0414

Entscheidinstanz
Direktion der Justiz und des Innern
Geschäftsnummer
JI-2023-1170
Entscheiddatum
19. Juni 2023
Rechtsgebiet
Straf- und Massnahmenvollzug
Stichworte
Stationäre Massnahme Strafvollzug Verwahrung
Verwendete Erlasse
Art. 56 Abs. 2 StGB Art. 59 StGB Art. 62 Abs. 1 StGB Art. 62c Abs. 1 Bst. a StGB Art. 62d Abs. 1 StGB Art. 64 StGB

Zusammenfassung (verfasst von der Direktion der Justiz und des Innern):

Das Bezirksgericht Zürich ordnete beim Rekurrenten eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an, und zwar erstmals am 11. Januar 2018 und nach einer Überprüfung derselben erneut am 27. Juni 2022. Im März 2023 wies der Rekursgegner das Gesuch des Rekurrenten um Aufhebung dieser Massnahme wegen Aussichtslosigkeit ab.

Die Behandlungsbedürftigkeit sowie die Behandlungsfähigkeit des Rekurrenten in einem stationären Setting im Sinne von Art. 59 StGB sind klar zu bejahen. Eine gewisse Therapiebereitschaft ist erkennbar. Dies erscheint im jetzigen Stadium der Massnahme als ausreichend, befindet sich die Therapie aufgrund der Verweigerung des Rekurrenten und des darauffolgenden langen Unterbruchs trotz des beträchtlichen Zeitablaufs faktisch doch noch im Anfangsstadium. Die (Wieder-)Aufnahme einer Behandlungsmotivation und -Compliance kann damit nach wie vor als notwendiger Teil der Massnahme betrachtet werden. Dass mittlerweile die therapeutischen Mittel zur Beeinflussung des Rekurrenten abschliessend ausgeschöpft wären, ergibt sich jedenfalls nicht aus den Akten. Die Massnahme erweist sich damit als (noch) nicht definitiv undurchführbar im Sinne von Art. 62c Abs. 1 Bst. a StGB. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten (hohes Rückfallrisiko in Bezug auf Gewaltstraftaten, insbesondere gegen Frauen) erweist sich die Weiterführung der Massnahme schliesslich nicht als unverhältnismässig im Sinne von Art. 56 Abs. 2 StGB.

Der Rekurs ist abzuweisen.
 

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug):

Sachverhalt:

A. wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 11. Januar 2018 der Freiheitsberaubung, der mehrfachen Körperverletzung (teilweise mit einem gefährlichen Gegenstand), der mehrfachen Nötigung sowie des Versuchs dazu und der Tätlichkeiten schuldig gesprochen. Er wurde mit 30 Monaten Freiheitsstrafe (unter Anrechnung von 349 bereits durch Haft und vorzeitigen Strafvollzug erstandenen Tagen) bestraft. Das Bezirksgericht ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311) an. Am 12. Juni 2019 ordnete das Obergericht des Kantons Zürich den Vollzug von zwei Tagen Ersatzfreiheitsstrafe wegen einer nicht bezahlten Busse von Fr. 200.– an. Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich, Bewährungs- und Vollzugsdienste, Vollzug 3 (fortan: JuWe) setzte die stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB am 15. Februar 2018 in Vollzug. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2021 hob das JuWe die stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB auf und beantragte dem Bezirksgericht Zürich, bei A. sei gestützt auf Art. 62c Abs. 4 StGB eine Verwahrung nach Art. 64 StGB anzuordnen. Mit Beschluss vom 27. Juni 2022 wies das Bezirksgericht Zürich den Antrag auf Anordnung einer Verwahrung ab und ordnete bei A. erneut eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Verfügung vom 7. März 2023 wies das JuWe das Gesuch von A. vom 14. Dezember 2022 um Aufhebung der stationären Massnahme wegen Aussichtslosigkeit ab. Mit Eingabe vom 3. April 2023 erhob A., vertreten durch J.C. Minnig, Rekurs gegen die erwähnte Verfügung vom 7. März 2023. Er beantragte (1.) die Aufhebung der angefochtenen Verfügung, (2.) die Aufhebung der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB und Entlassung aus der Haft, (3.) unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates. Mit Vernehmlassung vom 3. Mai 2023 beantragte das JuWe die Abweisung des Rekurses und reichte die Vollzugsakten ein. In der Folge liess sich A. nicht mehr vernehmen, womit die Sachverhaltsermittlungen als abgeschlossen gelten.

Erwägungen:

1. [Prozessvoraussetzungen]

2.

2.1 Der Rekursgegner begründet die abgelehnte Aufhebung der stationären Massnahme im Wesentlichen und zusammengefasst dahingehend, das Bezirksgericht Zürich habe beim Rekurrenten in seinem unangefochten gebliebenen Beschluss vom 27. Juni 2022 erneut eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB angeordnet. Er (der Rekursgegner) sei damit verpflichtet, diese Massnahme zu vollziehen. Am 2. Dezember 2022 sei der zuständige Psychiatrisch-Psychologische Dienst (PPD) mit der Therapieabklärung des Rekurrenten beauftragt worden. Die Abklärungen seien noch im Gange, weshalb das Gesuch des Rekurrenten als verfrüht abzuweisen sei.

2.2 Der Rekurrent bringt zur Begründung seines Rekurses im Wesentlichen und zusammenfasst Folgendes vor: Für die erneute Anordnung der Massnahme nach Art. 59 StGB habe sich das Bezirksgericht Zürich auf die Gutachten C. von 2017 und 2021 abgestützt, welche er als fehlerhaft und rechtswidrig erachte und die deshalb aus dem Recht zu weisen seien. Der Gutachter beweise mit seinen Diagnosefindungen eine lebhafte Fantasie und sei durchaus als Quacksalber zu bezeichnen. So fehle ein pathologischer Nachweis zur behaupteten dissozialen Persönlichkeitsstörung und zur Alkoholabhängigkeit. Es könne nur von einem schädlichen Gebrauch von Alkohol ausgegangen werden. Das Gericht habe das Gutachten nur ungenügend geprüft und eine schwere psychische Störung nicht festgestellt. Damit fehle es an einer Voraussetzung für die erneute Anordnung einer Massnahme nach Art. 59 StGB. Es könne lediglich von einer psychischen Störung mit einem Krankheitswert mittleren Schweregrades gesprochen werden. Eine erhebliche Gefahr für die Gesellschaft sei nicht gegeben. Dies reiche nicht aus, um eine Massnahme nach Art. 59 StGB aufrechtzuerhalten. Er (der Rekurrent) sei nicht bereit, sich dieser Massnahme zu unterwerfen, weshalb die stationäre Massnahme als aussichtslos und zwecklos aufzuheben sei. Eine Überprüfung der Massnahmewilligkeit durch den PPD könne damit unterbleiben. Zudem überschreite die Gesamtdauer des Freiheitsentzugs die ausgefällten Freiheitsstrafen; die Präventivhaft sei nicht mehr verhältnismässig bzw. illegal.

3.

3.1 Das Gericht kann eine stationäre Behandlung anordnen, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist und er ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 59 Abs. 1 StGB).

3.2 Der Täter wird aus dem stationären Vollzug der Massnahme bedingt entlassen, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren (Art. 62 Abs. 1 StGB). Voraussetzung für die bedingte Entlassung ist damit eine günstige Prognose (vgl. BGE 137 IV 201 E. 1.2).

3.3 Die stationäre Massnahme wird aufgehoben, wenn deren Durch- oder Fortführung als aussichtslos erscheint (Art. 62c Abs. 1 Bst. a StGB). Das Scheitern einer Massnahme soll nicht leichthin angenommen werden. Erforderlich ist, dass sich eine Massnahme als definitiv undurchführbar erweist (Marianne Heer, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Auflage, Basel/Freiburg/Luzern 2019, Art. 62c N. 18).

3.4 Die zuständige Behörde prüft auf Gesuch hin oder von Amtes wegen, ob und wann der Täter aus dem Vollzug der Massnahme bedingt zu entlassen oder die Massnahme aufzuheben ist. Sie beschliesst darüber mindestens einmal jährlich. Vorher hört sie den Eingewiesenen an und holt einen Bericht der Leitung der Vollzugseinrichtung ein (Art. 62d Abs. 1 StGB).

4.

4.1 Die erneute Anordnung der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB durch das Bezirksgericht Zürich vom 27. Juni 2022 erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Es ist nicht im Verwaltungsverfahren zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der erwähnten Massnahmen im Zeitpunkt der Anordnung erfüllt waren. Auf die entsprechende Rüge des Rekurrenten ist deshalb nicht weiter einzugehen.

4.2 Die Kritik des Rekurrenten an die Person des Sachverständigen C. und dessen Beurteilung im Gutachten vom 30. August 2017 ist nicht neu. Auf die entsprechenden Rügen des Rekurrenten in seinem Rekurs vom 25. Juni 2020 ist die Rekursinstanz in ihrer Verfügung vom 16. Oktober 2020 eingehend eingegangen. Sie hat dargelegt, weshalb auf die vom Gutachter schlüssig gestellten Diagnosen (eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit narzisstisch-unreifen Zügen [ICD-10: F60.2)], eine Alkoholabhängigkeit [ICD-10: F10.21], ein schädlicher Gebrauch von Kokain [ICD-10: F14.1] sowie ein schädlicher Gebrauch von Cannabis [ICD-10: F12.1] abzustellen sei. Auch die ungünstige Legalprognose (hohes Rückfallrisiko in Bezug auf Gewaltstraftaten) wurde erörtert. Der erwähnte Rekursentscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Wenn der Rekurrent rund drei Jahre später seine identischen Rügen wiederholt, ist er nicht zu hören. Das Gutachten von 2017 ist damit nicht aus dem Recht zu weisen.

4.3 Am 16. Juni 2021 erstattete C. über den Rekurrenten ein psychiatrisches Verlaufsgutachten. Da der Rekurrent seine Mitwirkung bei der Erstellung des Gutachtens verweigerte, handelt es sich um ein reines Aktengutachten. Der Gutachter ging auf die Vollzugsakten ein. Seine Beurteilung zum Massnahmenverlauf und seine Empfehlungen zum weiteren Vorgehen sind nachvollziehbar und überzeugend. Entsprechend wurde das Verlaufsgutachten im gerichtlichen Nachverfahren (Überprüfung der Massnahme nach Art. 59 StGB) von keiner Partei beanstandet, so auch vom anwaltlich vertretenen Rekurrenten nicht. Wenn nun der Rekurrent im vorliegenden Verfahren den Gutachter in seiner Fachkompetenz despektierlich angreift und dessen Verlaufsgutachten pauschal kritisiert, verhält er sich widersprüchlich. Nachdem er keine ernsthaften Einwände gegen die Qualifikation von C. und die Schlüssigkeit dessen Verlaufsgutachtens vorbringt, bestehen keine Gründe, davon abzuweichen.

4.3.1 Das Verlaufsgutachten bestätigt die mit Gutachten von 2017 gestellte Diagnose. Der psychische Zustand des Rekurrenten sei im Vergleich zum ersten Gutachten unverändert. Es liege bei ihm weiterhin eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mir narzisstisch-unreifen Zügen sowie eine Suchtproblematik bezüglich Alkohol, Kokain und Cannabis vor. Diese diagnostische Einschätzung decke sich auch mit den Diagnosen der Behandler. Zwischen der psychischen Störung und den vom Rekurrenten begangenen Delikten bestehe ein klarer Zusammenhang. Der Rekurrent wende auf Basis der dissozialen Persönlichkeitsstörung mit Gewaltbereitschaft Gewalt in Partnerschaften an, dies sowohl nüchtern als auch unter Substanzmitteleinfluss, sowohl impulsiv-spontan wie instrumentell.

4.3.2 Der Gutachter wertet den bisherigen Massnahmenverlauf nach anfänglich konstruktivem Start als ungünstig. Es sei deutlich geworden, dass der Rekurrent die Schwere der Verletzungen durch seine Gewaltexzesse bagatellisiere. In der Behandlung der Gewaltproblematik sei man am Anfang gestanden. Bezüglich Suchtmittelkonsum habe der Rekurrent nur ein oberflächliches Problembewusstsein aufgewiesen. Es seien aber erste Ansätze von Beeinflussbarkeit ersichtlich gewesen. Bis Juni 2019 sei der Rekurrent mit gewisser Konstanz in die Therapie eingebunden gewesen. Danach sei er in eine zusehends fordernde, oppositionelle, verweigernde, teils manipulative und dissoziale Haltung verfallen. Nicht nur mit dem unerwarteten Tod der Mutter und der Trauerarbeit, sondern auch insbesondere mit dem Näherrücken des Endes der Freiheitsstrafe sei die Motivation und Haltung des Rekurrenten in ein unreifes Sperren gekippt. Es scheine offensichtlich, dass der Rekurrent versuche, durch seine konsequente Verweigerungshaltung zur Massnahme, für die er an sich fähig wäre, von der Einbindung in die Massnahme befreit zu werden und so bei erfolgter Endstrafe entlassen werden zu können. Es handle sich somit um eine klar strategisch-manipulative Haltung, die von seiner dissozialen Persönlichkeitsstruktur mitgetragen werde. Behandlungsziele hätten letztlich keine erreicht werden können. Sämtliche prognoserelevanten Aspekte seien noch nicht ausreichend behandelt worden; prognostisch günstige Veränderungen seien somit nicht eingetreten.

4.3.3 Das Rückfallrisiko für schwere Gewalt sei – so der Gutachter – als deutlich, für minderschwere Gewalt als deutlich bis hoch einzuschätzen, wobei bezüglich Gewalthandlungen gegen Frauen innerhalb von Partnerschaften von einer höheren Rückfallgefahr auszugehen sei als gegenüber Dritten bzw. Männern. Bei einer allfälligen Entlassung könne es im Rahmen von Kontakten zu Frauen in Beziehungen oder auch bei flüchtigeren Kontakten zu Gewaltanwendungen kommen, wobei die erneute Zuwendung zum Sex- und Drogenmilieu bzw. die Wiederaufnahme des Substanzmittelkonsums rückfallbegünstigende Entwicklungen bzw. Warnzeichen darstellten. Der Rekurrent verfüge nicht über das notwendige deliktpräventive Wissen und zeige auch keine entsprechende Motivation, sich zukünftig konstruktiv und deliktfrei wie substanzmittelfrei auszurichten. Die Problemeinsicht und Veränderungsbereitschaft seien deutlich unzureichend.

4.3.4 Der Gutachter führt weiter aus, dass eine allfällige Durchführung der Massnahme in einem ambulanten Setting vor dem Hintergrund der bisher fehlenden Behandlungsfortschritte mit einem enormen Kontrollaufwand verbunden wäre. Aus seiner Sicht sei ein ambulantes Setting derzeit weiterhin unzureichend, um der belasteten Legalprognose des Rekurrenten Rechnung tragen zu können. Demgegenüber sei die Weiterführung der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB weiterhin geeignet und erforderlich, um die ausgeprägte Rückfallgefahr bezüglich Gewalt adäquat behandeln zu können. Die Behandlungsfähigkeit sowie die Behandlungsbedürftigkeit seien diesbezüglich gegeben. Jedoch fehle seit fast zwei Jahren die Behandlungsmotivation bzw. die Bereitschaft, sich auf die Therapie einzulassen, weshalb die Massnahmewilligkeit kritisch bewertet werden müsse. Der Rekurrent versuche, die Massnahme mit seiner andauernden Verweigerungshaltung ad absurdum zu führen, diese als nicht erfolgsversprechend auszuweisen, um in unbehandeltem Zustand angesichts der Endstrafe dennoch eine Entlassung zu erwirken. Insgesamt sei betreffend die Frage, ob der Rekurrent für eine Behandlung motiviert werden könne, daher durchaus eine gewisse Skepsis angebracht. Grundsätzlich sei es jedoch nicht selten, dass ein Teil der stationären Massnahme für den Aufbau von Behandlungscompliance aufgewendet werden müsse, hierfür sei allenfalls eine nochmalige Verlegung in ein weiteres Massnahmenvollzugszentrum oder ein erneutes stationär-milieutherapeutisches Timeout in Betracht zu ziehen. Das Verlaufsgutachten hält abschliessend in aller Deutlichkeit fest, dass eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB den optimalen Behandlungsansatz darstelle, andere Interventionsformen würden sich nicht anbieten.

4.4 Im Dezember 2022 beauftragte der Rekursgegner den PPD, den Rekurrenten im Hinblick auf die Aufnahme der Therapie im Rahmen der stationären Massnahme nach Art. 59 StGB abzuklären. Am 20. April 2023 teilte der Rekurrent dem PPD unmissverständlich mit, dass er nicht bereit sei, eine Psychotherapie im Rahmen einer stationären Massnahme durchzuführen. Insbesondere wolle er mit niemandem mehr zu tun haben, der auf der FPA (Forensisch Psychiatrische Abteilung) arbeite. Er erklärte sich aber bereit, eine Therapie beim PPD in Zürich im Rahmen einer ambulanten Massnahme oder Weisung durchzuführen. Er werde auch freiwillig zum PPD kommen, falls er ohne weitere Therapieauflage entlassen werden sollte.

4.5 Nach diesen Erwägungen erhellt, dass die Behandlungsbedürftigkeit sowie die Behandlungsfähigkeit des Rekurrenten in einem stationären Setting im Sinne von Art. 59 StGB klar zu bejahen sind. Bis zum Sommer 2019 zeigte der Rekurrent durchaus Ansätze für einen zufriedenstellend verlaufenden Therapieprozess, sodass erste konkrete Veränderungen im Massnahmenregime umgesetzt (Gewährung des Familienzimmers) oder in Betracht gezogen (Implementierung von begleiteten therapeutischen Ausgängen) werden konnten. Ein erfolgreicher Therapieverlauf scheiterte in der Folge sowohl in der Vollzugsanstalt X. als auch in der Vollzugsanstalt Y. an der Weigerungshaltung des Rekurrenten, die Massnahme nach Verbüssung der Strafe (30 Monate) fortzusetzen. Eine Verbesserung der legalprognostisch ungünstigen Persönlichkeitsanteile blieb bisher aus. Die Legalprognose präsentiert sich nach wie vor als sehr ungünstig (siehe oben E. 4.3.3.).
Nach Überprüfung der Massnahme gemäss Art. 59 StGB und erneuter Anordnung derselben durch das Sachgericht im Juni 2022 gelang es noch nicht, den Rekurrenten zur Wiederaufnahme der Behandlung zu motivieren. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich der Rekurrent einfach umstimmen lässt und sich schnell auf einen erneuten Massnahmenversuch einlässt, zumal er darin offenbar auch nicht von seinem privaten Umfeld, wozu hier auch seine Rechtsvertretung zu zählen ist, unterstützt wird. Mit Blick auf die Aussagen des Rekurrenten im Nachverfahren vor dem Bezirksgericht Zürich wie auch in der Folge im Gespräch mit dem PPD (siehe oben E. 4.4), wonach er sich für eine ambulante Therapie bereit erklären würde, wird deutlich, dass sich dieser primär mit dem Umstand des Freiheitsentzugs schwer tut. Ist dies – wie das das Bezirksgericht Zürich in seinem Beschluss vom 27. Juni 2022 schlüssig festgehalten hat – einmal überwunden, ist grundsätzlich eine gewisse Therapiebereitschaft erkennbar. Dies erscheint im jetzigen Stadium der Massnahme als ausreichend, befindet sich die Therapie aufgrund der Verweigerung des Rekurrenten und des darauffolgenden langen Unterbruchs trotz des beträchtlichen Zeitablaufs faktisch doch noch im Anfangsstadium. Die (Wieder-)Aufnahme einer Behandlungsmotivation und -compliance kann damit – wie auch im Verlaufsgutachten erörtert – nach wie vor als notwendiger Teil der Massnahme betrachtet werden.
Nach der Massnahmeanordnung im Juni 2022 erfolgte gemäss Aktenlage bisher ein einziger Versuch, den Rekurrenten zu einer erneuten Behandlung zu motivieren. Dieser Versuch des PPD erschöpfte sich – soweit ersichtlich – in einem zirka 20-minütigen Gespräch mit dem Rekurrenten. Wegen der deutlichen ablehnenden Haltung des Rekurrenten gegenüber dem PPD und der FPA stellte der PPD seine Bemühungen sogleich wieder ein (vgl. oben E. 4.4). Die Schwierigkeit, den Rekurrenten dazu zu bringen, seine hartnäckige Verweigerungshaltung abzulegen, wird hier nicht verkannt. In Anlehnung an das Verlaufsgutachten sollte in einem nächsten Schritt aber dennoch darauf hingearbeitet werden, dem Rekurrenten die Nachteile für sein Sperren und die Vorteile bei einer Mitarbeit in der Therapie für sein eigenes weiteres Leben aufzuzeigen. Dass mittlerweile die therapeutischen Mittel zur Beeinflussung des Rekurrenten abschliessend ausgeschöpft wären, ergibt sich jedenfalls nicht aus den Akten. Die Massnahme erweist sich damit als (noch) nicht definitiv undurchführbar im Sinne von Art. 62c Abs. 1 Bst. a StGB.

4.6 Der Rekurrent wurde im Januar 2018 rechtskräftig verurteilt. Das Sachgericht hat die dazumal angeordnete stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB vor rund einem Jahr überprüft und erneut angeordnet. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten (hohes Rückfallrisiko in Bezug auf Gewaltstraftaten, insbesondere gegen Frauen) erweist sich die Weiterführung der Massnahme schliesslich nicht als unverhältnismässig im Sinne von Art. 56 Abs. 2 StGB. Dass im Massnahmenvollzug trotz Zeitablaufs noch keine Behandlungserfolge verzeichnet werden konnten, hat der Rekurrent mit seiner Weigerungshaltung selber zu verantworten.

5.
Im Ergebnis ist der Rekurs abzuweisen.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Rekurrent kostenpflichtig (§ 13 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]) und eine Parteientschädigung bleibt ihm verwehrt (§ 17 Abs. 2 VRG).

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