«Uns ist es wichtig, dass Sport überhaupt stattfindet»
Schulblatt 05.01.2021
Wie ist in der Pandemie sicherer und vielseitiger Sportunterricht möglich? Silvia Schott, Sportlehrerin an der Kantonsschule Freudenberg und Vorstandsmitglied der Turn- und Sportlehrerkonferenz, hat zusammen mit dem Mittelschul- und Berufsbildungsamt ein Schutzkonzept für die Mittel- und Berufsfachschulen erarbeitet.
Interview: Jacqueline Olivier, Bild: Dieter Seeger
Wie gut funktioniert der Sportunterricht zurzeit?
Es braucht viel Energie und Geduld, um mit Masken- und Abstandsregeln, an die man die Schülerinnen und Schüler immer wieder erinnern muss, zu unterrichten. Ausserdem müssen wir das Programm deutlich reduzieren, weshalb die Schülerinnen und Schüler gewisse Lernziele dieses Semesters nicht erreichen werden und schon letztes Semester nicht erreicht haben.
Welche Lernziele zum Beispiel?
Spielsportarten kommen im Moment klar zu kurz, das heisst, das Spielverständnis, das wir normalerweise von der 1. Klasse des Untergymnasiums an aufbauen, kann nicht im gleichen Masse wie sonst vermittelt werden. Geräteturnen ist zwar möglich, aber alle die schwierigeren Übungen, die man gut sichern muss, fallen weg, weil der Körperkontakt auf ein Minimum beschränkt werden soll. In unserem Schutzkonzept für den Sportunterricht haben wir zwar festgehalten, dass kurze Hilfestellungen möglich sein sollen, aber die attraktiven, herausfordernden Übungen sind so nicht realisierbar.
Kann der Sport trotzdem ein Ausgleich sein für die Schüler – gerade in dieser schwierigen Zeit?
Sicher ist der Sport nach wie vor ein wichtiger physischer und psychischer Ausgleich und die meisten Schülerinnen und Schüler kommen sehr gern zum Sportunterricht. Gerade die älteren Schülerinnen und Schüler sind aber manchmal enttäuscht, weil das, was sie in der Stunde gerne machen würden, nicht geht. Wenn wir dann aber eine Lösung finden, um zumindest etwas Ähnliches zu machen, lassen sie sich trotzdem begeistern. Es ist auch interessant zu sehen, welch kreative Vorschläge die Schüler jeweils einbringen.
Sie haben am neuen Schutzkonzept für den Sportunterricht auf Sekundarstufe II mitgearbeitet – warum kam dieses Konzept erst Ende 2020?
Nach dem Lockdown war erst einmal vieles unsicher, von Maskenpflicht im Unterricht war noch keine Rede. In den Richtlinien stand zum Sportunterricht noch wenig, vieles war weiterhin erlaubt, die Infektionszahlen waren ja auch sehr tief. Auch konnte man im Sommer den Sportunterricht mehr ins Freie verlegen. Erst nach den Herbstferien, als sich die Situation wieder deutlich verschlechterte und neue Massnahmen durch den Kanton beschlossen wurden, stieg der Druck, klare Regeln zu erarbeiten.
Gibt dieses Schutzkonzept den Sportlehrpersonen mehr Sicherheit für ihren Unterricht?
Es gibt ihnen Sicherheit, aber vor allem zeigt es den Schulleitungen, was trotz der einschränkenden Massnahmen noch möglich ist. Die Schulen gingen bisher sehr unterschiedlich damit um, was im Sport noch erlaubt war und was nicht. Das Schutzkonzept gibt den Sportlehrpersonen teilweise wieder mehr Spielraum. Denn uns ist es wichtig, dass Sport überhaupt stattfindet.
Auf den ersten Blick scheint doch noch sehr viel möglich. Ist das so?
Das täuscht. Der Sportunterricht an den Mittelschulen ist enorm vielseitig und soll den Schülerinnen und Schülern über den Lehrplan hinaus Gelegenheit bieten, ganz neue Sportarten kennenzulernen, dem sie sich dann vielleicht in der Freizeit zuwenden. Doch auch viele Sportarten, die durch den Lehrplan vorgegeben sind, fallen im Moment weg, zum Beispiel Fussball, Handball, Paartanz, Kampfsport. Selbst Rennen in der Halle ist problematisch, weil die Schüler dort tief ein- und ausatmen, was mit Maske fast unmöglich ist. Die Masken wegzulassen und dafür entsprechend Abstand zu halten, ist ebenfalls kaum möglich.
Genügend Abstand halten in der Turnhalle – ist das überhaupt realistisch?
Das kommt ganz darauf an, wie die Schulen aufgestellt sind. Wir unterrichten zurzeit in Halbklassen – um die Klassen nicht zu mischen und mit maximal 16 Schülerinnen respektive Schülern. So geht es einigermassen. Doch diese Möglichkeit haben nicht alle Schulen. Andere haben ohnehin zu wenig Turnhallen, stattdessen vielleicht noch einen Fitness- oder Gymnastikraum. Dort wird es mit dem Platz noch schwieriger. Es braucht auf jeden Fall viel Kreativität, um den Unterricht zu organisieren. Der Sportunterricht wird ja ohnehin durch die Lehrpersonen selbst gestaltet, uns steht kein Lehrmittel zur Verfügung, nachdem wir vorgehen könnten. Unter den gegebenen Umständen müssen wir aber viel zusätzlichen Aufwand betreiben. Das gilt allerdings für alle Lehrpersonen, unabhängig vom Fach.
Sind Sie dennoch zuversichtlich, dass die Sportlehrpersonen mit diesem Konzept gut durch den Winter kommen?
Ja, gerade, weil wir uns bemüht haben, eine Ideensammlung zu erstellen, die trotz aller Einschränkungen einen abwechslungsreichen Unterricht ermöglichen soll.
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