0353

Anonymisierter Entscheidtext (Auszug)

Entscheidinstanz
Direktion der Justiz und des Innern
Geschäftsnummer
JI-2020-2056
Entscheiddatum
8. September 2020
Rechtsgebiet
Straf- und Massnahmenvollzug
Stichworte
Disziplinarverfügung, Disziplinarmassnahmen, Disziplinarrecht
Verwendete Erlasse
Art. 91 Abs. 1 StGB, § 23 b Abs. 2 lit. k StJVG, § 23 d Abs. 2 StJVG
Zusammenfassung (verfasst von der Staatskanzlei)
Die Vorinstanz hat den Rekurrenten wegen Entwendung von Kundenmaterial mit einer Busse von Fr. 20.00 diszipliniert. In der Zelle des Rekurrenten wurde eine kleine Musikbox mit Anschlusskabel und vier Batterien gefunden. Diese Gegenstände waren nicht im Effektenverzeichnis eingetragen, weshalb es sich um unerlaubte Gegenstände handelt. Aufgrund der Aktenlage erscheint zudem glaubhaft, dass der Rekurrent gewisse Gegenstände vom Arbeitsplatz entwendet hat. Soweit der Rekurrent einwendet, er habe einzelne Gegenstände geschenkt erhalten oder ausgeliehen, hilft ihm dies nicht weiter, zumal Rechtsgeschäfte unter Insassen nicht erlaubt sind und ebenfalls diszipliniert werden. Der Rekurs wird abgewiesen.

Sachverhalt (komprimiert)

A. befindet sich im Strafvollzug im Gefängnis Affoltern. Mit Disziplinarverfügung von Justizvollzug und Wiedereingliederung Kanton Zürich (fortan: JuWe), Gefängnis Affoltern, vom 18. Juni 2020 wurde er wegen Entwendung von Kundenmaterial mit einer Busse von Fr. 20.00 bestraft. Gegen diese Verfügung erhob A. mit Eingaben vom 30. Juni 2020 Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern. Er beantragte sinngemäss die Aufhebung der Disziplinarverfügung.

Erwägungen

1.

Zum Rekurs ist berechtigt, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (§ 21 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]). Auch wenn die angefochtene Disziplinarmassnahme in Anwendung von § 23 d Abs. 2 des Straf- und Justizvollzugsgesetzes vom 19. Juni 2006 (StJVG; LS 331) bereits vollzogen wurde, besteht ein schutzwürdiges Interesse an der Überprüfung der angefochtenen Disziplinarverfügung, da sonst kaum je die Möglichkeit einer (rechtzeitigen) Überprüfung der Rechtmässigkeit bestünde (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.4/2003 vom 4. August 2004, E. 1.2; BGE 124 I 231 E. 1b; BGE 135 I 79 E.1.1, mit weiteren Hinweisen). Ein schutzwürdiges Interesse des Rekurrenten liegt auch insofern vor, als die Verhängung von Disziplinarmassnahmen für die Beurteilung seiner Führung im Strafvollzug von Bedeutung ist. Da auch die übrigen Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf den Rekurs einzutreten.

2.

Gegen Gefangene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können gemäss Art. 91 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1997 (StGB; SR 311.0) Disziplinarsanktionen verhängt werden. Ein Disziplinarvergehen verübt namentlich, wer Weisungen und Ermahnungen des Personals zuwiderhandelt (§ 23 b Abs. 2 lit. k StJVG).
An die Beweisführung in einem Disziplinarverfahren werden nicht dieselben Anforderungen gestellt wie an ein Strafverfahren (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.4/2004 vom 4. August 2004, E. 3 mit weiteren Hinweisen.; betreffend freie Beweiswürdigung vgl. auch KASPAR PLÜSS, in: Kommentar VRG, 3. Aufl. Zürich 2014, § 7 N 136 und 138).

3.

3.1

Der Rekursgegner wirft dem Rekurrenten vor, er habe Kundenmaterial entwendet und hat ihn dafür, gestützt auf § 23 b Abs. 2 lit. k StJVG (Widerhandlung von Weisungen und Ermahnungen des Personals), diszipliniert. Der angefochtenen Disziplinarverfügung liegen zwei Rapporte des Gefängnis Affoltern vom 15. Juni 2020 zugrunde:

Gemäss Rapport von 08:15 Uhr fand eine Aufseherin in der Zelle des Rekurrenten eine kleine Musikbox mit Anschlusskabel und vier Batterien. Gemäss Effektenkontrolle bei Eintritt in das Gefängnis sei der Rekurrent aber nicht im Besitze jener Gegenstände gewesen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass es sich um Kundenmaterial aus dem Werkdienst handle. Der zuständige Werkdienstleister habe bestätigt, dass solche Artikel am Arbeitsplatz des Rekurrenten vorhanden sein können.

Gemäss Rapport von 16:30 Uhr fand man in der Zelle des Rekurrenten zudem vier Paar Kopfhörer. Der Rekurrent habe diese (offenbar) am Arbeitsplatz im Werkdienst entwendet. Zudem habe man festgestellt, dass das Sicherheitssiegel am Fernseher des Rekurrenten beschädigt gewesen sei.

3.2

Der Rekurrent machte vor dem Rekursgegner geltend, er habe die Musikbox mit Kabel von einem Kollegen ausgeliehen. Er habe nicht gewusst, dass man dies nicht dürfe. Die vier Kopfhörer dagegen würden ihm gehören: Zwei Paar seien defekt und seien ihm schon beim Eintritt abgegeben worden (den Discman habe er auch erhalten und man habe ihm diesen ja nicht ohne Kopfhörer abgegeben). Einen weiteren Kopfhörer habe er von einem anderen Insassen geschenkt erhalten. Das Vorhandensein des vierten Kopfhörers konnte sich der Rekurrent nicht erklären. Er sei aber kein Dieb und habe noch nie etwas aus dem Arbeitsbetrieb entwendet. Dass man das Siegel nicht beschädigen dürfe, habe er im Übrigen nicht gewusst. Im Rekursverfahren bestätigte der Rekurrent diese Angaben.

4.

4.1

Die Gefangenen haben bei Eintritt in das Gefängnis sämtliche Effekten zur Kontrolle vorzulegen und es wird ein Effektenverzeichnis angelegt. Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch gehören, können der eintretenden Person wieder abgegeben werden (§ 3 Hausordnung Vollzugseinrichtungen Zürich, geschlossener Vollzug, Ausgabe 2019 [nachfolgend: Hausordnung]). Gegenstände, welche nicht im Effektenverzeichnis eingetragen sind, bei denen kein bewilligter Hausbrief vorliegt oder welche nicht am anstaltsinternen Kiosk zu kaufen sind, gelten grundsätzlich als nicht erlaubte Gegenstände. Eine Mitnahme von Arbeitsmaterialien aus den Werkbetrieben für den persönlichen Gebrauch ist untersagt (§ 28 Abs. 1 Hausordnung).

Der Rekurrent trat am 25. Mai 2020 in das Gefängnis Affoltern ein. Beim Abgang auf die Zelle wurden ihm eine elektrische Zahnbürste, ein Discman mit Adapter und ein Braun All-in-One-Trimmer abgegeben. Die beim Rekurrenten gefundenen Gegenstände (vgl. oben, E. 3.1) figurieren nicht auf dieser Liste. Es handelt sich daher um unerlaubte Gegenstände. Aufgrund der Aktenlage erscheint zudem glaubhaft, dass der Rekurrent gewisse Gegenstände vom Arbeitsplatz entfernt hat. Weshalb die Mitarbeitenden dazu falsche Angaben machen sollten, ergibt sich nicht. Soweit der Rekurrent einwendet, er habe einzelne Gegenstände «geschenkt erhalten oder ausgeliehen» hilft ihm dies nicht weiter, zumal Rechtsgeschäfte unter Insassen nicht erlaubt sind (§ 13 Hausordnung). Der Rekurrent durfte daher so oder anders gestützt auf § 23 b Abs. 2 lit. k StJVG wegen Zuwiderhandlung gegen Weisungen und Ermahnungen des Personals diszipliniert werden.

4.2

Die zulässigen Disziplinarmassnahmen sind in § 23 c Abs. 1 StJVG geregelt. Es kann eine Busse bis zu Fr. 200.00 (lit. g) verhängt werden. Bei der Auswahl und der Bemessung der Disziplinarstrafe steht der Vollzugsbehörde ein grosses Ermessen zu. Die ausgesprochene Busse von Fr. 20.00 bewegt sich im untersten Bereich des vorgesehenen Strafrahmens. Sie erscheint angemessen.

5.

Der Rekurs ist abzuweisen.

6.[Kostentragung]

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