Alkoholtestkäufe mit Jugendlichen - wie weiter?
Medienmitteilung 20.12.2011
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 17. November 2011 entschieden, dass Alkoholtestkäufe mit Jugendlichen verdeckte Ermittlungen darstellen und deshalb Erkenntnisse aus solchen Testverkäufen in einem Strafverfahren nicht verwertet werden dürfen. Die Statthalter des Kantons Zürich werden darum weiterhin niemanden büssen, der aufgrund einer Testkaufsituation bereit gewesen wäre, einem jugendlichen Testkäufer Alkohol zu verkaufen. Diesen Entscheid traf die Statthalterkonferenz an ihrer Sitzung vom 13. Dezember 2011 einstimmig.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem aktuellen Fall aus dem Bezirk Meilen entschieden, dass niemand gebüsst werden dürfe, weil er jugendlichen Testkäufern Alkohol verkauft hat. Damit bestätigt das Obergericht die von den Statthaltern des Kantons Zürich schon seit längerem geäusserten Bedenken.
Worum geht es eigentlich bei der heftig diskutierten Frage der Alkoholtestkäufe genau? In zahlreichen Gesetzen ist geregelt, wie sich die Bevölkerung zu verhalten hat und was geschieht, wenn sie es nicht tut. So regelt das Strassenverkehrsgesetz, woran sich Strassenbenützer zu halten haben oder das Betäubungsmittelgesetz, was im Umgang mit Betäubungsmitteln verboten ist und eben das Gastgewerbegesetz, dass Jugendlichen kein Alkohol verkauft werden darf. Werden solche Gesetze missachtet, droht den Betroffenen ein Strafverfahren.
Wie solche Strafverfahren durchzuführen sind, regelt die eidgenössische Strafprozessordnung. Diese legt unter anderem die Methoden fest, mit denen der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern im Strafverfahren begegnen darf. So ist es beispielsweise nicht erlaubt, einen Verdächtigen durch die Polizei oder Untersuchungsbehörden zu befragen, ohne ihn vorher darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass er die Aussage verweigern oder einen Anwalt beiziehen kann. Ebenfalls geregelt ist die Frage, wann es dem Staat erlaubt ist, durch verdeckte Ermittlungen an belastende Erkenntnisse zu kommen, bzw. solche zu beweisen. Dabei stellt die Strafprozessordnung strenge Regeln auf. So muss für eine verdeckte Ermittlung namentlich der Verdacht bestehen, dass eine schwere Straftat begangen worden ist, zu denen Übertretungen, wie etwa der Verkauf alkoholischer Getränke an Jugendliche, unbestrittenermassen nicht gehören.
Angezweifelt wird indessen immer wieder, dass es sich bei den Testkäufen durch Jugendliche überhaupt um verdeckte Ermittlungen handelt. Genau diese Frage hat das zürcherische Obergericht in Übereinstimmung mit der bisherigen kantonalen und eidgenössischen Rechtsprechung nun bestätigt. Damit bleiben Erkenntnisse, zu denen der Staat als Folge einer Testkaufsituation gekommen ist, in einem Strafprozess nicht verwertbar, d.h. diejenigen, die einem jugendlichen Testkäufer Alkohol verkauften oder verkaufen wollten, können nicht gebüsst werden. Daran vermag auch die am 1. Januar 2012 in Kraft tretende Bestimmung des kantonalen Gesundheitsgesetzes nichts zu ändern, die besagt, dass der Kanton und die Gemeinden Testkäufe zur Überwachung des Alkohol- und Tabakverkaufsverbotes an Jugendliche durchführen dürfen. Damit steht nur fest, dass es überhaupt erlaubt ist, auf diesen Gebieten Testkäufe durchzuführen. Ob Erkenntnisse aus solchen Testkaufsituationen in einem Strafprozess auch verwertbar sind, hat nicht das kantonale Gesundheitsgesetz zu entscheiden, sondern die Strafprozessordnung.
Wollte man auf dem Gebiete des Jugendschutzes oder auch ganz generell Testkäufe zur Beweisführung in Strafprozessen für verwertbar erklären, müsste dies durch entsprechende Änderung der Strafprozessordnung geschehen.
Man mag dies im Hinblick auf einen effizienten Jugendschutz störend finden, sollte aber bedenken, dass jeder Rechtstaat auch klare Regeln zur erlaubten staatlichen Tätigkeit in Strafverfahren benötigt. Es wäre nämlich auf zahlreichen Rechtsgebieten sehr bequem, wenn der Staat mit verdeckter Ermittlung das Wohlverhalten seiner Bürgerinnen und Bürger überprüfen und gegebenenfalls Fehlbare bestrafen könnte.
Es stellt sich nun für die Gemeinden die Frage, ob sie überhaupt noch Testkäufe durchführen wollen, oder man nicht besser gezielt jene Verkaufsstellen und Gaststätten beobachtet, die in Verdacht stehen, das Alkohol- oder Tabakverkaufsverbot an Jugendliche zu missachten. Wie Ladenbesitzer mit Detektiven verdächtige Kunden beobachten lassen, dürfen selbstverständlich auch Verkaufsbetriebe und Gaststätten bei ihren alltäglichen Geschäften genau beobachtet und kontrolliert werden.
Die Statthalterkonferenz hat an ihrer Sitzung vom 13. Dezember 2011 angesichts des erwähnten Obergerichtsurteils entschieden, weiterhin keine Bussen auszusprechen, wenn der Verkauf von Alkohol oder Tabak auf eine Testkaufsituation zurückzuführen ist. Selbstverständlich werden aber alle Fehlbaren konsequent bestraft, die Jugendlichen Alkohol oder Tabak in einem realen Verkauf abgeben.
Hinweis
Diese Meldung ist vor 2018 erschienen. Gegenüber der ursprünglichen Fassung sind alle Bilder, Links und Downloads entfernt worden. Dies beim Wechsel zum neuen kantonalen Webauftritt 2020.
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