0432

Entscheidinstanz
Bezirksräte
Geschäftsnummer
GE.2021.17
Entscheiddatum
24. Juni 2024
Rechtsgebiet
Gemeinderecht
Stichworte
Grenzbereinigung; Schulgemeinde; Übergangsfrist; Gemeindegesetz; Aufsicht
Verwendete Erlasse
§ 163 lit. a GG § 164 GG § 165 GG § 167 lit. a GG § 168 GG § 178 GG

Zusammenfassung

(verfasst von der Bezirksratskanzlei Pfäffikon):

Am 1. Januar 2018 trat das neue Gemeindegesetz in Kraft. Dieses hält in § 178 Gemeindegesetz (GG) folgendes fest:

«Schulgemeinden, deren Gebiet nicht mit dem Gebiet einer oder mehrerer politischen Gemeinden übereinstimmt, passen ihr Gebiet innert vier Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an dasjenige der politischen Gemeinden an.»

Die vierjährige gesetzliche Übergangsfrist lief demnach am 31. Dezember 2021 ab. Die Schulpflegen der Primarschulgemeinden Wila und Turbenthal haben mehrere Vorlagen zur Grenzbereinigung zur Abstimmung gebracht. Die Stimmberechtigten der Primarschulgemeinde Wila haben diese Grenzbereinigungen jeweils abgelehnt, da die Kinder auf dem Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal nach der Grenzbereinigung zukünftig in die Primarschule Turbenthal gehen müssten. Ein Anschlussvertrag wurde auf Seiten der Primarschulgemeinde Turbenthal bisher abgelehnt bzw. nur als Übergangslösung vereinbart. Der Wortlaut von § 178 GG ist klar. Demnach darf es keine Schulgemeinden mehr geben, die nicht gesamthaft das Gebiet einer oder mehrerer Politischen Gemeinde umfassen. Die Auslegung von § 178 GG ergibt ein klares Bild des Willens des Gesetzgebers, dass die Grenzen der Schulgemeinden ohne Ausnahmen zu bereinigen sind. Da die Übergangsfrist am 31. Dezember 2021 ablief, ohne dass die Primarschulgemeinde Wila einer Grenzbereinigung zustimmte, wird somit klares Recht verletzt. Damit handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Da die Stimmberechtigten der Politischen Gemeinde Wila die Grenzbereinigung mehrfach ablehnten und klar ist, dass die Verletzung des klaren Rechts somit nicht vom zuständigen Organ behoben wird, hat der Bezirksrat nach § 166 GG aufsichtsrechtliche Massnahmen anzuordnen. Aufsichtsrechtliche Massnahmen haben verhältnismässig zu sein, d.h. sie müssen geeignet und notwendig sein. Es ist stets das mildeste Mittel zu wählen. Vorliegend ist nur das Ergreifen einer Ersatzvornahme geeignet, den klaren Willen des Gesetzgebers zu erreichen. Dies, indem die Bezirksräte Pfäffikon und Winterthur in einem koordinierten Vorgehen die Grenzen der Primarschulgemeinden Wila und Turbenthal bereinigen und die Gemeindeordnungen entsprechend anpassen. Hierzu setzen die Bezirksräte Pfäffikon und Winterthur die Grenzen der Primarschulgemeinden jeweils so fest, dass die Grenze der Primarschulgemeinde Wila das Gebiet der Politischen Gemeinden Wila und die Grenze der Primarschulgemeinde Turbenthal das Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal umfasst.

Entscheidtext:

1.

1.1

Am 1. Januar 2018 trat das neue Gemeindegesetz in Kraft. Dieses hält in § 178 Gemeindegesetz (GG) folgendes fest:

«Schulgemeinden, deren Gebiet nicht mit dem Gebiet einer oder mehrerer politischen Gemeinden übereinstimmt, passen ihr Gebiet innert vier Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an dasjenige der politischen Gemeinden an.»

Die vierjährige gesetzliche Übergangsfrist lief demnach am 31. Dezember 2021 ab.

1.2

Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 wies Regierungsrätin Jacqueline Fehr die Bezirksräte Winterthur und Pfäffikon darauf hin, dass die in den Bezirken Winterthur und Pfäffikon liegenden Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila ihr Gebiet innert vier Jahren nach Inkrafttreten des Gemeindegesetzes vom 20. April 2015 an dasjenige der politischen Gemeinden anzupassen haben. Dafür hätten sie ihren Stimmberechtigten am 7. März 2021 an der Urne einen entsprechenden Grenzbereinigungsvertrag zur Abstimmung vorgelegt. Die Stimmberechtigten der Primarschulgemeinde Turbenthal hätten der Vorlage zugestimmt. Die Stimmberechtigten der Primarschulgemeinde Wila hätten sie abgelehnt. Grenzbereinigungen benachbarter Schulgemeinden erforderten ein koordiniertes Vorgehen und könnten nicht einseitig angeordnet werden. Die weitere Entwicklung könnte zu einem aufsichtsrechtlichen Tätigwerden führen, die in die Zuständigkeit der Bezirksräte Winterthur und Pfäffikon falle.

1.3

Mit Präsidialverfügung vom 26. Juli 2021 forderte der Bezirksrat Pfäffikon die Primarschulgemeinde Wila auf, den Bezirksrat Pfäffikon über das weitere Vorgehen betreffend Grenzbereinigung zu informieren (act. 11).

1.4

Die Primarschulpflege Wila teilte mit Schreiben vom 27. August 2021 mit, dass die Totalrevision der Gemeindeordnung mit der Grenzbereinigung im Einvernehmen mit der Primarschulpflege Turbenthal am 28. November 2021 den Stimmberechtigten vorgelegt werde. Sie weist weiter darauf hin, dass die Möglichkeit einer Ablehnung bestehe und nimmt von der Absicht Kenntnis, im Falle eines Scheiterns in Wila die Grenzänderung obrigkeitlich anzuordnen (act. 17).

1.5

Mit Präsidialverfügung vom 10. Januar 2022 hielt der Bezirksrat Pfäffikon fest, dass die Stimmbevölkerung der Primarschulgemeinde Wila die Totalrevision der Gemeindeordnung und damit auch die Gebietsänderung zwischen der Primarschulgemeinde Wila und der Primarschulgemeinde Turbenthal anlässlich der Urnenabstimmung vom 28. November 2021 abgelehnt hat. Die Stimmbevölkerung der Primarschulgemeinde Turbenthal stimmte der Totalrevision der Gemeindeordnung und damit auch der Gebietsänderung zwischen der Primarschulgemeinde Wila und der Primarschulgemeinde Turbenthal anlässlich der Urnenabstimmung vom 28. November 2021 zu. Die Grenzbereinigung zwischen den Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila kann damit nicht vollzogen werden und die Grenzen der Primarschulgemeinden stimmen nach wie vor nicht mit dem Gebiet einer oder mehrerer politischer Gemeinden überein. Ein Teil der Primarschulgemeinde Wila gehört zur politischen Gemeinde Turbenthal. Da die Stimmbevölkerung der Primarschulgemeinde Wila die Grenzbereinigung mehrfach und damit einhergehend am 28. November 2021 auch die Totalrevision der Gemeindeordnung ablehnte, konnten die §§ 173 und 178 GG nicht erfüllt werden. Der Primarschulpflege Wila wurde eine Frist angesetzt, mitzuteilen, ob und wenn ja wie sie betreffend Grenzbereinigung weiterverfährt oder ob sie nach der Ablehnung der Grenzbereinigung durch die Stimmbevölkerung der Primarschulgemeinde Wila auf weitere entsprechende Vorlagen verzichtet. 

1.6

Die Primarschulpflege Turbenthal nahm auf Aufforderung des Bezirksrats Winterthur mit Eingabe vom 24. Januar 2022, in Kopie an den Bezirksrat Pfäffikon, dahingehend Stellung, dass den Stimmberechtigten im Laufe der gesetzten vierjährigen Frist die Grenzbereinigung zweimal vorgelegt worden sei. Die Stimmberechtigten hätten der Vorlage verbunden mit der Revision der Gemeindeordnung jeweils mit grossem Mehr zugestimmt. Die Totalrevision der Gemeindeordnung sei dem Regierungsrat zur Genehmigung eingereicht worden. Weder der Primarschulpflege noch der Primarschulgemeinde Turbenthal seien Ordnungs- oder Rechtswidrigkeiten vorzuwerfen. Für den Bezirksrat Winterthur bestünde deshalb kein Anlass gegen diese Massnahmen zu treffen. Dass die Primarschulgemeinde Wila die Grenzbereinigung abgelehnt habe, sei nicht Turbenthal anzulasten. In der Gemeinde Wila seien Initiativen zu einer Einheitsgemeinde Wila und zu einer Einheitsgemeinde Wila-Turbenthal eingereicht worden. Damit diese Initiativen geprüft und entschieden werden könnten, habe die Primarschule Turbenthal der Primarschule Wila vor der letzten Abstimmung eine Übergangsregelung bis Ende Schuljahr 2025/2026 angeboten, bis Wila über einen möglichen Zusammenschluss mit Turbenthal entschieden habe. Für die Primarschulpflege Turbenthal bestehe kein weiterer Handlungsbedarf (act. 50).

1.7

Die Primarschulpflege Wila nahm mit Eingabe vom 16. Februar 2022 dahingehend Stellung, dass die Primarschule Wila den Stimmberechtigten im Laufe der gesetzlichen Frist von vier Jahren die Grenzbereinigung zweimal vorgelegt habe, welche zweimal abgelehnt worden sei. In der Primarschulgemeinde Turbenthal sei dieselbe Vorlage zweimal angenommen worden. Die Stimmberechtigten der Gemeinde Wila hätten an der a.o. Gemeindeversammlung vom 30. Juni 2021 die Prüfungsinitiative für eine Einheitsgemeinde Wila und den Vorschlag des Gemeinderats zur Prüfung einer Einheitsgemeinde Wila-Turbenthal angenommen. Der Prüfungsbericht liege nun vor und werde an der a.o. Gemeindeversammlung vom 16. März 2022 vorgestellt und diskutiert. Nach der a.o. Gemeindeversammlung würden die Stimmberechtigten der Gemeinde Wila an der Urne am 15. Mai 2022 darüber abstimmen, welche Einheitsgemeinde umgesetzt werden solle. Falls die Wilemer Stimmberechtigten einer Einheitsgemeinde Wila-Turbenthal den Vorzug gäben, müsste keine Gebietsänderung mehr vorgenommen werden. Da die Bewohner der zur Politischen Gemeinde [Turbenthal] gehörenden Weiler und Höfe aus dem Steinenbachtal (Tablat, Gosswil, Kellersacker, Freckmünd, Kapell, Trauben, Furreshaus, Geer, Wilden und Zelgli) stark mit der Gemeinde Wila verwurzelt seien, wäre auch eine Gebietsänderung auf politischer Ebene eine Möglichkeit, die Probleme zu lösen. Es sei davon auszugehen, dass die aus dem Steinenbachtal betroffene Bevölkerung von ihrem Rekursrecht Gebrauch machen werde und es zu einem langwierigen Prozessverfahren kommen könne. Die Primarschule Wila verzichte vorläufig auf weitere Vorlagen und bitte den Bezirksrat, zu gegebener Zeit einen Entscheid zu fällen (act. 52).

1.8

An der Urnenabstimmung vom 15. Mai 2022 lehnten sowohl die Stimmberechtigten der Politischen Gemeinde Wila, der Oberstufenschulgemeinde als auch der Primarschulgemeinde Wila die Bildung einer Einheitsgemeinde Wila als auch einer Einheitsgemeinde Wila-Turbenthal ab.

2.

2.1

Der kantonalen Aufsicht unterstehen die Gemeinden (§ 163 lit. a GG). Die allgemeine Aufsicht üben die Bezirksräte und der Regierungsrat aus (§ 164 GG). Treten in einer beaufsichtigten Organisation Ordnungswidrigkeiten auf, sind sie vom zuständigen Organ dieser Organisation zu beheben. Der Bezirksrat greift ein, wenn das zuständige Organ das Erforderliche zur Behebung der Ordnungswidrigkeit unterlässt. In begründeten Fällen kann der Regierungsrat anstelle des Bezirksrates tätig werden (§ 165 GG). Die kantonale Aufsichtsbehörde greift nach § 167 lit. a GG ein, wenn Hinweise auf klare Rechtsverletzungen bestehen. Nach § 168 GG kann die kantonale Aufsichtsbehörde insbesondere Weisungen erteilen, vorsorgliche Massnahmen treffen, widerrechtliche Anordnungen, Beschlüsse und Erlasse aufheben und Ersatzanordnungen und Ersatzvornahmen treffen.

2.2

Bei der Primarschulgemeinde Wila handelt es sich um eine Gemeinde im Sinne von § 163 lit. a GG. Die Primarschulgemeinde Wila untersteht somit der Aufsicht des Bezirksrats Pfäffikon, weshalb der Bezirksrat Pfäffikon für aufsichtsrechtliche Massnahmen zuständig ist. Es handelt sich zudem vorliegend nicht um einen Ausnahmefall von § 168 Abs. 2 GG, bei dem die Aufsicht dem Regierungsrat vorbehalten bleibt.

3.

3.1

In der Sache geht es um die Sanierung altrechtlich gewährter Ausnahmen für Abweichungen der Grenzen von Schulgemeinden von jenen der politischen Gemeinden. Die innert Übergangsfrist durchzuführenden Bereinigungen schaffen die Voraussetzungen für weitere Zusammenschlüsse von Primar- und Sekundarschulgemeinden oder für die Auflösung der Schulgemeinden und die Übernahme der Schulaufgaben durch die politischen Gemeinden. Schliessen sich politische Gemeinden zusammen, die bis anhin keine Volksschulaufgaben wahrgenommen haben, ohne dass sich die in ihrem Gebiet befindlichen Primarschulgemeinden zusammenschliessen, würden Primarschulgemeinden weiterbestehen, die bloss ein Teilgebiet der zusammengeschlossenen politischen Gemeinde umfassen würden. Die betroffenen Primarschulgemeinden des entsprechenden Fusionsperimeters haben daher dafür zu sorgen, dass sie sich am Zusammenschluss der politischen Gemeinden beteiligen oder sich gemeinsam mit der Sekundarschulgemeinde zu einer Schulgemeinde zusammenschliessen. Die Verhältnisse erfordern grundsätzlich keine Ausnahme nach § 153 Abs. 3 GG, womit die parallele Bildung einer neuen Primarschulgemeinde ausgeschlossen werden kann. Unterbleibt ein entsprechender Zusammenschluss, ist durch den Regierungsrat mit der Genehmigung des Zusammenschlussvertrags die notwendige Grenzbereinigung analog § 178 GG anzuordnen. Die von § 178 GG betroffene Schulgemeinden haben ihr Gemeindegebiet in der Regel in ihrer Gemeindeordnung abgebildet. Die Praxis verlangte zuletzt eine – umständliche – beidseitige formelle Änderung der Gemeindeordnungen mit koordiniertem Genehmigungsverfahren. Für die Schülerinnen und Schüler des die Schulgemeinde wechselnden Gebiets ist auf den Wirksamkeitszeitpunkt des Vertrags über die Gebietsänderung zwischen den beteiligten Gemeinden ein Schülerzuteilungsvertrag abzuschliessen. Dieser hat die Rechtsform eines Anschlussvertrags. Der Regierungsrat bzw. im Vorfeld das Gemeindeamt hat für eine Koordination der Genehmigung der Gemeindeordnungen in einem Beschluss zusammen mit der Genehmigung der Gebietsänderung nach § 161 Abs. 2 GG zu sorgen, worauf die Gemeinden im Rahmen der Vorprüfung der Änderungen ihrer Gemeindeordnungen hinzuweisen sind. Vorbehalten bleibt die subsidiäre Anwendung aufsichtsrechtlicher Massnahmen. Solche sind anzuordnen, wenn die betroffenen Schulgemeinden die notwendige Grenzbereinigung nicht innert gesetzlich vorgeschriebener Frist beschliessen (Ersatzvornahme). Dies kann beispielsweise dann eintreten, wenn ein Gemeindevorstand die dafür notwendige Antragstellung unterlässt oder die Stimmberechtigten der Grenzbereinigung nicht zustimmen. Im Rahmen ihrer Aufsichtszuständigkeiten werden die Bezirksräte und der Regierungsrat den notwendigen Grenzbereinigungen die gebotene Aufmerksamkeit zukommen lassen müssen. Angezeigt scheint die Einrichtung eines laufenden Controllings über die notwendigen Umsetzungsschritte. Insbesondere ist zu beobachten, ob die Projekte zur Grenzbereinigung der betroffenen Schulgemeinden rechtzeitig aufgegleist und hinreichend koordiniert werden. Ist dies nicht der Fall, haben die zuständigen kantonalen Aufsichtsbehörden tätig zu werden und einzugreifen (§ 166 Abs. 2 und 3 GG). Dafür steht den Aufsichtsinstanzen ein breites Arsenal von Massnahmen offen (§ 168 Abs. 1 GG), denen sie sich massgeschneidert zu bedienen haben. Im Weiteren wird das Gemeindeamt für die betroffenen Gemeinden Vollzugs- und Beratungshilfen zur Verfügung stellen müssen, um eine reibungslose Umsetzung zu unterstützen (Urs Glättli in: Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, 2017, N 1 ff. zu § 178 GG).

3.2

Vorliegend ist offensichtlich, dass die Primarschulgemeinden Wila und Turbenthal nicht mit dem Gebiet einer oder mehrerer politischen Gemeinden übereinstimmen, da die Primarschulgemeinde Wila zusätzlich zum Gebiet der Politischen Gemeinde Wila mit dem Weiler Tablat und den im Steinenbachtal gelegenen Weilern und Höfen Gosswil, Kellersacker, Freckmünd, Kapell, Trauben, Furrershaus, Geer, Wilden, Zelgli auch Teile der Politischen Gemeinde Turbenthal enthält.

Die Schulpflegen der Primarschulgemeinden Wila und Turbenthal haben mehrere Vorlagen zur Grenzbereinigung zur Abstimmung gebracht. Die Stimmberechtigten der Primarschulgemeinde Wila haben diese Grenzbereinigungen jeweils abgelehnt, da die Kinder auf dem Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal nach der Grenzbereinigung zukünftig in die Primarschule Turbenthal gehen müssten. Ein Anschlussvertrag wurde auf Seiten der Primarschulgemeinde Turbenthal zunächst abgelehnt und alsdann nur als Übergangslösung vorgesehen. Dazu wurde im Beleuchtenden Bericht der Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila zur Urnenabstimmung vom 7. März 2021 festgehalten, dass die Grenzänderung auf den 1. Januar 2022 in Kraft treten solle. Die Schulkinder würden aber nicht mitten im Schuljahr den Schulort wechseln, sondern erst auf das neue Schuljahr 2022/23, d.h. per 1. August 2022. Eine Ausnahme bestehe für Schülerinnen und Schüler, die das letzte Schuljahr eines Klassenzugs am bisherigen Schulort beenden wollen (d.h. das 2. Kindergartenjahr, die 3. und 6. Klasse). Vorbehalten bleibe die Bewilligung von begründeten Härtefällen durch einvernehmlichen Beschluss der beiden Behörden. Die Schulpflegen könnten wie bisher, Schülerinnen und Schüler einer anderen Gemeinde im Einzelfall auf Gesuch hin gegen ein Schulgeld aufnehmen. Im Hinblick auf die Urnenabstimmung im November 2021 führten die Primarschulpflegen Wila und Turbenthal in einer gemeinsamen Medienmitteilung vom 4. November 2021 aus, sie hätten im Rahmen der Grenzbereinigung auf eine Übergangsfrist für die betroffenen Kinder gesetzt, jedoch auf keine Anschlussverträge. D.h. die Kinder aus Tablat und dem Steinenbachtal, die ab 1. Januar 2022 neu zur Schulgemeinde Turbenthal gehörten, würden dem Turbenthaler Primarschulhaus Schmidrüti zugeteilt. Die Übergangslösung, wie sie im Rahmen der neuen Gemeindeordnung vorgesehen sei, stosse bei der betroffenen Bevölkerung jedoch auf grossen Widerstand. Die Primarschulpflege Turbenthal habe aus diesem Grund mit allen betroffenen Familien persönliche Gespräche geführt und daraufhin Alternativen geprüft. Anschliessend hätten sich die beiden Primarschulpflegen von Wila und Turbenthal auf eine erweiterte Übergangslösung geeinigt. Diese berücksichtigte die Tatsache, dass aufgrund der aktuellen Prüfungs-Initiativen in Wila zwischen den beiden Gemeinden Wila und Turbenthal das Thema Fusion im Gespräch sei. Falls die neuen Gemeindeordnungen, inklusive der Anpassung des Grenzverlaufs, am 28. November 2021 in beiden Schulgemeinden angenommen werden, komme für die Schüler und Schülerinnen, die ab 1. Januar 2022 neu zur Primarschulgemeinde Turbenthal gehörten, eine verlängerte Übergangslösung zur Anwendung. D.h. diese Kinder könnten weiterhin den Kindergarten und die Primarschule in Wila besuchen und die Primarschule Turbenthal bezahle während der Übergangslösung Schulgeld gemäss den kantonalen Vorgaben an die Primarschule Wila. Bei einer Ablehnung der Gemeindeordnungen müssten die Primarschulpflegen die Situation wieder neu beurteilen. Diese Übergangslösung gelte bis zu einem Entscheid in Wila zu einem möglichen Zusammenschluss mit Turbenthal und werde befristet bis Ende Schuljahr 2025/26. Habe bis zu diesem Zeitpunkt kein Zusammenschluss der Gemeinden stattgefunden, würden die Kinder per Schuljahr 2026/27 in die Primarschule Turbenthal übertreten. Ein vorzeitiger Übertritt in die Primarschule Turbenthal bleibe auf Beginn eines Schuljahres jederzeit möglich, auf schriftlichen Antrag der Eltern bei der Primarschule Turbenthal bis Ende Kalenderjahr. Die Prüfung einer Einheitsgemeine Wila-Turbenthal, welche ebenfalls dazu führen könnte, dass das Gebiet mit demjenigen einer oder mehrerer Gemeinden übereinstimmt, wurde im Mai 2022 in Wila abgelehnt. Weitere politische Vorstösse, welche in absehbarer Zeit zu einer Lösung führen könnten, sind derzeit nicht ersichtlich.

Der Wortlaut von § 178 GG ist klar. Demnach darf es keine Schulgemeinden mehr geben, die nicht gesamthaft das Gebiet einer oder mehrerer Politischen Gemeinden umfassen. Diese Gesetzesänderung wurde 2015 beschlossen und auf den 1. Januar 2018 mit einer Übergangsfrist von vier Jahren in Kraft gesetzt. Sinn und Zweck der Bestimmung ist eine Vereinheitlichung der Grenzen der Politischen und der Schulgemeinden, um die Voraussetzungen für weitere Zusammenschlüsse von Primar- und Sekundarschulgemeinden oder für die Auflösung der Schulgemeinden und die Übernahme der Schulaufgaben durch die politischen Gemeinden zu schaffen. So verunmöglichen Schulgemeinden, die teilweise Gebiete anderer Politischer Gemeinden beinhalten z.B. die Schaffung einer Einheitsgemeinde. Systematisch befindet sich § 178 GG in den Schlussbestimmungen mit der Marginalie Grenzbereinigung von Schulgemeinden. Der Gesetzgeber ging somit davon aus, dass innert vier Jahren die Grenzen bereinigt sein müssen und § 178 GG anschliessend seine eigenständige Bedeutung verliert. Die Auslegung von § 178 GG ergibt somit ein klares Bild des Willens des Gesetzgebers, dass die Grenzen der Schulgemeinden ohne Ausnahmen zu bereinigen sind. Da die Übergangsfrist am 31. Dezember 2021 ablief, ohne dass die Primarschulgemeinde Wila einer Grenzbereinigung zustimmte, wird somit klares Recht verletzt. Damit handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Die Stimmberechtigten sind nach § 9 GG oberstes Organ der Gemeinde. Liegen Hinweise auf eine klare Rechtsverletzung vor, greift die kantonale Aufsichtsbehörde nach § 167 lit. a GG ein. Da die Stimmberechtigten der Politischen Gemeinde Wila die Grenzbereinigung mehrfach ablehnten und klar ist, dass die Verletzung des klaren Rechts somit nicht vom zuständigen Organ behoben wird, hat der Bezirksrat nach § 166 GG aufsichtsrechtliche Massnahmen anzuordnen. Aufsichtsrechtliche Massnahmen haben verhältnismässig zu sein, d.h. sie müssen geeignet und notwendig sein. Es ist stets das mildeste Mittel zu wählen. Die Erteilung einer Weisung fällt vorliegend ausser Betracht, da die Weisung einer neuerlichen Abstimmung zur Grenzbereinigung aufgrund der bereits mehrfach erfolgten Ablehnung durch die Stimmbevölkerung der Primarschulgemeinde Wila kaum erfolgreich sein dürfte. Ebenso wenig sind erfolgversprechende vorsorgliche Massnahmen ersichtlich und die Aufhebung der Urnenabstimmungen würde nicht zu einer Grenzbereinigung führen. Vorliegend ist demnach nur das Ergreifen einer Ersatzvornahme geeignet, den klaren Willen des Gesetzgebers zu erreichen. Dies, indem der Bezirksrat Pfäffikon in Koordination mit dem Bezirksrat Winterthur als Ersatzvornahme - mangels Vorliegens eines beidseits von den Stimmberechtigten beider Gemeinden angenommenen Grenzbereinigungsvertrags - die Gemeindegrenzen bereinigt.

Der Bezirksrat Pfäffikon setzt daher die Grenzen der Primarschulgemeinde Wila so fest, dass die Primarschulgemeinde Wila das gesamte Gebiet der Politischen Gemeinde Wila umfasst und passt Art. 1 der Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Wila entsprechend an. 

3.3

Die Primarschulgemeinde Turbenthal hat am 28. November 2021 die Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Turbenthal angenommen, welche in Art. 2 festhält, dass die Primarschulgemeinde Turbenthal das Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal umfasst. Da es sich dabei um eine einseitige Gebietsänderung handelte, genehmigte der Regierungsrat Art. 2 mit Beschluss vom 9. März 2022 nicht. Der Regierungsrat verwies in Ziff. 3 darauf, dass die Gemeinden die Änderungen ihrer Gebiete gemäss § 160 Abs. 2 GG zu koordinieren haben, sodass Gebietsänderungen nicht einseitig allein bestimmt werden. Das Gemeindegebiet der Primarschulgemeinde Turbenthal bestimme sich daher nach Art. 2 der bisher geltenden Gemeindeordnung vom 1. Juni 2008 (act. 58). Die vorliegend in Koordination mit dem Bezirksrat Pfäffikon vorzunehmende Bereinigung der Grenzen zwischen den Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila erfordert nun, dass der Bezirksrat Winterthur die Grenzen der Primarschulgemeinde Turbenthal als Ersatzvornahme - mangels Vorliegens eines beidseits von den Stimmberechtigten beider Gemeinden angenommenen Grenzbereinigungsvertrags - so festlegt, dass die Primarschulgemeinde Turbenthal das gesamte Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal umfasst und den geltenden Art. 2 der Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Turbenthal entsprechend anpasst.

3.4

Die Umsetzung der Grenzbereinigung bedeutet, dass die betroffenen Kinder der Gebiete der Primarschulgemeinde Wila, welche auf dem Gebiet der Politischen Gemeinde Turbenthal liegen, zukünftig an anderen Orten in die Schule gehen. Die Schulzuteilungen für das Schuljahr 2024/2025 sind im heutigen Zeitpunkt jedoch bereits erfolgt. Eine unterjährige Festlegung bzw. Bereinigung der Grenzen mit einem Schulortwechsel der betroffenen Kinder ist nicht angemessen. Zudem ist sicherzustellen, dass die Schullaufbahnentscheide nach § 33 ff. der Volksschulverordnung (VSV) rechtzeitig ergehen können. Den betroffenen Gemeinden ist mit einer Übergangsfrist (zwischen dem Datum der Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Grenzbereinigung) schliesslich auch Gelegenheit zu geben, um allfällige Vorbereitungshandlungen vorzunehmen und gegebenenfalls weitere Vorkehrungen zu treffen. Ein Schuljahr beginnt jeweils am Montag in der 34. Woche eines Kalenderjahres. Eine Übergangsfrist von mindestens 34 Wochen bzw. mehr als sieben Monate erweist sich zeitlich als angemessen. Damit ist sichergestellt, dass spätestens Ende eines Kalenderjahres Rechtssicherheit besteht, ob die Grenzbereinigung im nächsten Kalenderjahr bzw. auf das nächste Schuljahr hin erfolgt.

Da die Grenzbereinigung koordiniert erfolgen muss, können die mit dem vorliegenden Beschluss zu treffenden Anordnungen nur dann in Kraft treten, wenn sowohl der vorliegende Beschluss als auch der Beschluss des Bezirksrats Winterthur betreffend Grenzbereinigung der Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila in Rechtskraft erwachsen sind. Es ist somit festzulegen, dass die Anordnungen im vorliegenden Beschluss erst nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses sowie (kumulativ) des Beschlusses des Bezirksrats Winterthur betreffend Grenzbereinigung der Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila mit einer Übergangsfrist von mindestens 34 Wochen auf Beginn eines neuen Schuljahres in Kraft treten.

3.5

Wichtig ist der Hinweis, dass es den Primarschulgemeinden Wila und Turbenthal freisteht, sei es als Übergangslösung oder generell, Anschlussverträge für die betroffenen Kinder zu vereinbaren. Eine aufsichtsrechtliche Anordnung von Anschlussverträgen würde zu stark in die Gemeindeautonomie eingreifen und würde somit nicht mehr das mildeste Mittel darstellen. Die Primarschulpflegen Turbenthal und Wila haben bereits in den Vorlagen und auch im Hinblick auf die Abstimmung vom November 2021 gemeinsame Übergangslösungen erarbeitet. Die Ausarbeitung solcher Übergangslösungen wird den beiden Primarschulpflegen empfohlen, um Härtefälle für die betroffenen Kinder zu verhindern.

3.6

Es ist sicherzustellen, dass der Primarschulpflege Turbenthal die für die Laufbahnentscheide nach § 33 ff. VSV relevanten Informationen über die Schülerinnen und Schüler, welche von der Grenzbereinigung betroffen sind, rechtzeitig zur Verfügung stehen. Die Primarschulpflege Wila ist daher zu verpflichten, diese für die Laufbahnentscheide relevanten Informationen auf Anfang des nächsten Kalenderjahres nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses der Primarschulpflege Turbenthal zur Verfügung zu stellen.

3.7

Gemeindeordnungen und Änderungen von Gemeindeordnungen bedürfen der Genehmigung des Regierungsrates. Die Genehmigung durch den Regierungsrat hat konstitutive Wirkung (vgl. Art. 89 Abs. 3 Kantonsverfassung [KV] und § 4 Abs. 1 GG). Entsprechend müssen dem Regierungsrat die vorliegenden Anpassungen der Gemeindeordnungen (vgl. Ziff. 3.2 und 3.3. vorstehend) nach Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses zur Genehmigung unterbreitet werden.

4.

Verfahrenskosten sind keine zu erheben.

Der Bezirksrat beschliesst:

I.

Der Bezirksrat Pfäffikon ordnet an, dass die Grenze der Primarschulgemeinde Wila das gesamte Gebiet der Politischen Gemeinde Wila umfasst.

II.

Art. 1 Abs. 1 der geltenden Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Wila wird aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

Die Primarschulgemeinde umfasst das gesamte Gebiet der Politischen Gemeinde Wila.

III.

Die Grenzbereinigung (Ziff. I vorstehend) und die Anpassung von Art. 1 Abs. 1 der Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Wila (Ziff. II vorstehend) treten nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses sowie (kumulativ) des Beschlusses des Bezirksrats Winterthur betreffend Grenzbereinigung der Primarschulgemeinden Turbenthal und Wila mit einer Übergangsfrist von mindestens 34 Wochen auf Beginn eines neuen Schuljahres in Kraft.

IV.

Die Primarschulpflege Wila wird verpflichtet, die für die Laufbahnentscheide nach § 33 ff. VSV relevanten Informationen über die Schülerinnen und Schüler, welche von der Grenzbereinigung betroffen sind, auf Anfang des nächsten Kalenderjahres nach Eintritt der Rechtskraft der Primarschulpflege Turbenthal zur Verfügung zu stellen.

V.

Die Änderung der Gemeindeordnung gemäss Ziffer II wird nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses dem Regierungsrat zur Genehmigung unterbreitet.

VI.

Verfahrenskosten werden keine erhoben.

VII.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit dessen Zustellung beim Regierungsrat des Kantons Zürich, 8090 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden. Die in dreifacher Ausfertigung einzureichende Rekursschrift hat einen Antrag und dessen Begründung zu enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen oder genau zu bezeichnen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.

VIII.

Dispositivziffer I - VII dieses Beschlusses werden am 28. Juni 2024 im Amtsblatt des Kantons Zürich und im Zürcher Oberländer mit dem Hinweis publiziert, dass der Beschluss beim Bezirksrat Pfäffikon, Hörnlistrasse 71, 8330 Pfäffikon bezogen werden kann.

IX.

Mitteilung an:

  • Primarschulpflege Wila, Eichhaldenstrasse 23, 8492 Wila (Empfangsschein)
  • Bezirksrat Winterthur, Lindstrasse 8, 8400 Winterthur (Empfangsschein)
  • Direktion der Justiz und des Innern, des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich (Empfangsschein)

Nach Eintritt der Rechtskraft:

  • Regierungsrat des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich zur Genehmigung des nach Ziff. II vorstehend neu gefassten Art. 1 Abs. 1 der Gemeindeordnung der Primarschulgemeinde Wila (Empfangsschein)

Hinweis: Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. 

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