0392

Entscheidinstanz
Regierungsrat
Geschäftsnummer
RRB Nr. 727/2023
Entscheiddatum
14. Juni 2023
Rechtsgebiet
Personalrecht
Stichworte
Versetzung, Änderungsverfügung, Aufschiebende Wirkung, Zumutbarkeit, Befristete Anstellung, Lohnkürzung, Stellenbezeichnung
Verwendete Erlasse
§ 28 PG
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Rekursgegenstand ist eine Versetzung gestützt auf § 28 PG. Die bei der Verwaltungseinheit A. auf drei Jahre befristet angestellte Rekurrentin wurde nach einem Jahr aus betrieblichen Gründen in die neu geschaffene Stelle einer Informatikspezialistin versetzt. Die Rekurrentin bestreitet nicht die Zumutbarkeit der neuen Aufgaben, ist aber der Ansicht, dass kein Anlass für eine Lohnreduktion bestehe. Sie ficht deshalb die Änderungsverfügung der Direktion C. an und beantragt die Erteilung der aufschiebenden Wirkung, die Feststellung der Unrechtmässigkeit der Versetzung, die Beibehaltung des Lohns bis zum Ablauf der befristeten Anstellung sowie das Festhalten an der bisherigen Stellenbezeichnung.

Anonymisierter Entscheidtext

Sachverhalt

Die Rekurrentin ist seit 1. Juli 2021 bei A. angestellt. Sie übernahm die Stelle als Projektkoordinatorin B. Das Arbeitsverhältnis ist auf drei Jahre befristet. Der Beschäftigungsgrad beträgt 60 Prozent, der entsprechende Jahresteillohn beläuft sich auf Fr. […] (bei einem Jahresgrundlohn von Fr. […]). Ab April 2022 wurden mit der Rekurrentin Gespräche geführt. Sie betrafen ihre Arbeitsstelle. Es wurde der Rekurrentin mitgeteilt, dass zentrale Aufgaben ihrer Funktion zukünftig entfallen würden und es für sie keine adäquate Beschäftigung gäbe. Man habe aber durch eine interne Umverteilung von Aufgaben die Funktion einer Informatikspezialistin schaffen können. Sollte man sich nicht auf eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses einigen können, werde die Rekurrentin dahin versetzt. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs erfolgte mit Änderungsverfügung vom 27. Juni 2022 die Versetzung. Danach beträgt der Jahresteillohn ab 1. September 2022 Fr. […] (bei einem Jahresgrundlohn von Fr. […]). Dagegen erhob die Rekurrentin mit Eingabe vom 26. Juli 2022 entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Rekurs an die Direktion C. Die Rekurrentin beantragt, es sei dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu gewähren, die Änderungsvereinbarung sei als nicht rechtens zu beurteilen, der Lohn bis Ablauf der befristeten Anstellung beizubehalten und die Bezeichnung der Stelle als Projektkoordinatorin zu belassen. Mit Schreiben vom 29. Juli 2022 überwies die angerufene Direktion C. den Rekurs zuständigkeitshalber an den Regierungsrat. Die angefochtene Verfügung sei von der Personalbereichsleiterin des Generalsekretariats der Direktion C. unterzeichnet worden. Es handle sich somit um eine Direktionsverfügung, weshalb – entgegen der irrtümlichen Rechtsmittelbelehrung – nicht die Direktion C., sondern der Regierungsrat Rekursinstanz sei. Die Direktion C. beantragt in ihrer Rekursantwort eine Abweisung des Rekurses; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Rekurrentin. Das gemäss § 150 lit. f der Vollzugsverordnung zum Personalgesetz vom 19. Mai 1999 (VVO; LS 177.111) zum Mitbericht eingeladene Personalamt beantragt eine Gutheissung des Rekurses, soweit darauf einzutreten sei. Die Begründung der angefochtenen Verfügung sowie die Vorbringen der Parteien ergeben sich, soweit für den Entscheid erforderlich, aus den Erwägungen.

Erwägungen

1. a) Nach § 33 des Personalgesetzes vom 27. September 1998 (PG; LS 177.10) richtet sich der Weiterzug von personalrechtlichen Entscheiden, soweit das Personalgesetz nichts Abweichendes regelt, nach den Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2). Nach § 19 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 19b Abs. 1 VRG können Anordnungen einer unteren Verwaltungsbehörde durch Rekurs an die obere Behörde weitergezogen werden. Erstinstanzliche Anordnungen der Direktionen können mit Rekurs beim Regierungsrat angefochten werden (§ 19b Abs. 2 lit. a Ziff. 1 VRG). Anordnungen einer Verwaltungseinheit der Direktion sind hingegen mit Rekurs bei der Direktion anzufechten (§ 19b Abs. 2 lit. b Ziff. 1 VRG).

b) Die angefochtene Verfügung vom 27. Juni 2022 wurde auf Antrag von A. von der Rekursgegnerin erlassen. Es handelt sich bei der Änderungsverfügung somit um die erstinstanzliche Anordnung einer Direktion, weshalb der Regierungsrat für die Behandlung des Rechtsmittels zuständig ist. Da auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf den Rekurs einzutreten.

2. [Ausstand Direktionsvorsteher/in]

3. In formeller Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung des Rekurses von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt (§ 25 Abs. 1 VRG). In personalrechtlichen Angelegenheiten besteht einzig bei einer Kündigung, einer vorsorglichen Einstellung im Amt, einer vorzeitigen Entlassung oder einer Freistellung keine aufschiebende Wirkung (§ 25 Abs. 2 lit. a VRG). Das hängt damit zusammen, dass in den genannten Fällen die Entscheidbefugnis der Rechtsmittelinstanzen insofern eingeschränkt ist, als sie nur die Rechtswidrigkeit feststellen und eine Entschädigung zusprechen, nicht aber die unrechtmässige Anordnung aufheben und damit über die Weiterbeschäftigung befinden können (§ 27a Abs. 1 VRG). Das trifft bei einer Versetzung nicht zu. Erweist sich diese im Rechtsmittelverfahren als rechtswidrig, kann sie aufgehoben werden, womit insbesondere ein Anspruch auf Lohnfortzahlung in der Höhe des bisherigen Lohns besteht (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2016.00386 vom 1. Juli 2017, E. 3.3). Der Verfahrensantrag der Rekurrentin auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung ist demzufolge gegenstandslos.

4. a) Die Rekurrentin bringt zur Begründung vor, sie habe sich zu keinem Zeitpunkt der Zuteilung zu einem neuen Team bzw. einer neuen Teamleiterin widersetzt. Die neue Tätigkeit bewege sich aber durchaus im Rahmen ihres – «etwas unscharf formulierten» – Stellenbeschriebs und es gebe daher keinen Anlass für eine Lohnreduktion. Ausserdem bestehe weder ein sachlicher noch persönlicher Grund für eine Versetzung. Bei der ursprünglichen Verfügung sei zudem auf eine Kündigungsmöglichkeit verzichtet worden, was auch eine Änderungskündigung ausschliesse. Schliesslich gehe es auch darum, dass sie die Lohnkürzung von rund Fr. […] im Monat unter den gegebenen Umständen nicht nachvollziehen und deshalb auch nicht akzeptieren könne.

b) Die Rekursgegnerin begründet die Versetzung mit einer Änderung in der Organisation des Projektes D. und dem damit verbundenen Wegfall von Aufgaben. Der Rekurrentin hätten deshalb andere Arbeitsaufgaben zugewiesen werden müssen. Eine Versetzung sei ausserdem keine Änderungskündigung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts handle es sich bei der Versetzung um eine Dauermassnahme. Die Frage einer Änderungskündigung stelle sich somit erst, wenn die Voraussetzungen einer Versetzung nicht erfüllt seien. Im Übrigen schliesse eine befristete Anstellung eine Versetzung nicht aus.

5. a) Gestützt auf § 28 Abs. 1 PG kann die Anstellungs- oder Aufsichtsbehörde Angestellte, wenn es der Dienst oder der wirtschaftliche Personaleinsatz erfordern, unter Beibehaltung des bisherigen Lohns für die Dauer der Kündigungsfrist sowie im Rahmen der Zumutbarkeit versetzen. Eine Versetzung ist nach § 28 Abs. 2 PG zumutbar, wenn die neue Stelle den Fähigkeiten und der bisherigen Tätigkeit der oder des Angestellten angemessen Rechnung trägt (lit. a) und ein längerer Arbeitsweg und eine Herabsetzung des Bruttogehalts aufgrund der persönlichen Verhältnisse der oder des Angestellten vertretbar sind (lit. b). Inhaltlich geht es bei der Versetzung um die Zuweisung einer neuen Stelle bzw. einer neuen Funktion (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2021.00417 vom 28. Oktober 2021, E. 5.1).

b) Das Verwaltungsgericht hat einst in einem obiter dictum die Überlegung angestellt, dass die Bestimmung über die Versetzung als Ausdruck der traditionellen Pflichten der auf eine feste Amtszeit gewählten Beamten nach Abschaffung der Amtsdauer nur noch während einer längeren Kündigungsfrist Sinn ergebe, da nach deren Ablauf richtigerweise das bisherige Arbeitsverhältnis durch ein neues ersetzt werde, sei es durch Änderungskündigung oder Vereinbarung (Urteil des Verwaltungsgerichts PB.2004.00075 vom 9. März 2005, E. 5.2). In einem späteren Urteil ist das Verwaltungsgericht davon abgewichen und hat in Anlehnung an die Praxis des Personalamtes die Versetzung als eine Dauermassnahme qualifiziert, auf die keine weitere Verfügung und insbesondere keine Änderungskündigung folgen müsse. Zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf Wortlaut und Satzbau von § 28 PG, die deutlich machen würden, dass die Kündigungsfrist ausschliesslich für die Beibehaltung des bisherigen Lohns von Bedeutung sei. Im Weiteren habe der Gesetzgeber durchaus erkannt, dass es sich bei der Versetzung um einen erheblichen Eingriff in die Anstellungsbedingungen handle. Zudem erscheine die Versetzung gegenüber der Kündigung als mildere Massnahme, da sie nicht den Verlust der Arbeitsstelle – genauer: des Anstellungsverhältnisses – bedeute (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2016.00386 vom 1. Juli 2017, E. 3.2 unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts PB.2010.00042 vom 9. Februar 2011, E. 2.1). Diese Auslegung des § 28 PG hat zur Folge, dass die Behörde Angestellte versetzen kann, wobei nach Ablauf der Kündigungsfrist selbst Lohnkürzungen zulässig sind (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2016.00386 vom 1. Juli 2017, E. 3.2).

c) Die Frage, ob eine Stelle oder ein Arbeitspensum noch benötigt wird, ist organisatorischer Natur und liegt entsprechend in der Autonomie der Behörde. In den damit verbundenen weiten Gestaltungs- bzw. Ermessensspielraum dürfen die Rechtsmittelinstanzen nur eingreifen, wenn mit dem Reorganisationsentscheid sachfremde Zwecke verfolgt werden und er deshalb rechtsfehlerhaft ist. Eine Berufung auf vage organisatorische Leitlinien oder künftige Pläne genügt nicht, um eine Versetzung mit den Erfordernissen des Dienstbetriebs oder eines wirtschaftlichen Personaleinsatzes zu begründen. Organisatorische Massnahmen, die klarerweise nur dazu dienen, nicht mehr erwünschte Mitarbeitende zu versetzen, verstossen gegen § 28 PG (Urteil des Verwaltungsgerichts VB.2019.00718 vom 24. September 2020, E. 3.3 mit weiteren Hinweisen).

6. a) Vorliegend geht es nicht um eine Änderungskündigung, sondern um eine Versetzung. Es wurde nicht das bestehende Arbeitsverhältnis mit der Rekurrentin aufgelöst und ein neues zu anderen Konditionen begründet, sondern die Rekurrentin an eine neu geschaffene Stelle versetzt. Eine solche Massnahme ist, wie gesehen, im Personalrecht des Kantons Zürich zulässig. Das gilt auch im Rahmen einer befristeten Anstellung. Der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis infolge Zeitablaufs endet (§ 16 lit. b PG), schliesst nicht aus, dass die Angestellte während der Anstellung, selbst gegen ihren Willen, an eine neue zumutbare Stelle versetzt wird. Die Versetzung ist Ausfluss des Weisungsrechts. Sie stellt eine eigenständige Massnahme dar, auf die keine Kündigung folgen muss.

b) Die Versetzung erweist sich als sachlich begründet. Aktenkundig ist, dass das Kooperationsprojekt D. aufgrund technischer Probleme per […] aufgegeben werden musste, womit die Hauptaufgaben der bisherigen Stelle der Rekurrentin, namentlich die Projektkoordination D. und der dazugehörige technische Support, weggefallen sind. Damit ist erstellt, dass es die frühere Stelle der Rekurrentin so – mit den Aufgaben und in dem Umfang – nicht mehr gibt. Entsprechend ist die Rekurrentin seit April 2022 auch nicht mehr für das Projekt D. tätig, sondern arbeitet vorwiegend im internen IT-Support sowie im Second-Level-Support, von wo aus sie technische Probleme löst, die das Customer-Care-Team als First-Level-Support nicht bearbeiten kann. Der Versetzung liegen damit betriebliche Motive zugrunde. Zusätzlicher persönlicher Gründe bedarf es hierfür nicht.

c) Die Rekurrentin macht schliesslich nicht geltend, dass ihr die neue Tätigkeit als Informatikspezialistin nicht zumutbar sei bzw. nicht ihren Fähigkeiten entspräche. Im Gegenteil bewegten sich die neuen Aufgaben immer noch im Rahmen ihres Stellenbeschriebs. Sie ist hingegen der Ansicht, dass kein Raum für eine Lohnreduktion bestünde und beantragt infolgedessen eine Beibehaltung des bisherigen Lohns bis zum Ablauf der befristeten Anstellung. Anderer Ansicht ist die Rekursgegnerin, die in Ermangelung einer verfügten Kündigungsmöglichkeit und -frist die gesetzlichen Kündigungsfristen (§ 17 PG) für anwendbar erklärt und gestützt darauf eine Lohnkürzung auf den 1. September 2022 verfügt hat.

d) Ein solches Vorgehen ist nicht zulässig. Im Fall einer Versetzung an eine tiefer eingereihte Stelle besteht gestützt auf § 28 Abs. 1 PG ein gesetzlicher Anspruch auf lohnmässige Besitzstandswahrung, das heisst auf Beibehaltung des bisherigen Lohns bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bei einer befristeten Anstellung ohne Kündigungsmöglichkeit folgerichtig bis Ablauf der Anstellungsdauer. Die Rekursgegnerin war deshalb nicht dazu befugt, die gesetzlichen Kündigungsfristen, ohne überhaupt eine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen zu haben, für sich in Anspruch zu nehmen und gestützt darauf eine Lohnkürzung vorzunehmen. Der Lohn der Angestellten ist für die Dauer der Kündigungsfrist bzw. für die Dauer der befristeten, nicht vorgängig kündbaren Anstellung geschützt. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob sich die Lohnkürzung im vorgenommenen Umfang noch im Bereich des Zumutbaren befindet und von der Rekurrentin deshalb hinzunehmen wäre.

e) Wie vom Personalamt zutreffend erwogen, gibt es keinen Anspruch auf eine konkrete Stellenbezeichnung. Die Angestellte ist nicht frei, darüber zu bestimmen, wie die von ihr eingenommene Funktion benannt wird. Stellenbezeichnung und Stellenbeschreibung obliegen der Arbeitgeberin. Sie definiert die jeweiligen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung der jeweiligen Stelleninhaberinnen bzw. Stelleninhaber (§ 2 VVO). Der Antrag der Rekurrentin, die bisherige Funktionsbezeichnung als Projektkoordinatorin zu belassen, ist deshalb abzuweisen.

Zusammenfassend beruht die Versetzung auf betrieblich nachvollziehbaren und damit sachlichen Gründen und ist die Tätigkeit als Informatikspezialistin der Rekurrentin auch zumutbar. Eine Lohnkürzung ist bis Ablauf der befristeten und nicht kündbaren Anstellung indessen nicht zulässig. Die Rekurrentin geniesst bis dahin Bestandesgarantie. Einen Anspruch auf eine konkreten Funktionsbezeichnung hat die Rekurrentin nicht. Dies führt zu einer teilweisen Gutheissung des Rekurses, soweit er nicht gegenstandslos abgeschrieben wird.

7. Die Verfahrenskosten sind gestützt auf § 13 Abs. 3 VRG durch die Staatskasse zu tragen. Eine Parteientschädigung ist ausgangsgemäss nicht zuzusprechen.

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