Ein Blick in die Geschichte des Kantonalen Labors Zürich zeigt: den Vollzugsbehörden geht die Arbeit so schnell nicht aus! Kreative Lebensmittelfälscher, technischer Fortschritt in der Analytik und steigende Probenzahlen beschäftigen uns heute genauso wie vor fast 150 Jahren. Über die Lärmbelästigung durch Pferdefuhrwerke vor dem Labor beklagt sich heute niemand mehr, dafür stehen andere Probleme, wie der internationale Handel oder Onlineshopping, im Vordergrund. Wir wünschen viel Vergnügen beim Streifzug durch die Geschichte des Kantonalen Labors Zürich!
Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der Geschichte des Kantonalen Labors Zürich. Wenn Sie mehr wissen möchten, steht Ihnen die ausführlichere Version als pdf zur Verfügung.
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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann der Lebensmittelhandel stark an Bedeutung. Durch die zunehmende Industrialisierung waren immer weniger Menschen in der Lage, sich selbst zu versorgen. Sie waren daher auf gekaufte Lebensmittel angewiesen. Bedingt durch den unerbittlichen Konkurrenzkampf waren unlautere Praktiken, häufig verbunden mit gesundheitlicher Gefährdung der Verbraucher, an der Tagesordnung. Die Kantonsregierung fasste deshalb den Beschluss, einen Chemiker für die Durchführung von Lebensmitteluntersuchungen einzusetzen: Am 15. Februar 1877 trat Dr. Haruthiun Abeljanz als 1. Kantonschemiker des Kantons Zürich sein Amt an.
Das Kantonale Labor wurde mitten in der Stadt Zürich im Vordern Strohhof eingerichtet; zuerst wurden vor allem Trinkwasser und Milch untersucht. So ist dem Jahresbericht 1880 zu entnehmen, dass von 241 Milchproben 30 gewässert und 12 stark abgerahmt waren. In 94 von 164 Trinkwasserproben wurden Jaucheverunreinigungen festgestellt. Von 120 Wurstproben mussten 16 wegen verbotenem Mehlzusatzes beanstandet werden. Auch Verfälschungen von Gewürzen mit Ton, Ziegelmehl, Sand und Kalksteinpulver wurden festgestellt.
Das Labor brauchte rasch mehr Platz, 1882 konnten dann die Räumlichkeiten an der Lintheschergasse 10 bezogen werden.
Dr. Haruthiun Abeljanz reichte am 20. April 1884 die Kündigung ein, nachdem er zum ausserordentlichen Professor für Chemie an die Universität Zürich berufen worden war.
Am 15. April 1884 trat Dr. Adolf Weber das Amt des Kantonschemikers an; er war vorher als Privatdozent und erster Assistent am chemischen Laboratorium der Universität Zürich tätig.
Zur selben Zeit war der Kanton von einer Typhusepidemie betroffen: allein in der Stadt Zürich gab es 1’609 Fälle und 900 im übrigen Kantonsgebiet. Typhus wurde vor allem über das Trinkwasser übertragen; die Sanitätsdirektion verfügte die Spülung und Desinfektion von Wasserleitungen und Kloaken. Von den in diesem Zeitraum untersuchten Trinkwasserproben mussten 43 % beanstanden werden.
1887 konnte das Kantonale Labor in das ehemalige Chemiegebäude des Polytechnikums (ETHZ) an der Rämistrasse in Zürich umziehen.
Am 12. Mai 1888 verstarb Dr. Adolf Weber.
Adolf Laubi trat sein Amt am 14. Juli 1888 an. Ursprünglich in der schweiz. Agrikultur-chemischen Zentralstation im Polytechnikum Zürich tätig, arbeitete er bereits seit 1881 als 1. Assistent des Kantonschemikers im Kantonalen Labor.
Für das Labor wurde ein Neubau an der Schmelzbergstrasse 8 errichtet, der 1900 bezogen werden konnte.
Fünf Jahre später wurde das erste eidgenössische Lebensmittelgesetz erlassen. Dessen Vollzug bedeutete für das Kantonale Labor eine grosse Mehrbelastung, denn es mussten erstmals Lebensmittelkontrolleure ausgebildet und Aufträge der schweizerischen Grenzkontrollstellen erledigt werden. 1909 wurde der Verband der Kantonschemiker der Schweiz (VKCS) in Zürich gegründet.
Im selben Jahr beginnt die Geschichte der heutigen Laborräumlichkeiten: von 1913 bis 1914 wurde an der Fehrenstrasse 15 im noch ländlichen Hottingen ein dreistöckiges Schulgebäude erstellt, das die private Pestalozzi-Schule beherbergen sollte. Das Eingangsportal der Schule wurde vom Holländer Otto van Rees und vom Zürcher Hans Arp mit zwei Wandbildern verziert, die heute noch zu sehen sind. Das Gebäude wird seit 1925 durch das Kantonale Labor genutzt.
Nach 31 Jahren im Dienst verstarb Adolf Laubi am 15. Februar 1919.
Prof. Dr. Baragiola wurde am 01. Juni 1919 als Kantonschemiker gewählt. Er hatte an der Universität in Bern in Chemie, Physik und Geologie promoviert und war vor dem Amtsantritt als Gymnasiallehrer, Gärungschemiker in einem Grossbetrieb für Weinbau und Weinhandel sowie im Vorstand der chemischen Abteilung an der Schweiz. Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil tätig. 1908 habilitierte Dr. Baragiola als Privatdozent an der eidgenössischen technischen Hochschule für Gärungschemie, Gärungstechnik und Önologie.
Der Kanton erwarb 1924 das Pestalozzi-Schulhaus an der Fehrenstrasse 15 in Zürich-Hottingen und liess es umbauen. Ein Jahr später konnte das neue Laboratorium bezogen werden. Im Kantonalen Labor Zürich waren zu dieser Zeit 15 Personen tätig, davon zwei als Lebensmittelkontrolleure.
Neben Weinprüfungen bildeten Wasser- und Milchuntersuchungen weiterhin einen analytischen Schwerpunkt. Insbesondere bei den Proben aus Seen und Flüssen, die durch die Einleitung von Abwässern aus Industriegemeinden erheblich belastet waren, öffnete sich ein weiteres, wichtiges Tätigkeitsfeld.
Ab Neujahr 1927 verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Prof. Dr. Baragiola. Er verstarb am 28. Mai 1928.
Am 23. August 1928 wurde Prof. Dr. Ernst Waser zum Kantonschemiker ernannt.
Er hatte das Diplom als Chemiker an der Eidg. Technischen Hochschule erworben und promovierte 1911 zum Doktor. Ab 1915 arbeitete er als Leiter des wissenschaftlichen Labors der Allgemeinen Maggi Gesellschaft in Kemptthal und habilitierte 1920 mit «Untersuchungen über die Fleischbrühe» als Privatdozent an der Universität Zürich. Ab Sommer 1924 war er als Abteilungsvorsteher des chemischen Institutes der Universität Zürich unter gleichzeitiger Ernennung zum Titularprofessor tätig. Auch als Dozent wurde Prof. Dr. Waser sehr geschätzt.
1929 wurden die Aufgaben des Labors mit der Untersuchung der öffentlichen Gewässer im Kanton Zürich erweitert. Das Kantonale Labor trug durch die systematischen Gewässeruntersuchungen entscheidend dazu bei, dass die Seen saniert und das Problem der Abwasserreinigung gelöst wurde.
In den Dreissigerjahren wurden gefährliche Abflussreiniger und Desinfektionsmittel aus Ätznatron verkauft, die zu schlimmen Unfällen führten. Der Kantonschemiker wollte klare Warnhinweise auf den Mitteln und ein Verkaufsverbot an Privatpersonen durchsetzen, wogegen sich die Hersteller aber wehrten.
Im Jahr 1941 verstarb Prof. Dr. Ernst Waser.
Als Nachfolger von Prof. Dr. Ernst Waser wurde der bei der Maggi in Kemptthal angestellte Dr. Maximilian Staub bestimmt.
1943 bestand das Labor aus dem Kantonschemiker mit seinem Stellvertreter, einem Biologen, zwei Lebensmittelinspektoren, 5 Assistenten, zwei Kanzlistinnen und drei Laboranten.
Dr. Staub wurde Präsident der neu gegründeten eidgenössischen Giftkommission und konnte so die Grundlagen für die eidgenössische Giftgesetzgebung legen, die aber erst fast 20 Jahre später in Kraft trat.
1965 trat Dr. Maximilian Staub von seinem Amt als Kantonschemiker zurück.
Am 01. Juni 1967 wurde Dr. sc. techn. Ernst Romann zum Kantonschemiker gewählt.
In den Siebzigerjahren wurden die Diskussionen um einen Neubau für das Labor konkreter. Das Kantonale Laboratorium mit seinen inzwischen 65 Angestellten brauchte mehr Platz; 1979 konnte der Erweiterungsbau an der Fehrenstrasse bezogen werden.
In den frühen Achtzigerjahren kam es zum Hormonskandal: trotz Verbot wurden in Kälbermastbetrieben synthetische Hormone eingesetzt, um das Wachstum der Tiere zu fördern. Dr. Rolf Etter entwickelte am Kantonalen Labor Zürich innert kürzester Zeit eine Analysenmethode zum Nachweis solcher Hormone im Harn.
Die Reaktorkatastrophe von 1986 in Tschernobyl betraf auch den Kanton Zürich. Das Kantonale Labor analysierte die radioaktive Belastung von Lebensmitteln und übermittelte die Resultate laufend der Nationalen Alarmzentrale.
1989 stellte das Kantonale Labor fest, dass Haselnüsse massiv mit Mineralöl belastet waren. Nach umfangreichen Abklärungen konnte die Verunreinigung auf die als Verpackungsmaterial verwendeten Jutesäcke zurückgeführt werden. Durch diese Befunde wurde weltweit eine mineralölarme Juteverarbeitung für Lebensmittelverpackungen eingeleitet.
Das neue Lebensmittelgesetz trat nach über 20 Jahren Bearbeitungszeit 1995 in Kraft. Es setzte neu die Selbstkontrolle und Eigenverantwortung der Lebensmittelbetriebe ins Zentrum.
Nach 30 Jahren im Amt wurde Dr. Ernst Romann 1995 pensioniert.
Als Nachfolger von Dr. Ernst Romann wurde Dr. Rolf Etter bestimmt.
Rolf Etter studierte Chemie an der ETH Zürich und doktorierte zum Thema «Synthese und Untersuchungen an Chlorophyll» unter Prof. Dr. A. Eschenmoser. 1981 trat er nach einem Postdoc am Caltech in Pasadena, USA, ins Kantonale Labor Zürich ein und wurde Abteilungsleiter in der Fleischanalytik mit Schwerpunkt Rückstandsanalytik für Tierarzneimittel und biogene Amine. Bevor Dr. Rolf Etter per 01. April 1995 zum Kantonschemiker gewählt wurde, war er mehrere Jahre als Stellvertreter von Dr. Romann tätig.
Kurz nach seiner Wahl zum Kantonschemiker wurde das Kantonale Labor Zürich im Jahr 1996 nach EN 45001 (Analytik) und EN 45004 (Inspektionen) akkreditiert.
Das Labor stellte 1998 fest, dass Konserven durch Epoxide aus Dosenbeschichtungen verunreinigt waren. Die Grenzwerte waren massiv überschritten; die betroffenen Waren wurden beschlagnahmt und die Importeure verstärkten ihre Kontrollen. Dadurch verbesserte sich die Situation rasch.
Die Entwicklung einer neuen Analysemethode ermöglichte ab dem Jahr 2000 den Nachweis von Allergenen in Lebensmitteln. Damit konnten z. B. Spuren von Erdnüssen nachgewiesen werden. Die Etablierung solcher Analysenmethoden war ein grosser, international beachteter Fortschritt für den Schutz von Allergikerinnen und Allergikern.
Das Kantonale Labor Zürich wurde 2003 zusammen mit dem Service de protection de la consommation de Genève vom Bundesamt für Veterinärwesen zum nationalen Referenzlabor für den Nachweis von Antibiotika in Lebensmitteln tierischer Herkunft ernannt.
Doch nicht nur im Labor gab es technologische Fortschritte: pünktlich zur Feier des 125 Jahr Jubiläums wurde 2002 die erste Internetseite des Kantonalen Labors aufgeschaltet.
Als der Kanton Zürich 2004 ein Sanierungsprogramm durchführte, musste auch das Kantonale Labor Zürich seinen Teil beitragen. Die Streichung von 5.4 Stellen führte zu einem deutlichen Leistungsabbau: die Untersuchung von alkoholischen Getränken und Tabakwaren wurde eingestellt.
In den folgenden Jahren gab es auch im Bereich Recht grössere Umwälzungen: Anfang August 2005 wurde das «Giftgesetz» durch das neue Chemikalienrecht abgelöst. Ab dem 01. Januar 2006 galt für Lebensmittelbetriebe die Meldepflicht, für die Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln tierischer Herkunft wurde eine Bewilligungspflicht eingeführt.
Zwei gravierende Ereignisse prägten das Jahr 2011: Der Reaktorunfall in Fukushima und die EHEC-Epidemie. In beiden Fällen konnte das Kantonale Labor Zürich Unterstützung bieten: nach dem Reaktorunfall untersuchte das Kantonale Labor im Auftrag des Bundes nicht nur japanische Lebensmittel, sondern auch Gebrauchsgegenstände, Gemüse aus der Region und sogar Zürcher Regenwasser. Während der EHEC-Epidemie konnte durch eine rasch angepasste Analysenmethode innerhalb einer Woche die im Kanton angebotenen Sprossen geprüft werden. Die gefährlichen Bakterien konnten nicht nachgewiesen werden.
2013 erschütterte dann der «Pferdefleischskandal» ganz Europa: in Grossbritannien und Irland war Lasagne entdeckt worden, welche anstelle von Rindfleisch auch Pferdefleisch enthielt. Das Kantonale Labor war massgeblich an der Entwicklung einer Analysenmethode zum Nachweis von Pferdefleisch beteiligt, die sich in der Folge in ganz Europa bewährte.
Dr. Rolf Etter wurde 2013 mit dem Werder-Preis und der Werder-Medaille ausgezeichnet. Damit wurden seine herausragenden und langjährigen Verdienste beim Vollzug des Lebensmittelrechts als Kantonschemiker und Leiter des Kantonalen Labors Zürich gewürdigt. Auch sein unermüdliches Engagement bei der Förderung, Ausbildung und Prüfung von Lebensmittelchemikerinnen und -chemikern wurde damit geehrt; denn noch während seiner Amtszeit wurden fünf seiner Mitarbeitenden Kantonschemikerinnen und -chemiker in anderen Kantonen!
Als Nachfolger von Dr. Rolf Etter bestimmte der Regierungsrat des Kantons Zürich Dr. Martin Brunner.
Martin Brunner schloss 1987 sein Chemiestudium an der ETH ab und promovierte am Institut für Toxikologie der ETH und Universität Zürich. Ab 1990 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und ab 1995 als stellvertretender Kantonschemiker am Kantonalen Labor Zürich tätig.1997 erlangte Dr. Brunner zusätzlich das Eidgenössische Diplom als Lebensmittelchemiker.
In den letzten Jahren machte die Laboranalytik grosse Fortschritte. Im Hitzesommer 2015 wurden erstmals Lebensmittelhygieneproben mit dem neu angeschafften «TEMPO»-System untersucht. Dank dem System liegen die ersten Resultate zur mikrobiologischen Qualität von Speisen bereits nach 24 Stunden statt nach drei Tagen vor.
Das Kantonalen Labor entwickelte eine Methode zur Untersuchung von Acrylamid in Lebensmittel. Diese Methode ermöglichte die Anpassung der Herstellprozesse von Produkten wie Chips, Pommes frites, Rösti oder Gebäck, so dass deren Acrylamidgehalt kontinuierlich gesenkt werden konnte.
Auch Gebrauchsgegenstände wie Frischhaltefolien werden untersucht: nachdem festgestellt wurde, dass Weichmacher aus PVC-Folien in Käse gelangen, hat die Käsebranche auf PVC-freie Folie umgestellt.
Insekten sind mittlerweile nicht mehr nur eine unerwünschte «Beilage» im Salat, sondern werden im Gegenteil selbst als Lebensmittel verwendet: ob Mehlwurmburger oder ein feiner Snack aus Heuschrecken, auch hier hat das Labor Analysenmethoden zum Nachweis dieser Insektenarten entwickelt.
Andere Trends, mit denen sich das Kantonale Labor Zürich in den letzten Jahren analytisch und inspektionsmässig beschäftigte, sind der Nachweis von tierischen Bestandteilen in veganen Produkten, Kontrollen in den neu meldepflichtigen Tattoostudios, in Onlineshops und sozialen Medien oder die Entwicklung von neuen Methoden zum Nachweis von Legionellen in Trinkwasser.
Bis Ende 2019 wurden die Kontrollen in den Betrieben vom Kantonalen Labor Zürich sowie den zwei Inspektoraten der Städte Zürich und Winterthur durchgeführt. Die Regierung des Kantons Zürich hat 2019 beschlossen, dass die Lebensmittelkontrolle nur noch von einer Stelle aus erfolgen soll. Seit dem 01. Januar 2020 ist das Kantonalen Labor Zürich nun für die Kontrollen in allen Betrieben des Kantons zuständig. Die Gemeinden sind dadurch von dieser Aufgabe entlastet worden.
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