Lehren aus Corona für den Justizvollzug

Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe) hat am Donnerstag an seiner Jahresmedienkonferenz dargelegt, wie seine Institutionen auf die Corona-Pandemie reagiert haben. Im Zentrum standen die Untersuchungshaft sowie der Betrieb in der Justizvollzugs-Anstalt Pöschwies. Die Verantwortlichen – Roland Zurkirchen, Direktor der Untersuchungsgefängnisse und Andreas Naegeli, Direktor der JVA Pöschwies – führten aus, mit welchen Herausforderungen sie in den letzten Monaten konfrontiert waren. Sie zeigten aber auch auf, wo und weshalb Corona zu Neuerungen und Verbesserungen geführt hat.

In der Untersuchungshaft wurden in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Telefongespräche mit Angehörigen möglich – eine Errungenschaft, die so weit wie möglich erhalten bleiben soll. Ausserdem können Einvernahmen und selbst Gerichtsverhandlungen auch per Video durchgeführt werden. 

Um die Einschränkung der Besuchsmöglichkeiten so gut wie möglich auszugleichen, hatte die JVA Pöschwies das Telefonkontingent der Inhaftierten erhöht. Neuerdings ist der Kontakt mit Angehörigen auch per Videotelefonie möglich. Inzwischen sind Besuche wieder in allen Institutionen des Justizvollzugs möglich – mit Ausnahme des Quarantänegefängnisses in Horgen. Die Ausbreitung der Pandemie konnte in den Institutionen des Justizvollzugs bisher erfolgreich verhindert werden. 

Résumé von Regierungsrätin Jacqueline Fehr

Zum Schluss fasste Justizdirektorin Jacqueline Fehr nochmals zusammen, wie wichtig die interkantonale Kooperation auch im Bereich der Untersuchungshaft sei. Corona habe dem Zusammenwirken neuen Schwung und neue Dringlichkeit verliehen. Das Ziel müsse sein, spezialisierte U-Haft-Zentren zu betreiben – für Jugendliche, Betagte, Selbst- und Fremdgefährdete etc. Das funktioniere aber nur, wenn die Kantone zusammenarbeiten würden. Die Dezentralisierung und Spezialisierung der Untersuchungshaft werde durch die Möglichkeit von Video-Einvernahmen erleichtert, denn die beschuldigte Person müsse nun nicht mehr zwingend dort untergebracht werden, wo ihr Fall untersucht wird. «Corona hat uns gezeigt, dass wir noch entschlossener auf dem Weg der interkantonalen Kooperation weitergehen müssen, wenn wir die Untersuchungshaft voranbringen wollen», schloss Regierungsrätin Jacqueline Fehr. 

Résumé von Amtsleiter Hans-Jürg Patzen

Um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, musste die Zahl der Inhaftierten verringert werden. Hierzu wurden in den letzten Monaten verschiedene Massnahmen getroffen: So wurden z.B. Ersatzfreiheitsstrafen und, wo möglich, auch die Haft aufgeschoben. Dies mit dem Ziel, dass jede Person möglichst über eine eigene Zelle verfügt. Es gelang weitgehend, dieses Ziel zu erreichen – und die Bemühungen werden unabhängig von Corona weitergehen. Denn: «Aus medizinischer und psychosozialer Sicht sind Einzelzellen ein wichtiges und erstrebenswertes Ziel für die Zukunft», so Amtsleiter Hans-Jürg Patzen.

Rückblick auf das Vorjahr

Am Ende der Medienkonferenz präsentierte der stellvertretende JuWe-Amtsleiter Jérôme Endrass einige Zahlen zum Jahr 2019. Insgesamt verzeichnete das Amt für das Jahr 2019 414’108 Hafttage, verteilt auf 1’236 Vollzugsplätze. Die Auslastung lag bei 89,2 Prozent, was gegenüber dem Vorjahr eine leichte Zunahme von rund drei Prozent bedeutet: «Das ist ein idealer Auslastungsgrad, der uns genügend Flexibilität einräumt, um Gefangene bei Bedarf in andere Institutionen verlegen zu können», erläuterte Jérôme Endrass.

Weiter gab es 3’932 Vollzugsfälle, davon waren 2’010 Freiheitsstrafen, 243 Stationäre Massnahmen nach Art. 59 und 35 Verwahrungen. Im Jahr 2019 haben im Kanton Zürich 46 Personen ein Electronic Monitoring begonnen.

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Justizvollzug und Wiedereingliederung existiert in seiner jetzigen Organisationsform seit dem Jahr 1999. Es ist eine Besonderheit des Justizvollzugs des Kantons Zürich, dass sämtliche am Straf- und Massnahmenvollzug und mit sonstigen Haftarten befassten Disziplinen unter einem Dach bzw. in einer Organisation zusammenarbeiten.

Justizvollzug und Wiedereingliederung umfasst die Bewährungs- und Vollzugsdienste, die für den Straftäter während seiner gesamten Verweildauer im Justizvollzug zuständig sind und seinen Vollzug organisieren – vom Eintritt bis hin zu Entlassung und Bewährungshilfe. Der Psychiatrisch-Psychologischen Dienst führt rückfallpräventive Therapien im Rahmen von ambulanten und stationären gerichtlichen Massnahmen durch und arbeitet eng mit der Justizvollzugsanstalt (JVA) Pöschwies zusammen, der grössten JVA der Schweiz. Weiter gibt es die Vollzugseinrichtungen Zürich (VEZ) mit ihren vier Gefängnissen, in denen Straftäter mit kürzeren Freiheitsstrafen untergebracht werden, die Untersuchungsgefängnisse Zürich (UGZ) mit ihren sechs Gefängnissen sowie das Massnahmenzentrum Uitikon für Jugendliche und junge Erwachsene. Unterstützt werden sämtliche Einheiten durch die Hauptabteilung Forschung & Entwicklung (F&E).