Kleine und mittlere Unternehmen wollen gross hinaus – Zürcher Wirtschaft zeigt sich innovativ

«Out-of-the-box-thinking» und Networking: Beides stand im Zentrum des Zürcher KMU Innovationstags. Unternehmer:innen aus diversen Branchen präsentierten und konzipierten gemeinsam in Workshops innovative Lösungsansätze, von denen der Wirtschaftsstandort Zürich profitieren soll.

Der «Zürcher KMU Innovationstag» fand am 4. Juli auf dem Toni-Areal der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) in Zürich statt. Grundlage der Veranstaltung war das Förderangebot «KMU und Innovation» des Netzwerks Standortförderung Kanton Zürich. Diesem gehören die Standortförderung im Amt für Wirtschaft des Kantons Zürich sowie die regionalen Standortförderungen an.Die Frisur dank einem «unsichtbaren» Lockenwickler aufpeppen? Persönliche Passwörter per digitale Urne vererben? Alles kein Problem! Dass solche Unterfangen längst nicht mehr utopisch sind, zeigte sich am zweiten Zürcher KMU Innovationstag. Rund 150 Teilnehmer:innen bekamen zu sehen und zu hören, wie Unternehmen aus dem Kanton mit geballter Innovationskraft den Wirtschaftsstandort Zürich fit für die Zukunft machen.

Das Start-up Maelle zum Beispiel, gegründet von der ZHdK-Absolventin Sandra Seb, hat ein einfaches, recyclebares Accessoire für Menschen mit langen Haaren kreiert. Maelles sogenannte «Curls-in» lassen sich ohne grossen Aufwand in die Haare einflechten und bilden in kurzer Zeit voluminöse Locken. Möglich machen dies spezielle metallische Werkstoffe, die auch von der NASA in der Raumfahrt benutzt werden: die Formgedächtnislegierungen. Hinzu kommt: Im Gegensatz zu herkömmlichen «Heatless Curls» fallen jene von Maelle niemandem auf – sie verstecken sich geradezu unter der Haarpracht.

Netzwerk aufbauen, Innovation fördern

Maelle ist eines von vielen Start-up-Unternehmen, das derzeit nach Investoren sucht. Hier kommt der KMU Innovationstag ins Spiel: Er bietet Unternehmer:innen und potenziellen Geldgebern eine Plattform, um zueinanderzufinden und Kontakte zu knüpfen. «Viele der Fördermöglichkeiten sind den KMU nicht richtig bekannt und werden nur mässig in Anspruch genommen», sagte Anita Martinecz Fehér vom Organisationsteam zur Begrüssung. «Heute bieten wir Ihnen die Möglichkeit, ein Netzwerk aufzubauen, sodass Sie aus dem Vollen schöpfen können.»

Gleichwohl wurden am Innovationstag bereits länger bestehende, etablierte KMU ermutigt, neue oder unkonventionelle Wege zu beschreiten und Innovation voranzutreiben – wobei natürlich auch die Start-ups als Inspiration dienen sollen. «Innovation muss ein ureigenes Interesse sein», sagte denn auch Oliver Schärli von der Zürcher Kantonalbank, die Jungunternehmen fördert und das Angebot KMU und Innovation mittträgt, in seinem Referat. «Ohne Innovation entwickeln wir uns nicht weiter. Wir stagnieren.»

Stagnation vorbeugen

Um jegliche Art der Stagnation zu verhindern, dürfen KMU auch auf den Support vom Netzwerk Ressourceneffizienz Schweiz (Reffnet) zählen. Wie der Name verrät, berät und unterstützt es Unternehmen beim effizienten und umweltschonenden Umgang mit deren Betriebsmitteln. Der Verbund aus Beratungsfirmen, Forschungsstätten und Umweltorganisationen hilft den KMU somit, all ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.Apropos Stagnation: Damit die Schweiz eine «Innovationsnation» bleibt, seien alle Akteure aus Politik, Wirtschaft und Forschung gefordert. Zu diesem Fazit kommt Peter Seitz von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW). Er hat festgestellt, dass sich Investitionen in Forschung und Entwicklung für einige Branchen immer weniger lohnen. «Da müssen wir wachsam sein», warnt Seitz die Gäste in seinem Referat. «Unsere Wirtschaft lebt vom Export; er macht 50 Prozent unseres BIP aus. Ohne Innovation wären wir verloren!»

Keine digitalen Spuren hinterlassen

Ein weiteres vielversprechendes Projekt, das im Plenumsblock «Kreativität trifft Technologie» vorgestellt wurde, heisst «My final backup». Die ZHdK-Absolventen Jonathan Bischof und Elias Diehl haben sich in ihrer Bachelor-Arbeit mit der Frage befasst, was mit persönlichen digitalen Daten nach dem Tod einer Person geschieht. Ihre Antwort: digitale Urnen.In diesen werden Fotos, Passwörter, Chatverläufe oder Song-Playlists der verstorbenen Person an die Hinterbliebenen vererbt – an welche konkret und für wie lange, lässt sich genaustens bestimmen. Alle anderen privaten Daten können mittels einfachem Datenhandhabungsverfahren herausgefiltert und dauerhaft gelöscht werden. Dies ist nicht nur praktisch, sondern auch umweltfreundlich: Denn der Speicher der Daten verzehrt ohne Löschung auch nach dem Ableben einer Person Energie.

In die Tierwelt eintauchen

Wie es ist, tot zu sein, werden wir wohl nie erfahren. Wie es sich als Fledermaus lebt hingegen schon: Das Designstudio «Somebodyelse» macht das vermeintlich Unvorstellbare möglich, und zwar mittels der «Virtual Reality»-Technik. Setzt man eine solche Brille auf, befindet man sich bereits in vollständiger Dunkelheit und «lebt» als Fledermaus – man erhält die «Batvision». Das gleichnamige Pilotprodukt von «Somebodyelse» wurde ebenfalls von ZHdK-Absolventen kreiert.Bleiben wir bei den Tieren: Im Plenumsblock «Nachhaltigkeit trifft Technologie» erklärte Umweltingenieur Andreas Zaugg, wie er mit seiner Firma «Lucky Shrimp» eine qualitativ hochwertige Crevetten-Zucht in Winterthur geschaffen hat. Mittels der sogenannten «Biofloc»-Technologie gelingt eine umweltschonende Nachahmung des natürlichen Ökosystems der Crevetten – diese müssen von lokalen Gastro-Betrieben folglich nicht mehr importiert werden.

Schnell und einfach Ideen sammeln

Nebst der Präsentation solch spannender Projekte und Geschäftsideen hatten die Teilnehmenden am Innovationstag die Möglichkeit, diverse Infostände zu besuchen und mehr über einzelne Unternehmen, Institutionen und Branchen zu lernen. Zudem fanden insgesamt dreizehn Workshops mit Fachexpert:innen statt. In einzelnen Modulen und bilateralen Sprechstunden wurde aktiv an zukunftsorientierten Ansätzen gearbeitet und getüftelt. Die Kernthemen: Innovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Arbeitgeber-Attraktivität.

Der Verband für nachhaltiges Wirtschaften «öbu» nahm in seinem Workshop gemeinsam mit den Teilnehmenden die Kreislaufwirtschaft unter die Lupe – samt ihren Chancen und Herausforderungen. Wie schaffen es Unternehmen in Zukunft, entlang ihrer Wertschöpfungs- und Lieferketten profitabel zu sein, ohne ihre Nachhaltigkeitsziele zu vernachlässigen? In der Gruppe entwickelten Vertreter:innen unterschiedlicher Branchen spannende Lösungen.Im Modul «Produktinnovation: Dem Ideenmangel kreativ begegnen» stellten Julien Silva und Stefan Bebié vom Zürcher IT-Unternehmen Ergon ein kreatives Vorgehen vor, um im Team Ideen aller Art zu sammeln: die 6-3-5 Methode. Sechs Teilnehmende notieren sich dabei je drei Ideen, wofür sie fünf Minuten Zeit haben. Dieser Vorgang wird dann fünf Mal wiederholt. Heisst: Innert 30 Minuten können so bis zu 108 Ideen entstehen!

Mitarbeitende in den Fokus stellen

Ideen sammeln war auch im Modul «Arbeitgeber-Attraktivität in Zeiten des Fachkräftemangels» angesagt. Markus Renevey, Coach des Kompetenzzentrums Swiss Resilience Hub, wollte von den Anwesenden wissen, wie ein Arbeitgeber überzeugen kann. Eine wichtige Erkenntnis aus knapp 60 Minuten Diskutieren und Brainstormen: An die Bedürfnisse des einzelnen Angestellten angepasste Lösungen sind wichtiger denn je. Und: Der Arbeitsplatz muss nicht zwingend ein zweites Zuhause werden – obschon Unternehmen wie etwa Google mittels toller Benefits genau dies beabsichtigen.Weitere Module befassten sich unter anderem damit, wie sich KMU besser gegen Cyber-Attacken schützen oder mehr für den Umweltschutz leisten können. Zum Abschluss des Innovationstags bot sich allen Teilnehmenden noch die Möglichkeit, sich am Netzwerk-Apéro besser kennenzulernen.

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