PolitTalk Digitales Zürich #4 – Big Data
Mitteilung 23.04.2018
An der Universität Zürich fanden sich am 23. Januar rund 70 Interessierte aus Politik, Wirtschaft, Lehre und Verwaltung ein, um vier hochkarätigen Rednerinnen und Rednern zum kontroversen Thema «Big Data – Was Daten verraten» zu folgen und anschliessend darüber zu diskutieren.
Die einen sehen in Big Data eine Chance, die anderen erachten die grossflächige Erfassung von Daten und deren Auswertung als Wegbereiter für totalitäre Systeme. Kaum ein Thema wird derzeit so kontrovers diskutiert wie Big Data. Moderator Michael Baumer, Gemeinderat FDP und Mitglied des Kernteams, das den vierten PolitTalk organisiert hat, konnte sich damit auf eine angeregten Abend gefasst machen.
Die Basis legte Prof. Dr. Abraham Bernstein, Direktor des Instituts für Informatik sowie der Digital Society Initiative der Universität Zürich. Er wies gleich darauf hin, dass das Gesprächsthema üblicherweise ein ganzes Semester und nicht bloss 12 Minuten beanspruchen würde. Die Verarbeitung der gigantischen Datenmengen stellt hauptsächlich vier Herausforderungen:
- Volumen: Weltweit fallen täglich 2.5 Exabyte Daten an, was etwa dem gesamten Speichervolumen der in unserem Land verwendeten Laptop-Computer entspricht.
- Geschwindigkeit: Zu einen geht es um die Geschwindigkeit, mit der neue Informationen generiert werden, zum anderen aber auch um das Tempo, in dem die Daten verarbeitet und ausgewertet werden können.
- Wahrheitsgehalt: Die Qualität der erhobenen Daten ist bei weitem nicht konstant. Diese Widersprüchlichkeit erschwert die Auswertung.
- Variabilität: Die Inkonsistenz der Daten kann die Handhabung negativ beeinflussen.
- Diese Komplexität bringt es mit sich, dass das Thema schwer verständlich ist und nicht zuletzt deshalb daraus sehr unterschiedliche Positionen eingenommen werden. So stellen manche unglaubliche Erwartungen an die Erkenntnisse, die aus Big-Data-Analysen gezogen werden können, während wohl die Mehrheit der Laien Bedenken und Ängste hegt.
Der Wert der Daten
Dass diese Daten, die von jedem einzelnen von uns generiert werden, einen Wert haben, davon sprach Giulia Fitzpatrick, UBS Managing Director Global Technology for Wealth Management Innovation. Dessen sind sich aber die wenigsten Privatpersonen bewusst. Überhaupt steht es um das Wissen in Zusammenhang mit den «Datenkrümeln, die wir online liegen lassen» nicht zum Besten. Das Verständnis dafür, was persönliche Daten überhaupt sind, ist ebenso beschränkt. Eine massgebende Rolle dabei spielt die mangelnde Transparenz. So ist den meisten Leute nicht bekannt, überhaupt welche Art von Daten sie schaffen und was mit ihnen im weiteren Verlauf geschieht. Laut Fitzpatrick sollten Daten künftig als eine Asset Class, eine Vermögensform, eingestuft werden, die an die jeweilige Person gebunden ist.
Zu einem ähnlichen Schluss kam Dr. Ladina Caduff, Governmental Affairs Lead bei Microsoft Schweiz und wies darauf hin, dass das Verständnis der Schweizer Bevölkerung in Sachen ICT nicht gerade rosig aussieht. So soll eine Mehrheit bei einer Umfrage zum Thema «Cloud Computing» geantwortet haben, dass es sich dabei um eine Technologie handelt, die den Internetzugang an bewölkten Tagen ermöglicht. Dieser Umstand wird zusätzlich durch die Geschwindigkeit der Entwicklungen – 90 Prozent aller erfassten Daten entstanden in den letzten zwei Jahren – und die in unserem Land ausgeprägte Bereitschaft der schnellen Adaptation von neuen Technologien verschärft. Für Ladina Caduff ist die Analyse von Big Data auch keineswegs ein medialer Hype, sondern ein Alltagsphänomen, das nicht wieder verschwinden wird. Zentral in der Diskussion um die Nutzung und Auswertung von Daten ist das Vertrauen. In diesem Zusammenhang ist erfrischend zu hören, dass Microsoft – im Vergleich zu Google und Facebook – Privatsphäre als ein Menschenrecht erachtet.
Das Thema «Big Data» beleuchtete PD Dr. Markus Christen, Research Group Leader am Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte, Universität Zürich, aus einer ethischen Perspektive. Den Ethikern komme, so Christen, eine Rolle als Wachhund zu. Doch was, wenn der Wachhund zum falschen Zeitpunkt bellt? Er wies auf verschiedene kritische Punkte hin und darauf, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten durchaus auch im Interesse der Firmen und Unternehmen liegt. So gilt es, die Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen. Um diese zu eruieren, hilft eine einfache Frage: Würden die Kunden ihre Daten immer noch zur Verfügung stellen, wenn sie wüssten, was mit ihnen geschieht? An die Adresse der Politik wandte sich Markus Christen mit dem Wunsch, eine Standardisierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) mit Vorgaben bezüglich Inhalt, Form und Verständlichkeit zu erwirken. Dies würde viel zur Transparenz im Datenmeer beitragen. Zu den ethischen Herausforderungen für Unternehmen hat die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW eine Studie verfasst, die auf der Website satw.ch bestellt werden kann.
In der anschliessenden Diskussion wurden in erster Linie kritische Fragen gestellt und Bedenken zur aktuellen Entwicklung formuliert, die ein allgemeines Unbehagen illustrierten und deutlich machten, dass das Thema vertieft diskutiert werden muss. PolitTalk-Projektleiter Tom Kleiber fasste zum Schluss fünf Themenfelder zusammen, die sich an diesem Abend herauskristallisierten:
- Wem gehören die Daten?
- Nutzer, Gesellschaft, Unternehmen
- Wie gestaltet sich das Verhältnis Staat – Individuum?
- Wie steht es mit der Mitsprache? Wie sehen die Machtverhältnisse aus?
- Bildung
Gelegenheit diese und weitere Punkte zu diskutieren, gibt es am 3. Juli beim PolitTalk #5. In dessen Rahmen werden die genannten Punkte und offene Fragen aus der Diskussion aufgegriffen und von Expertinnen und Fachleuten verstärkt analysiert werden.
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