Standortdialog 2022: Versorgungsengpass – wo finden wir Lösungen?

Die Panelisten auf der Bühne

Der diesjährige Standortdialog mit dem Zürcher Regierungsrat widmete sich der Energiemangellage und der Gefahr eines Engpasses bei der Versorgung mit Gütern. Was passiert, wenn Lieferketten plötzlich nicht mehr funktionieren? Und welche Lösungen gibt es? Rund 100 Personen aus der Wirtschaft, Verbänden und der Wissenschaft nahmen am Anlass teil, der von der Standortförderung im Amt für Wirtschaft und Arbeit in der Volkswirtschaftsdirektion organisiert wurde.

Das Thema ist im Moment allgegenwärtig: Die Energiekrise. Viele Menschen schlagen sich mit höheren Stromkosten herum und haben die Heizung heruntergedreht, um Strom zu sparen und einen Beitrag gegen eine drohende Energiemangellage zu leisten. Ein immer wieder diskutierter Punkt ist aber auch die Versorgungssicherheit mit Gütern. Die Lieferketten sind instabil geworden, und Kontingentierungen oder gar zyklische Stromabschaltungen hätten gravierende Folgen.

Der Standortdialog mit dem Zürcher Regierungsrat, der jedes Jahr von der kantonalen Standortförderung organisiert wird, widmete sich genau diesem Aspekt. Und das passenderweise im Tanzwerk 101. Die Tanzschule gehört der Migros, eines jener Unternehmen, das für die Versorgungssicherheit besonders wichtig ist. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft, Verbänden und der Wissenschaft folgten am 16. November 2022 der Einladung.

Regierungsrätin Carmen Walker Späh bezog sich in ihrem Grusswort zunächst auf die aktuelle Situation in der Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit sei trotz aller Herausforderungen rekordtief, fast drei Viertel der KMU in der Schweiz bewerten ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut. Eine soeben von der Fachstelle Volkswirtschaft im Amt für Wirtschaft und Arbeit durchgeführte Umfrage zeigt ausserdem, dass wohl nur ein sehr kleiner Teil der Zürcher Unternehmen von den gestiegenen Energiekosten substantiell betroffen ist. «Ich halte unseren Zürcher Wirtschaftsstandort für sehr resilient», sagte Walker Späh deshalb. Für die Regierungsrätin ist aber klar, dass die Wirtschaft angesichts der aktuellen Herausforderungen im Dialog bleiben muss. Die Sorgen mit Blick auf drohende Versorgungsengpässe seien da, sagte Walker Späh mit Blick auf die Energieknappheit und die instabilen Lieferketten: «Die Versorgung ist keine Selbstverständlichkeit mehr.»

Regierungsrätin Carmen Walker Späh auf der Bühne
Regierungsrätin Carmen Walker Späh begrüsste das Publikum Quelle: Andreas Bucher

Jörg Blunschi, Geschäftsleiter Genossenschaft Migros Zürich, griff in seinem Referat die Folgen von instabilen Lieferketten auf. Mehrere Faktoren beeinflussen sich gegenseitig – der Ukraine-Krieg, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die drohende Energiemangellage. Es gilt, verschiedene Szenarien zu antizipieren und entsprechende Lösungen zu entwerfen. Blunschi ist überzeugt: «Für den sozialen Frieden und die Sicherheit in der Schweiz ist die Versorgungssicherheit zentral» – dass die Regale im Supermarkt halbwegs gefüllt sind, dass man zur gewohnten Zeit einkaufen kann. Als systemrelevanter Grossverbraucher sei es wichtig, in Krisen an Lösungsfindungen mitwirken zu können. Die Zusammenarbeit mit dem Kanton Zürich sei da mustergültig.

Jörg Blunschi auf der Bühne
Jörg Blunschi, Geschäftsleiter Genossenschaft Migros Zürich, hielt das Input-Referat zum Thema "Drohende Versorgungsengpässe im Detailhandel" Quelle: Andreas Bucher

Im anschliessenden Podiumsgespräch vertiefte Andrea Krapf, Leiterin Direktion Logistik/Informatik und Krisenstab der Genossenschaft Migros Zürich, was ein totaler Stromausfall von nur zwei oder drei Stunden bedeuten würde: Die Migros würde die Waren nicht mehr in die Filialen bringen können. Die Erfahrung zeigt: Die Regale sind dann im Nu leergekauft. Und auch wenn die Anlagen wieder in Betrieb seien, laufe nicht gleich alles wieder auf 100 Prozent. Es dauere drei Tage, bis sich alle Abläufe wieder normalisiert hätten. Ein Notvorrat, wie ihn die Wirtschaftliche Landesversorgung der Bevölkerung empfiehlt, würde helfen, in so einer Situation nicht in Panik zu verfallen.

Martin von Moos, Geschäftsführer Hotel Belvoir und Hotel Sedartis, hofft, dass es nicht zu behördlichen Massnahmen kommt, wie das bei der Corona-Pandemie der Fall war. Jetzt hätten die Hotels vielmehr die Möglichkeit, selbst Einschränkungen zu bestimmen und vorzunehmen, so wie es in der individuellen Situation für sie richtig sei.

Patrik Meli, Managing Director MAN Energy Solutions Schweiz AG, sprach über den immensen Aufwand, derzeit Material in die Schweiz zu schaffen. Die einzig richtige Lösung für die Energiekrise habe er nicht. Vielmehr ist er der festen Überzeugung, dass es ein Sammelsurium an Lösungen braucht. Das Unternehmen setzt sich selbst aktiv dafür ein. In Dänemark entsteht eine weltweit neue Wärmepumpen-Anlage mit einer MAN-Lösung, die Elektrizität zu thermischer Energie umwandelt, zum Heizen nutzt und Energie speicherfähig macht. Solche Leuchtturmprojekte brauche es – auch in der Schweiz.

Für Patrick Dümmler, Senior Fellow und Forschungsleiter Offene Schweiz von Avenir Suisse braucht es ebenfalls verschiedene Lösungen. Auch die Politik sei gefordert. Die Schweiz drohe in Bezug auf Energie bald ein Drittstaat zu werden und werde von der EU auch so behandelt. Das energiepolitische Verhältnis mit der EU müsse geklärt werden. Und auch regulatorische Hürden seien abzubauen: «Es muss alles einfacher sein und rascher gehen» – ein Wunsch, der auch von anderen Podiumsteilnehmenden geäussert wurde.

Klar wurde auch, dass es auf allen Seiten innovative Ideen und Lösungen braucht – oder wie es Patrik Meli ausdrückte: «Probleme der Zukunft können wir nicht mit Werkzeugen der Vergangenheit lösen.»

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