm 112/1:2017 und orientiert sich an der Struktur des «Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS).
Empfehlungen für Ausschreibungskriterien
Auf bestehende Instrumente setzen
Der Kanton Zürich setzt bei der Beschaffung auf hohe Anforderungen und bewährte Instrumente der KBOB bzw. der ecobau.
Die Vorgaben der KBOB-Empfehlung 2008/1: 2017 «Nachhaltiges Bauen in Planer- und Werkverträgen» sind in sämtlichen Bauvorhaben einzuhalten. In allen Honorar- und Werkverträgen ist diese KBOB-Empfehlung als verbindliche Vertragsgrundlage festgelegt.
Alle Baumassnahmen sind energieeffizient, ressourcenschonend und schadstoffarm zu projektieren und umzusetzen. Bauteile, welche neu in das Gebäude eingebracht werden, müssen den Merkblättern nach ecoBKP des Vereins ecobau entsprechen.
Gebäude als Rohstoffminen
Im Kontext einer Netto-Null Strategie müssen Gebäude für die Nutzungsphase so energieeffizient wie möglich erstellt werden. Dabei muss die Vision über das Passivhaus hinaus das energieproduzierende Gebäude sein. Um so effizient wie möglich mit den Baumaterialien umzugehen, müssen Gebäude als Rohstoffminen verstanden und geplant werden.
Der Verlängerung der Lebensdauer von Bestandsgebäuden und einzelner Bauteile davon soll möglichst hohe Priorität beigemessen werden. Bauvorhaben sind rückbau- und recyclingfähig zu planen, so dass bei einer späteren Instandsetzung die Bauteile mehrheitlich wiederverwendet werden können. Zudem müssen sie für eine maximale Nutzungsdauer geplant sein. Dies beinhaltet ein zerlegbares Design, welches einfach vielfältige Umnutzungen und Umbauten ermöglicht. Beispielsweise sind alle Konstruktionen lösbar miteinander zu verbinden, damit diese später effizient demontiert und einer erneuten Verwendung zugeführt werden können.
Weiter sollen Baumaterialien mit möglichst geringem ökologischem Fussabdruck gewählt werden. Sie sollen keine oder nur unvermeidbare Mengen an human- und ökotoxischen Substanzen beinhalten, um die Umwelt und die in den Gebäuden arbeitenden und lebenden Menschen so wenig wie möglich zu belasten. In erster Linie soll auf die übergeordneten kantonalen Standards sowie das revidierte Energiegesetz verwiesen werden.
Vorgaben bei kantonalen Immobilien
Bei Hochbauvorhaben im Mietermodell sind die Prozesse mit Aufgaben und Zuständigkeiten gemäss Immobilienhandbuch (RRB-Nr. 1090/2018) zu beachten. Güter und Dienstleistungen werden durch die Nutzerdirektionen (Nutzerin, Besteller) bestellt, durch das Immobilienamt (Eigentümervertreterin) geprüft und freigegeben und durch das Hochbauamt (Bauherrenvertreter) geplant und ausgeschrieben.
Die grundsätzlichen Vorgaben bezüglich nachhaltiger Beschaffung sind in folgenden Dokumenten geregelt:
Anwendung der Kriterien
Die nachfolgenden Kriterien können in die Ausschreibung integriert werden. Je nach Ambitionsniveau kann eine unterschiedliche Anzahl Punkte verteilt werden. Die untenstehende Tabelle zeigt Vorschläge auf. Zudem müssen bei jeder Beschaffung die grundsätzlichen Teilnahmebedingungen berücksichtigt werden.
Die nachfolgenden Empfehlungen betreffen kantonale Liegenschaften unter dem Mieter- und Delegationsmodell wie Verwaltungsgebäude, Betriebs- und Werkgebäude:
- Neubauten (inkl. Baurechtsvergaben)
- Instandsetzungen
- Instandhaltungen
Die folgende Tabelle enthält Empfehlungen für Ausschreibungskriterien mit dem Fokus auf Kreislaufwirtschaft. Dies als Ergänzung zu den oben genannten Standards.
Thema / Bereich | Typ | Kriterium und Ambitionsniveau | Nachweis |
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Kreislaufkompetenzen Architektin / Planer | EK | Die Architekten und Planerinnen erklären sich bereit, folgende Aspekte in ihre Entwürfe und Arbeit zu integrieren:
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Bei 2-stufigem Verfahren oder Planerwahl: Für Umbaubarkeit und Rückbaubarkeit jeweils 1-2 Referenzen, oder jeweils 1-2 Referenzen des Partners oder schlüssige Darlegung, wie die Kompetenzen für das Projekt bereitgesellt werden. Können diese Fähigkeiten noch nicht mit Referenzen belegt werden, muss dargelegt werden, mit welchem kompetenten Partner zusammengearbeitet wird, oder wie die Bereitstellung der Kompetenzen für das Projekt realisiert wird. Erfolgt die Beschaffung z.B. mittels Wettbewerb: Aufzeigen eines Umnutzungs- und Sanierungskonzept nach 30 Jahren resp. 50 Jahren im Rahmen der Wettbewerbseingabe |
Materialpass | TS | Für das Gebäude muss ein Materialpass erstellt werden, welcher bei Bedarf in ein Materialkataster (z.B. Madaster) integriert werden kann. | Darlegen, wie gewährleistet wird oder nach welcher Methodik verfahren wird, um für das Gebäude einen entsprechenden Materialpass zu erstellen. Falls vorhanden Referenz angeben. |
Wiederverwendung bei Abbruch oder Umbau | TS | Materialien (z.B. Aushub, Ausbruch und Rückbaumaterialien) werden, soweit geeignet und wirtschaftlich vertretbar, innerhalb des Projekts, in anderen Projekten des Kantons oder durch Abgabe an Dritte wiederverwendet (z.B. Bauteilbörsen o.a.), ansonsten umweltverträglich entsorgt. |
Nachweis durch ein Entsorgungs- respektive Materialbewirtschaftungs-konzept |
Zustandsanalyse | TS | Als Basis für die Vorstudie ist eine detaillierte Zustandsanalyse mit Bauteilinventarisierung vom Bestand zu erstellen. |
Sichtbarmachen und Darlegen des Bestandswerts und mittels Konzept aufzeigen, wie die Informationen in einen Materialpass überführt werden |
Weiterführende Informationen
Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.
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Kontakt
Baudirektion - Koordinationsstelle für Umweltschutz