Möglichkeit der Sterbehilfe in Pflegeeinrichtungen wird gesetzlich verankert
Medienmitteilung 13.04.2023
Bewohnende eines Alters- oder Pflegeheims, das von einer Gemeinde im Kanton Zürich betrieben wird oder von einer Gemeinde beauftragt ist, können in dessen Räumlichkeiten auf eigene Kosten Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Dafür hat der Regierungsrat nach einem entsprechenden Beschluss des Kantonsrates die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Diese Bestimmung tritt am 1. Juli 2023 in Kraft.
Am 25. März 2019 wurde im Kantonsrat eine parlamentarische Initiative betreffend «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» eingereicht. Die Initiative verlangte eine Gesetzesänderung, die es Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen ermöglicht, die Freitodbegleitung einer entsprechenden externen Organisation in der gewohnten Umgebung in Anspruch zu nehmen. Der Initiantin und den Initianten ging es um eine einheitliche Regelung im Kanton. Bisher liegt es im Ermessen der jeweiligen Heimleitung, ob externe Sterbehilfeorganisationen eingelassen werden oder nicht. Wobei nach einer Umfrage des Branchenverbands CURAVIVA Zürich (heute ARTISET Zürich) von Ende 2021 bereits rund 75 Prozent der Alters- und Pflegeheime im Kanton Zürich begleitete Suizide zulassen. Nach intensiven Debatten hat der Kantonsrat am 31. Oktober 2022 eine Änderung des Gesundheitsgesetzes (GesG), die Sterbehilfe betreffend, beschlossen (Geschäft Kantonsrat Nr. 110/2019). Mit Beschluss des Regierungsrates tritt die Änderung per 1. Juli 2023 in Kraft.
Siehe hierzu auch die Ausführungen «Suizidbeihilfe: Ausführungen zur Rezeptierung von Natrium Pentobarbital mit Bezug zu den Rechtlinien der SAMW und der NEK» aus Kapitel 6.10 des Merkblatts Medizin des kantonalen Amtes für Gesundheit.
Vorgabe für Heime, betrieben oder beauftragt von einer Gemeinde
Gemäss der neuen Bestimmung dürfen Pflegeeinrichtungen, die von einer Gemeinde im Kanton Zürich betrieben werden oder von einer Gemeinde beauftragt sind, den Wunsch nach begleitetem Suizid in ihren Räumlichkeiten ab 1. Juli 2023 nicht mehr ablehnen. Dabei wird die Einhaltung der üblichen Sorgfaltspflichten sowie der gesetzlichen Bestimmungen für Sterbehilfe in der Schweiz vorausgesetzt. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung sind die betroffenen Heime zudem angehalten, öffentlich einsehbar auf die Möglichkeit hinzuweisen, zum Beispiel in ihrem Leitbild oder auf der Webseite. André Müller, Co-Präsident ARTISET Zürich: «Die Branchenverbände haben bereits Erfahrungswerte im Umgang mit Sterbehilfe in Alters- und Pflegeheimen und stehen den Einrichtungen für Fragen, die sich aufgrund der neuen Regelung im Heimalltag ergeben, zur Verfügung.» Ausserdem hat CURAVIVA Schweiz ein Grundlagenpapier zum Thema veröffentlicht: Begleiteter Suizid in Institutionen für Menschen mit Unterstützungsbedarf.
Empfehlung für Heime, weder betrieben noch beauftragt von einer Gemeinde
Die Gesundheitsdirektion empfiehlt auch Pflegeeinrichtungen, die weder von einer Gemeinde betrieben werden noch von einer Gemeinde beauftragt sind, dass sie per 1. Juli 2023 öffentlich einsehbar ausweisen, ob die Bewohnenden in ihren Räumlichkeiten Sterbehilfe in Anspruch nehmen können oder nicht. So kann die Möglichkeit der Sterbehilfe künftig bereits vor Eintritt in ein Alters- und Pflegeheim als Kriterium berücksichtigt werden.