Umsetzungshilfe «Klimaangepasste Siedlungsentwicklung»
Mit der Gesetzesrevision «Klimaangepasste Siedlungsentwicklung» steht den Gemeinden ein rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung zu fördern. Während die Gemeinden gewisse Vorgaben direkt im Baubewilligungsverfahren anwenden müssen, bedürfen andere einer Umsetzung in der kommunalen Nutzungsplanung.
Auftrag im kantonalen Richtplan
Der kantonale Richtplan sieht vor, dass zur Erhöhung der Siedlungsqualität auf die zunehmende Belastung durch den fortschreitenden Klimawandel reagiert werden muss (vgl. Pt. 2.2.1 d).
Um dem Hitzeinseleffekt entgegenzuwirken, sind vielfältige Massnahmen zu ergreifen. Die Entstehungsorte kalter Luft sowie Kaltluftströme, die das Siedlungsgebiet kühlen, sind zu erhalten und soweit möglich zu verbessern. Besondere Beachtung kommt der Gestaltung von öffentlichen und privaten Aussenräumen zu. Neben einer vielfältigen Begrünung, insbesondere mit grossen Bäumen, sind Grün- und Wasserflächen, unversiegelte und versickerungsfähige Böden sowie angepasste Materialien wichtig.
Die Gemeinden haben die Anforderungen einer klimaangepassten Siedlungsentwicklung in der kommunalen Nutzungsplanung und im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen, um ein angenehmes Lokalklima zu fördern (vgl. Pt. 2.2.3 c).
Revision Planungs- und Baugesetz (PBG) «Klimaangepasste Siedlungsentwicklung»
Mit der Revision des Planungs- und Baugesetzes (PBG) sowie weiterer Gesetze und Verordnungen unter der Bezeichnung «Klimaangepasste Siedlungsentwicklung» stehen den Gemeinden neue rechtliche Instrumente zur Verfügung, um dem neuen Richtplanauftrag nachzukommen.
Die PBG-Revision wurde per 1. Dezember 2024 durch den Regierungsrat in Kraft gesetzt (RRB Nr. 998/2024). Wesentlich für den Vollzug ist insbesondere § 238a PBG. Dieser definiert neue Anforderungen an die Begrünung des Aussenraums, welche im Baubewilligungsverfahren durch die Bewilligungsbehörden geprüft werden. Weitere Bestimmungen, u.a. zum Erhalt von Bäumen, zur Dachbegrünungen oder zur Regelung der Stellung von Bauten zur Sicherung von Kaltluftströmen können von den Gemeinden bei Bedarf in die kommunale Bau- und Zonenordnung aufgenommen werden.
Die Biodiversität spielt bei der Anpassung an den Klimawandel eine wesentliche Rolle, weshalb die Sicherung ökologischer Werte in die neuen Rechtsgrundlagen eingeflossen ist. Artenreiche Flächen sind besonders widerstandsfähig, da die Vielfalt an heimischen Pflanzen und Tieren das Ökosystem stabiler und robuster macht. Dadurch kann der positive Effekt der Begrünung auf das Lokalklima längerfristig gesichert werden.
Weiterführende Informationen zu den einzelnen Paragrafen der PBG-Revision «Klimanagepasste Siedlungsentwicklung» finden Sie nachfolgend in den Umsetzungshilfen.
Umsetzung in der kommunalen Nutzungsplanung
Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.
Um dem Richtplanauftrag für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung nachzukommen, haben Gemeinden geeignete Massnahmen in der kommunalen Nutzungsplanung zu treffen. So ist die Ausgangslage bezüglich der Hitzebelastung im Siedlungsgebiet darzulegen und zu bewerten. Hinweise geben unter anderem die Fachkarten im kantonalen GIS-Browser, im Besonderen die Planhinweiskarte. Diese zeigt auf, wo sich das Siedlungsgebiet überwärmt, wo sich Grünflächen von bioklimatischer Bedeutung befinden und von wo Kaltluft in den Siedlungskörper einfliesst.
Aus den Erkenntnissen sind geeignete Massnahmen abzuleiten, welche einer weiteren Überwärmung des Siedlungsgebiets entgegenwirken. Massnahmen für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung können je nach Ausgangslage zonen- oder gebietsweise festgelegt werden. So können in Gebieten mit einer hohen Hitzebelastung weitreichendere Vorgaben gerechtfertigt sein als im übrigen Baugebiet. Ebenfalls sind die Voraussetzungen in den einzelnen Bauzonen unterschiedlich, weshalb auch zonenspezifisch differenzierte Regelungen möglich sind.
Beispielsweise weisen grössere Industrie- und Gewerbegebiete durch den hohen Versiegelungsgrad und die hohe bauliche Ausnützung häufig eine sehr starke Wärmebelastung am Tag auf. Aufgrund des Bedarfs an Erschliessungsflächen lassen sich Massnahmen wie eine hohe Grünflächenziffer in der Regel nur bedingt umsetzen. Jedoch haben Gewerbebauten oft grosse Dachflächen, welche intensiv begrünt werden können. In Zonen mit einem wertvollen Baumbestand, können wiederum Vorschriften zum Baumerhalt zweckmässig sein. Massnahmen wie Dachbegrünungen oder Baumpflanzpflichten können auch gebietsweise über verschiedene Zonen hinweg festgelegt werden, z.B. in einem stark verdichteten Ortszentrum.
Der Berichterstattung gemäss Art. 47 RPV kommt eine zentrale Rolle zu. Im erläuternden Bericht sind neben der Ausgangslage die Zweckmässigkeit und Angemessenheit der zonen- und gebietsweise festgelegten Massnahmen für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung nachvollziehbar zu begründen. Dabei gilt es zu beachten, dass nicht in allen Gemeinden umfassende Regelungen notwendig sind. Die Gemeinden müssen jedoch schlüssig aufzeigen, wie das Zusammenspiel aller Massnahmen zur angemessenen Erfüllung des Richtplanauftrags beitragen.
Umsetzungshilfen
Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.
Die nachfolgenden Umsetzungshilfen zeigen neben den konkreten Nutzen der neuen Bestimmungen für das Lokalklima auch die Herausforderungen. Sie legen detailliert dar, was in der Bau- und Zonenordnung geregelt werden kann, und geben wichtige Hinweise für den Vollzug. Zudem enthalten sie Musterbestimmungen, welche Planungsbüros und Gemeinden als Grundlage für die Umsetzung in der kommunalen Nutzungsplanung dienen können.
Grundsätzlich steht es den Gemeinden offen, ob sie die Musterbestimmungen anwenden möchten oder nicht. Falls Sie die Arbeitshilfen oder Musterbestimmungen verwenden, empfehlen wir, jeweils auf die aktuelle Fassung auf dieser Webseite zurückzugreifen. Die Arbeitshilfen und Musterbestimmungen werden laufend überprüft und bei Bedarf angepasst.
Gestützt auf § 49a Abs. 4 PBG können die Stellung und die äusseren Abmessungen von Bauten zonen- oder gebietsweise spezifisch geregelt werden. Eine solche Regelung setzt den Nachweis eines wesentlichen öffentlichen Interesses voraus. Ein wesentliches öffentliches Interesse kann unter anderem die Sicherung eines wichtigen Kaltluftstroms zum Schutz des Lokalklimas darstellen. Um den Durchfluss von Kaltluftströmen zu sichern, können beispielsweise die Stellung der Bauten zum Hang, Längenbeschränkungen, freizulassende Querschnitte oder eine bestimmte Körnigkeit festgelegt werden. Dabei ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Der Paragraf kann auch bei anderen wesentlichen öffentlichen Interessen wie Ortsbild- oder Lärmschutz Verwendung finden.
Arealüberbauungen können aufgrund ihrer Grösse und Dichte einen Einfluss auf das Lokalklima haben. Gleichzeitig bieten die grossen Arealflächen erheblichen Planungsspielraum und damit Chancen für eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung. Dieser Planungsspielraum erlaubt beispielsweise die Berücksichtigung von Kaltluftströmen oder vorhandenen Baumbeständen. Die Beachtung des Lokalklimas und der ökologische Wert der Begrünung ist daher eine Anforderung bei Arealüberbauungen.
Der Erhalt und die Neupflanzung von Bäumen kommt hinsichtlich einer klimaangepassten Siedlungsentwicklung grosse Bedeutung zu, denn Bäume leisten durch die Beschattung und Verdunstung einen wesentlichen Beitrag zur Kühlung ihrer Umgebung. Sie sind zudem wichtige Elemente der Quartiergestaltung und Biodiversität. Die Bau- und Zonenordnung kann zonen- und gebietsweise den Erhalt von Bäumen, deren Ersatz- oder eine Neupflanzung regeln. Neu kann sie Bäume ab einem Stammumfang von 100 cm generell als erhaltenswert bezeichnen.
Die Bau- und Zonenordnung kann zonen- oder gebietsweise die Begrünung von Flachdächern vorschreiben. Neu können zusätzlich auch Regelungen betreffend Umfang und Qualität festgelegt werden, bspw. ob die ganze oder nur ein Teil der Dachflächen zu begrünen oder eine intensive oder eine extensive Dachbegrünung vorzusehen ist.
Mit § 238a PBG wird im Bewilligungsverfahren verbindlich gesichert, dass geeignete Teile des Gebäudeumschwungs als ökologisch wertvolle Grünflächen angelegt und die Versiegelung möglichst geringgehalten werden. Zudem sind bestehende Bäume möglichst zu erhalten und gute Wachstumsbedingungen vorzusehen. Die neuen Regelungen sind im Baubewilligungsverfahren zwingend umzusetzen. Die Gemeinden können bei Bedarf in der Bau- und Zonenordnung ausführende Bestimmungen erlassen.
Die Bau- und Zonenordnung kann den teilweisen Ersatz von anrechenbaren Grünflächen durch zusätzliche Begrünungsmassnahmen wie bspw. zusätzliche Baumpflanzungen oder Fassadenbegründungen vorsehen.
Mit der PBG-Revision «Klimaangepasste Siedlungsentwicklung» wurden auch die einzuhaltenden Pflanzabstände neu definiert. Das im EG ZGB definierte Abstandsmass gegenüber einem nachbarlichen Grundstück beträgt bei grossen Bäumen 4 Meter (vormals 8 Meter) und bei kleineren Zierbäumen 2 Meter (vormals 4 Meter). Mit Zustimmung des Nachbarn dürfen diese Masse weiterhin unterschritten werden. Auch gegenüber Strassen wurden die Pflanzabstände verkleinert. So sieht die VErV neu vor, dass Bäume innerorts einen Abstand von 2 Meter einhalten müssen. Ausserorts bleibt es bei 4 Meter. Sofern die Verkehrssicherheit gewährleistet ist, kann in Einzelfällen ein kleinerer Abstand bewilligt werden.
Weiterführende Informationen
Kontakt
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